13.05.2024 06:15:44 - dpa-AFX: Chamenei-Berater: Iran offen für Gespräche mit den USA

TEHERAN (dpa-AFX) - Der Iran hat sich offen für direkte Gespräche mit den
USA gezeigt und scheint für einen Kurswechsel in seiner Politik zum Erzfeind
bereit zu sein. "Die Amerikaner bezeichnen Diplomatie als die beste Option (?).
Wir sind der gleichen Auffassung und sind auch bereit, zu Verhandlungen
zurückzukehren", sagte Kamal Charrasi, der außenpolitische Berater des obersten
Führers Ajatollah Ali Chamenei, am Sonntag laut Nachrichtenagentur Isna.

Der Iran soll laut Charrasi zudem bereit sein, auch die von den USA
abgebrochenen Atomverhandlungen wieder aufzunehmen. "Dann könnte man auch über
auch eine nuklearfreie Region (im Nahen Osten) reden", sagte der hochrangige
Berater und ehemalige Außenminister des Landes.

Die erzkonservative Regierung von Präsident Ebrahim Raisi hatte seit ihrer
Machtübernahme im Iran im Jahr 2021 einen direkten Kontakt mit dem "Großen
Satan" USA vehement und konsequent abgelehnt. Diplomatischer Kontakt mit den USA
erfolgt laut dem Außenministerium in Teheran nur über Drittländer wie Katar und
Oman und in einigen Fällen auch über die Europäische Union. Die Aussagen
Charrasis deuten daher auf einen Kurswechsel der Islamischen Republik hin.
Offizielle Vertreter der Regierung haben sich allerdings noch nicht derartig
geäußert.

Charrasi hatte erst am Donnerstag noch sowohl den USA als auch Israel mit
einer Revision der iranischen Nuklear-Doktrin gedroht. Dies rechtfertigte er
zwar erneut, fügte jedoch hinzu, dass der Iran weiterhin keine Atombomben bauen
oder verwenden wolle. "Das habe ich in einem Interview des arabischen
Nachrichtensenders Al-Dschasira so gesagt, aber nur, falls wir von unseren
Feinden bedroht werden sollten", sagte der Berater. Er betonte, dass Führer
Chamenei diesbezüglich in einer Fatwa - ein religiöses Rechtsgutachten - sowohl
den Bau als auch die Verwendung von Massenvernichtungswaffen strikt verboten
habe. "Aber, wenn es um die Gefährdung unserer Existenz geht, dann wären wir
auch in diesem Fall gezwungen, Änderungen vorzunehmen", sagte Charrasi.

Die Wiederaufnahme der Atomverhandlungen ist für den Iran auch
wirtschaftlich enorm wichtig. Nach dem Wiener Atomdeal von 2015 und einer
Aufhebung von Sanktionen ging es mit der angeschlagenen iranischen Wirtschaft
kurzfristig wieder aufwärts. Besonders der Ölexport, eine Haupteinnahmequelle
des Landes, verlief wieder vergleichsweise normal.

Seit dem Ausstieg der USA aus dem Abkommen 2018 ? damals unter Präsident
Donald Trump ? und der Verhängung neuer Sanktionen steckt das eigentlich
ölreiche Land in einer massiven Finanz- und Wirtschaftskrise. Eine
Wiederaufnahme der Atomverhandlungen, mit denen Teheran von der Entwicklung von
Kernwaffen abgehalten werden soll, ist Beobachtern zufolge die einzige
politische Option, um eine Aufhebung der Sanktionen zu erreichen und die Lage zu
verbessern.

Im Zuge der Atomverhandlungen von 2013 bis 2015 führten Vertreter des Irans
auch bilaterale Gespräche mit den USA, sogar auf Ebene der Außenminister. Damals
war eine moderate Regierung im Iran an der Macht./str/pey/DP/zb

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