21.06.2024 10:34:09 - dpa-AFX: ROUNDUP: Thyssenkrupp-Beschäftigte zeigen 'Gesichter des Widerstands'

ESSEN/DUISBURG (dpa-AFX) - Im Ringen um die Zukunft des Stahlherstellers
Thyssenkrupp Steel haben Stahlarbeiter am Freitag eine
symbolische Kunstaktion an der Villa Hügel in Essen veranstaltet. Sie
appellierten an die dort ansässige Krupp-Stiftung, sich als größte
Einzelaktionärin des Mutterkonzerns Thyssenkrupp AG stärker für die Arbeitnehmer
einzusetzen. Das Kunstprojekt stand unter dem Motto "Kunst oder Stahl - Das Geld
muss in sichere Arbeitsplätze fließen und nicht in die Stiftung!", wie die IG
Metall mitteilte.

Die Thyssenkrupp Stahlsparte ist Deutschlands größter Stahlhersteller. Die
Sparte steht vor einem Umbruch: Am Standort Duisburg ist ein deutlicher
Kapazitätsabbau geplant, der mit einem Stellenabbau einhergehen wird. Vereinbart
wurde außerdem ein 20-Prozent-Einstieg des Energieunternehmens EPCG des
tschechischen Investors Daniel Kretinsky.

Beschäftigte zeigen "Gesichter des Widerstands"

Rund 250 Beschäftigte hätten sich an der Aktion beteiligt, wie der
Geschäftsführer der IG Metall Duisburg-Dinslaken, Karsten Kaus, sagte. Sogar aus
Andernach seien Menschen angereist. Bei der Aktion hätten sie "Gesichter des
Widerstands" gezeigt. Die gemeinnützige Krupp-Stiftung hält 21 Prozent der
Anteile an Thyssenkrupp und ist auch im Aufsichtsrat vertreten.

"Die Stiftung nimmt gerne die Dividenden und gibt dieses Geld für kulturelle Aktivitäten und andere gemeinwohlorientierte Projekte aus", erklärte Kaus. Der
Kunstsinnigkeit der Kuratoriumsvorsitzenden Ursula Gather setze man nun eine
eigene Kunstaktion entgegen. "Frau Gather muss ihrer Verantwortung im
Aufsichtsrat des Thyssenkrupp-Konzerns nachkommen und darf die kulturellen
Interessen der Stiftung nicht über das Schicksal der Beschäftigten stellen." Die
Stiftung müsse ihrer Verantwortung für die mehr als 27 000 Stahlbeschäftigten
gerecht werden.

Die IG Metall sprach von einer "unheilvollen Rolle", die die Krupp-Stiftung
im aktuellen Streit um die Ausrichtung der Stahltochter spiele. Im Aufsichtsrat
habe die Stiftung das Vorgehen von Konzernchef Miguel López unterstützt. Das
Gremium hatte neulich mit der Doppelstimme des Aufsichtsratsvorsitzenden gegen
die Stimmen der Arbeitnehmervertreter den 20-Prozent-Einstieg von EPCG
beschlossen. Thyssen & Krupp seien auf den Fundamenten des Stahls zu
industrieller Bedeutung gewachsen, erklärte der
Steel-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Tekin Nasikkol im Vorfeld der Aktion.
"Deswegen hat die Krupp-Stiftung auch eine historische Verantwortung gegenüber
den Stahlbeschäftigten."

Krupp-Stiftung: Äußerungen "beschämend"

Die Krupp-Stiftung wies die Kritik zurück und sprach von
"Falschbehauptungen". In einem der Deutschen Presse-Agentur (dpa) vorliegenden
Brief an den IG Metall-Vize Jürgen Kerner und den früheren IG Metall-Chef Detlef
Wetzel bezeichnete die Stiftung deren Äußerungen in Interviews der
"Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" (WAZ) vom Dienstag als "beschämend". "Sie
beschädigen damit nicht nur uns als gemeinnützige Einrichtung und als
Aktionärin, sondern auch das Unternehmen insgesamt", heißt es in dem Brief, der
auf den 20. Juni datiert ist. Unterzeichnet wurde er von der
Kuratoriumsvorsitzenden Gather sowie den Stiftungsvorständen Volker Troche und
Michaela Muylkens.

Die Stiftung sei nach ihrer Satzung zur Förderung von Wissenschaft, Bildung, Kunst und Kultur, Gesundheit und Sport verpflichtet, schreiben sie. Seit 1968
habe die Stiftung dies vor allem im Ruhrgebiet mit Mitteln von bislang fast 700
Millionen Euro getan. "Diesen Stiftungsauftrag jetzt mit mangelnder Sorge um die
Thyssenkrupp Mitarbeitenden gleichzusetzen, ist eine Verdrehung der Tatsachen
und Vermischung von Sachverhalten." Wetzel hatte der WAZ gesagt: "Wir reden hier
von einer Stiftung, die sich gemeinwohlorientiert nennt. Ich sehe aber vor
allem, dass sie kulturelle Aktivitäten fördert und dafür das Geld aus
Thyssenkrupp-Dividenden einsetzen will."

Die Stiftung wies auch Äußerungen von Nasikkol und Kerner, der auch
stellvertretender Thyssenkrupp-Aufsichtsratschef ist, "entschieden zurück". Der
Gesamtbetriebsratsvorsitzende Nasikkol hatte der Zeitung gesagt: "Die
Anteilseigner im Aufsichtsrat haben die Mitbestimmung in einer wegweisenden
Entscheidung komplett ignoriert." Kerner hatte Gather in der "WAZ" als "große
Verbündete von Herrn Lopez" bezeichnet, die bei López stehe "und nicht bei den
Mitarbeitern".

Stiftung vertraut Thyssenkrupp-Chef López

Die Stiftung entgegnete: "Unsere Unterstützung des Kurses von Miguel López
basiert auf dem Vertrauen in seine Fähigkeit, den Konzern erfolgreich
umzustrukturieren und somit eine sichere Zukunft für die Mitarbeitenden zu
gewährleisten."

Die Stiftung habe über die Jahrzehnte hinweg als Hauptaktionärin immer
wieder dividendenlose Jahre in Kauf genommen, betonte die Stiftungsführung. Aus
Treue zum Unternehmen habe sie es hingenommen, dass sich das Vermögen durch den
Fall des Aktienkurses um 80 Prozent reduziert habe. "Diese Opfer haben wir immer
wieder im Interesse der langfristigen Stabilität des Unternehmens und der
Sicherung der Arbeitsplätze gebracht, weil wir daran glauben, dass Thyssenkrupp
eine Zukunft hat. Allerdings braucht es dafür Veränderungen." Die Stiftung
betonte, dass das gesamte Vermögen der Stiftung seit ihrer Gründung in der
Beteiligung am Unternehmen bestehe./tob/DP/stk
Name WKN Börse Kurs Datum/Zeit Diff. Diff. % Geld Brief Erster Schluss
THYSSENKRUPP AG O.N. 750000 Frankfurt 3,429 08.11.24 20:08:33 -0,095 -2,70% 0,000 0,000 3,493 3,429

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