30.06.2024 14:22:27 - dpa-AFX: SPORT/9,99 Sekunden: 'Noch nicht das Ende' für den Carl-Lewis-Typ

BRAUNSCHWEIG (dpa-AFX) - Nach seinem 100-Meter-Coup blickt der neue deutsche
Rekordhalter Owen Ansah den Olympischen Spielen voller Begeisterung entgegen.
"Ich möchte das einfach alles aufsaugen. Ich konnte ja zeigen, dass ich gut
drauf bin - und das möchte in Paris dann auch zeigen", sagte der neue Meister,
der bei den Titelkämpfen in Braunschweig als erster deutscher Sprinter die
besondere Zehn-Sekunden-Marke knacken konnte.

"Der sieht aus wie Carl Lewis, ist so grazil. Das war eine Frage der Zeit,
bis der mal einen raushaut", sagte ARD-Experte Frank Busemann über den
23-Jährigen.

Wird es ein Trend?

Um zwei Hundertstelsekunden verbesserte der Sprinter vom Hamburger SV am
Samstag den acht Jahre alten deutschen Rekord des Wattenscheiders Julian Reus.
Der Weltrekord von Jamaikas Ausnahmesprinter Usain Bolt, den dieser im Jahr 2009
in Berlin aufstellte, liegt in einer anderen Dimension und bei 9,58 Sekunden. Im
Olympia-Finale 2021 in Tokio waren alle gewerteten Finalzeiten unter 10
Sekunden.

"Mit 9,99 reißt man international nichts", sagte Trainer Sebastian Bayer.
"Aber ich glaube auch, dass 9,99 noch nicht das Ende ist. Ich hoffe, dass es ein
bisschen so ein kleiner Trend ist." Der Trainer, von dem Ansah in Mannheim
betreut wird, erinnerte an Zeiten, in denen er und Christian Reif im Weitsprung
wichtige Marken meisterten. "Vielleicht ist das jetzt auch so für den deutschen
Sprint, dass es mal zwei, drei Jungs schaffen, unter zehn Sekunden zu laufen",
sagte der frühere Europameister.

Trainer warnt: Nicht träumen

Im deutschen Sprint ist der Trend seit Jahren positiv. Bei den Männern gibt
es eine leistungsstarke Gruppe, die Frauen um Gina Lückenkemper wurden sogar
schon WM-Dritte 2022 und wenig später Europameisterinnen mit der Staffel über
4x100 Meter.

Die Chancen auf eine gute Endplatzierung seien in der Staffel höher als beim Einzelstart, sagte Bayer. "Wir müssen einfach nur konzentriert und gut
weiterarbeiten und nicht anfangen, irgendwie zu träumen oder so."

Lückenkemper: Andere Hausnummer

Das gilt auch für die Frauen, bei denen Gina Lückenkemper ihren fünften
Meistertitel über die 100 Meter in 11,04 Sekunden gewann. "Der heutige Tag war,
glaube ich, noch mal eine sehr gute Vorbereitung", sagte die
Doppel-Europameisterin von München 2022.

Der deutsche Rekord bei den Frauen liegt in weiter Ferne. DDR-Sprinterin
Marlies Göhr lief ihre 10,81 Sekunden im Jahr 1983. "Der deutsche Rekord der
Frauen ist ein bisschen eine andere Hausnummer als bei den Männern", sagte die
27-Jährige. Ob sie den einmal erreiche? "Also ich sage mal so, ich halte es
nicht für gänzlich ausgeschlossen in den nächsten Jahren."/kun/DP/nas

© 2000-2024 DZ BANK AG. Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen | Impressum
2024 Infront Financial Technology GmbH