24.06.2024 05:53:28 - dpa-AFX: WDH/EM 2024: Füllkrug rettet Gruppensieg - Last-Minute-Remis gegen Schweiz

(In der Überschrift wurde die Jahreszahl klargestellt.)

FRANKFURT (dpa-AFX) - Mit großer Erleichterung gratulierte Julian Nagelsmann seinem Trainerkollegen Murat Yakin. Die deutschen Nationalspieler umarmten sich
nach der 1:1 (0:1)-Kraftprobe gegen die Schweiz mit einem Lächeln und ließen
sich von den erst sehr spät beglückten Fans feiern. Dank Super-Joker Niclas
Füllkrug haben Nagelsmanns Spaß-Fußballer ihr wichtigstes Ziel erreicht - vor
dem EM-Achtelfinale wartet auf die DFB-Auswahl aber noch viel Arbeit.

Füllkrug traf in der zweiten Minute der Nachspielzeit zum spät umjubelten
Ausgleich und sicherte damit im letzten Vorrundenspiel doch noch den vom
Bundestrainer geforderten Gruppensieg. Dan Ndoye (28. Minute) hatte am Sonntag
im Frankfurter EM-Stadion die cleveren Eidgenossen in Führung gebracht und die
Nationalspieler wie ihre Fans spürbar geschockt.

"Erstmal sind wir glücklich, dass wir es geschafft haben, dass wir gezeigt
haben, dass wir mit einem Rückstand umgehen können. Das hilft der Mannschaft",
sagte Toni Kroos in der ARD. "Wir waren 90 Minuten auf dem Gaspedal und haben
uns belohnt am Ende."

Statt mit breiter Brust geht es für die DFB-Elf am Samstag im Dortmunder
Fußball-Tempel mit leisen Zweifeln in der ersten K.o.-Runde weiter. Der erste
Gegner heißt im ersten Spiel um Alles oder Nichts dann möglicherweise wie vor
drei Jahren England. Ein erneutes frühes Turnier-Scheitern gilt es dann zu
verhindern. Fehlen wird Innenverteidiger Jonathan Tah, der nach einem Foul an
Breel Embolo seine zweite Gelbe Karte im Turnier sah und somit gesperrt ist.

Gruppengegner am Dienstagabend

Wer der Gegner ist, steht erst am Dienstagabend nach den letzten Spielen in
der Gruppe C fest. Gesucht wird dort der Gruppenzweite, außer England heißen die
Optionen Dänemark, Slowenien oder Serbien. Ganz egal, wer der Kontrahent sein
wird, Nagelsmann muss den zu hektischen Auftritt gegen die Schweiz genau
aufarbeiten - sonst ist das Sommermärchen 2.0 möglicherweise vorbei, bevor es
richtig begonnen hat. "Ich glaube, dass wir gewappnet sind für das
Achtelfinale", sagte Kroos.

Auf den Rückstand hatten Ilkay Gündogan und Kroos als Spielgestalter aber
lange keine Antwort gehabt. Füllkrug (90.+2) sicherte mit seinem Tor den
DFB-Stars immerhin die erste EM-Prämie von 50 000 Euro pro Spieler für den
Gruppensieg.

Schwierigkeiten mit dem Rasen - und dem Gegner

Ähnlich oft wie über deutsche Chancen und Risiken gegen die gut
eingestellten Schweizer war vor der Partie über den geschundenen Frankfurter
Rasen gesprochen worden, der seit Monaten nicht den besten Eindruck macht. Schon
nach ein paar Minuten taten sich erste Löcher auf, Maximilian Mittelstädt
beispielsweise trat früh eines wieder zu, nachdem ihm der Ball versprungen war.
Von irregulären Bedingungen war die Partie bei sommerlichen Temperaturen aber
weit entfernt.

Die Schwierigkeiten für die DFB-Auswahl ergaben sich eher wegen des Gegners, der mehr als Schottland (5:1) und Ungarn (2:0) versuchte, auch spielerisch
mitzuhalten. Angeführt vom Leverkusener Meistermacher Granit Xhaka suchten die
Schweizer immer wieder den Weg nach vorne. In Embolo und Ndoye hatten die
deutschen Innenverteidiger Antonio Rüdiger und Tah direkte Gegenspieler, die mit
ihrem Tempo immer wieder für Gefahr sorgen konnten.

Andrich-Treffer zählt nicht

Zwar wirkte das deutsche Spiel zunächst etwas strukturierter, Kai Havertz
hatte gleich zu Beginn eine Kopfballchance, die der Schweizer Torwart Yann
Sommer ohne große Mühe vereitelte (3.). Die DFB-Auswahl konnte sich in der
ersten halben Stunde aber viel zu selten zwingende Torchancen herausspielen. Ein
vermeintlicher Treffer von Robert Andrich per Fernschuss zählte wegen eines
vorangegangenen Fouls von Jamal Musiala an Michel Aebischer nicht (17.).

Für mehr Stabilität versuchte Nagelsmann, der zum dritten Mal dieselbe
Startelf aufgeboten hatten, Umstellungen in der Abwehr. Andrich rückte oft
weiter zurück zu den Innenverteidigern. Dann fiel aber das Gegentor.

Nach einem Fehler von Musiala kam Remo Freuler gegen Rüdiger zur Flanke, in
der Mitte war Ndoye einen Tick schneller am Ball als Tah. Rüdigers Fußspitze
verhinderte zudem, dass der Torschütze nur aus dem Abseits traf. Das Tor zählte,
die Schweizer Fans im Stadion jubelten lautstark. Erstmals bei der Heim-EM lag
Deutschland zurück - beinahe hätte Ndoye sogar noch nachgelegt, sein Schuss nach
gewonnenem Laufduell mit Rüdiger ging aber ganz knapp am Tor von Manuel Neuer
vorbei (31.).

Scholz im Stadion, Tausende auf den Fanmeilen

Auf der Tribüne schaute, angeführt von Bundeskanzler Olaf Scholz, wieder
reichlich Politprominenz zu. In den deutschen Städten hatten sich Zehntausende
Menschen zum Public Viewing versammelt - wirklich viel zu sehen gab es bis zur
Halbzeit aber nicht mehr. Das deutsche Spiel war zu hektisch, zu oft fehlte der
eine, gut überlegte Pass. So wurde auch aus einer vermeintlich
vielversprechenden Gelegenheit mit Musiala und Havertz nichts (42.). Ein paar
Minuten zuvor hatte Tah seine Gelbe Karte gesehen.

Nagelsmann saß noch vor dem Halbzeitpfiff mit Co-Trainer Sandro Wagner auf
der Trainerbank vertieft in die Analyse am Tablet. Was nun? Eine Niederlage und
Gruppenplatz zwei passten nicht in den deutschen Turnierplan, der in den beiden
Spielen zuvor so gut aufgegangen war. "Die Schweiz ist bissig und griffig",
konstatierte MagentaTV-Experte Michael Ballack, in der ARD meinte Thomas
Hitzlsperger, diese Prüfung müsse das Nagelsmann-Team nun bestehen.

Der Erste, der nach dem Wiederanpfiff die passende Reaktion zeigte, war
Musiala mit einem Schuss, den Sommer aber abwehrte (50.). Auch Kroos versuchte
es (55.). Die deutschen Offensivbemühungen wurden immerhin variabler, noch
fehlte aber der Spielfluss. Es blieb zunächst dabei, dass die Schweizer der
DFB-Auswahl nur wenig Raum ließen - und selbst mutig Richtung Neuer-Tor
spielten.

Nach einer Stunde nahm Nagelsmann erste Wechsel vor - Nico Schlotterbeck kam für Tah, David Raum für Mittelstädt. Etwas später kam auch Maximilian Beier für
Andrich. Deutschland spielte jetzt zielstrebiger, doch die Schlussphase der
Partie, für die auch Leroy Sané und Füllkrug kamen (76.), rückte immer näher.
Havertz verpasste den Ausgleich nach einer Ecke per Kopf (85.). Auf der
Gegenseite musste sich Neuer bei einem Schuss von Xhaka ganz schön strecken
(88.). Und dann war Füllkrug doch noch zur Stelle./aer/DP/zb

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