03.07.2024 08:11:45 - dpa-AFX: Europas Hoffnungsträger: Ariane-6-Rakete kurz vorm Abflug

PARIS/KOUROU (dpa-AFX) - Zehn Jahre musste Europa auf sie warten. Nun soll
die neue Trägerrakete Ariane 6 endlich in den Weltraum fliegen. Für Europa geht
es dabei um nichts Geringeres als einen eigenen Zugang zum All - zumindest für
Satelliten. Wenn die Ariane 6 am kommenden Dienstag ihren Jungfernflug
absolviert, lässt der Kontinent die schwere Krise seines Trägerraketensektors
hinter sich. Das zumindest ist das Versprechen der neuen Rakete, die kommerziell
längst nicht mit allen Konkurrenten mithalten kann.

Ziemlich genau vor einem Jahr hob die Ariane 5, die Vorgängerin der Ariane
6, ein letztes Mal ins All ab. Seitdem konnte Europa keinen einzigen Satelliten
alleine in den Weltraum befördern. Denn nach dem fehlgeschlagenen kommerziellen
Start der Vega C Ende 2022 ist auch die für kleinere Satelliten konzipierte
Rakete am Boden geblieben. Die Sojus-Rakete stand infolge des russischen
Angriffskriegs auf die Ukraine ebenfalls nicht mehr zur Verfügung. Die
europäischen Raumfahrtbehörde Esa stützte sich teils auf die US-Firma SpaceX von
Elon Musk.

Entsprechend wichtig ist nun ein erfolgreicher Erstflug der neuen Ariane,
der am europäischen Weltraumbahnhof in Kourou in Französisch-Guayana startet.
Vom Raketenbauer ArianeGroup heißt es zwar, in gewisser Weise sei der erste Flug
der ultimative Testflug. Doch der Raumtransportdirektor der Esa Toni
Tolker-Nielsen ist überzeugt: "Es wurde alles getan, damit es ein Erfolg wird.
Wenn es scheitert, wäre das wirklich schlimm."

Für Esa-Chef Josef Aschbacher markiert die Ariane 6 eine neue Ära der
autonomen und vielseitigen Raumfahrt. Die Rakete ist deutlich günstiger als ihre
Vorgängerin und soll Europas Raumfahrt wettbewerbsfähiger machen. Sie kann
Satelliten in verschiedene Orbits ausliefern und so auch Konstellationen in den
Weltraum bringen. Die Rakete kann mit zwei oder vier Boostern ausgestattet
werden und Satelliten bis zu 11,5 Tonnen transportieren.

Gut ein Dutzend Länder waren am Bau der Ariane 6 beteiligt, die 56 Meter
hoch und 540 Tonnen schwer ist. Die Oberstufe der Rakete wurde im Bremer Werk
des Raumfahrtkonzerns ArianeGroup montiert. Die Hauptstufe wird im französischen
Ort Les Mureaux gebaut.

Fracht aus Deutschland beim Erstflug

Während Frankreich unter den Esa-Ländern den Mammutanteil an der
Finanzierung der Ariane 6 trug, war Deutschland mit rund 20 Prozent unter den
Ländern der zweitwichtigste Geldgeber. Und auch bei dem knapp dreistündigen
Erstflug sind technische Passagiere aus Deutschland an Bord: Unter anderem die
Raumkapsel Nyx Bikini von The Exploration Company sowie die Satelliten OOV-Cube
von RapidCubes und Curium One von Planetary Transportation Systems.

Doch wie modern ist die 2014 beschlossene Ariane 6 eigentlich, die
ursprünglich bereits 2020 hätte starten sollen? Esa-Chef Aschbacher zufolge
entspricht sie den aktuellen Herausforderungen und ist an die zukünftigen
Ambitionen anpassbar. Fragt man hingegen den Raumfahrtexperten Martin Tajmar von
der TU Dresden, ob die europäische Rakete auf der Höhe der Zeit ist, antwortet
er: "Das kann man vergessen." Er verweist auf ein Produkt von SpaceX: "2015 ist
das erste Mal die Falcon-9-Rakete erfolgreich wieder gelandet und hat quasi das
Zeitalter der wiederverwendbaren Raumfahrt gegründet, wo natürlich alle anderen
jetzt dann komplett alt ausschauen." Doch die langwierigen Entscheidungsprozesse
bei der Esa könne man auch nicht mit der Arbeitsweise von SpaceX vergleichen.

Das Wichtigste an der Ariane 6 sei, dass sie den Zugang zum Weltall
wiederherstelle, der ja auch einer der Uraufträge der europäischen Raumfahrt
sei, meint Tajmar. Außerdem ginge es darum, eine Alternative anzubieten, auch
wenn diese nicht die günstigste sei. "Es ist wirklich ein schwieriges Umfeld, in
dem man sich da befindet." Selbst die Mitgliedstaaten der Europäischen Agentur
für meteorologische Satelliten Eumetsat entschieden sich noch wenige Tage vor
dem Erstflug der Ariane 6, den Wettersatelliten Meteosat MTG-S1 nicht an Bord
einer Ariane 6, sondern mit einer Falcon 9 ins All zu bringen.

Auch wenn die Ariane 6 dem Raumfahrtexperten zufolge vor allem für den
europäischen Eigenbedarf gedacht ist, sind bereits Aufträge mit der neuen Rakete
vermerkt, auch für den Internetriesen Amazon. Der erste kommerzielle Flug mit
einer Ariane 6 soll noch vor Jahresende geschehen. "Wie wir mitspielen, ist
wieder was anderes, aber wir können mitspielen und wir sind ein Partner. Das
muss uns etwas wert sein", sagte Tajmar./rbo/DP/mis
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