01.02.2024 11:30:02 - dpa-AFX: HINTERGRUND/Smarte Textilien: verglühter Hype oder auf dem Weg zum Massenmarkt?

GREIZ/BERLIN (dpa-AFX) - Eine Jacke, mit der man Anrufe annehmen kann.
Schuhe, die sich selbst binden. Sportklamotten, die die Leistung messen. Die
Anwendungsfelder für intelligente Textilien scheinen unermesslich. Viele
Produkte wurden schon vor Jahren erstmals auf den Markt geworfen, Forscher
prognostizierten schwindelerregende Wachstumsraten. Und doch bleibt der große
Durchbruch auf dem Massenmarkt bislang aus. Auf der Berliner Fashion Week, die
am Montag startet, ist das Thema laut einer Sprecherin eher eine Randnotiz. Ist
der Hype also schon wieder verglüht - oder hat er sich nur verlagert?

Skepsis bei Händlern

Für die breite Anwendung bei den Verbrauchern ist der Geschäftsführer des
Handelsverbands Textil, Schuhe und Lederwaren, Axel Augustin, derzeit noch
skeptisch: "Im Moment ist das definitiv exotisch." Er verweist darauf, dass
Funktionen wie etwa die Überwachung von Leistungsdaten auch schon in
Fitnessarmbändern enthalten seien. "Das muss ein klarer Vorteil gegenüber den
Devices sein und billiger sein. Und das sehe ich im Moment eher nicht."

Dabei haben sich schon einige Schwergewichte mit dem Thema beschäftigt.
Levi's etwa hatte schon 2017 zusammen mit Google eine Jacke auf
den Markt gebracht, die sich dank eingewebter Metallfäden mit dem Smartphone
koppeln lässt. Nike führte 2016 einen Schuh ein, der sich
automatisch an die Passform des Fußes anpasst. Und auch Apple
arbeitet an intelligenten Textilien. Im Herbst 2023 wurde bekannt, dass die
Kalifornier hierzu ein neues Patent anmeldeten.

Enorme Wachstumsraten prognostiziert

Für 2023 werde das weltweite Marktvolumen für intelligente Textilien auf bis zu 3,2 Milliarden Euro geschätzt, heißt es vom Gesamtverband der deutschen
Textil- und Modeindustrie. Bis 2026 solle sich der Markt etwa verdoppeln, 2031
könne er 16,1 Milliarden Euro erreichen. Da international aber nicht klar
definiert sei, was ein intelligentes Textil ist, seien solche Studien immer mit
Vorsicht zu genießen. Und dennoch: Die Wachstumsraten scheinen enorm. Doch woher
soll dieses Wachstum kommen, wenn nicht vom Modemarkt?

Um diese Frage zu beantworten, lohnt ein Ausflug ins hügelige Vogtland im
Grenzgebiet von Thüringen und Sachsen. In der Kleinstadt Greiz forscht das
Textilforschungsinstitut Thüringen Vogtland (TiTV) seit über 25 Jahren an der
Verbindung von Textilien und Elektronik. Das Institut gilt als einer der
Vorreiter in dem Bereich. Hier werden unter anderem leitfähige Fäden entwickelt.
"Mode ist selten ein Thema", sagt der Gruppenleiter für smarte Textilien, Kay
Ullrich. "Das gehört dazu, aber da herrscht ein anderer Preisdruck." Hier gehe
es in der Forschung darum, Prozesse kostengünstiger zu gestalten.

Medizin oder Autoindustrie sind Treiber

Treiber sei derzeit eher die Medizin, wo es etwa um Schmerztherapie über die Behandlung mit Reizstrom gehe, oder um Bettauflagen, die erkennen, ob ein
Patient herausgefallen ist. Auch in der Autoindustrie gebe es derzeit einen
Wachstumsmarkt. Das gehe von leuchtenden Dach-Himmeln über Touch-Anwendungen in
der Mittelkonsole bis hin zu Neuerungen bei der Sitzheizung, so Ulrich. Für die
Bundeswehr werde mit Textilien experimentiert, die etwa Schweiß von Blut
unterscheiden könnten. Und auch auf dem Bau gebe es Anwendungen.

Johannes Diebel, Forschungsleiter beim Forschungskuratorium Textil des
Gesamtverbands der Textil- und Modeindustrie, zählt auch noch Arbeitskleidung
und Schutzausrüstung zu wichtigen Anwendungsfeldern. Er sagt aber auch: "Trotz
des wachsenden Interesses bildet die Käufergruppe für intelligente Textilien
immer noch einen spezialisierten Markt." Er gehe aber davon aus, dass es mit der
Weiterentwicklung der Technologie auch verstärkt in den Massenmarkt gehe.
Allerdings hänge das vom Preis, dem Vorteil für den Verbraucher und der
Recyclingfähigkeit der Produkte ab.

Ein großes Thema sei auch die Waschbarkeit, sagt Ulrich vom Institut in
Greiz. "Das Waschen ist mit die höchste Belastung für diese Textilien." Derzeit
lasse sich etwa eine beheizbare Unterhose je nach Waschgang und Waschmittel 50
bis 100 Mal waschen. Dann seien die leitenden Fäden so sehr beansprucht, dass
der elektronische Widerstand doppelt so groß wie zu Beginn sei und die Funktion
leide./dhu/DP/zb

--- Von David Hutzler, dpa ---
Name WKN Börse Kurs Datum/Zeit Diff. Diff. % Geld Brief Erster Schluss
APPLE INC. 865985 Xetra 175,000 24.05.24 17:35:48 +0,180 +0,10% 0,000 0,000 172,900 175,000
HENNES + MAURITZ B SK-125 872318 Xetra 16,225 24.05.24 17:30:31 +0,235 +1,47% 0,000 0,000 16,070 16,225
NIKE INC. B 866993 Xetra 84,520 24.05.24 17:35:30 -0,180 -0,21% 0,000 0,000 84,710 84,520
INDITEX INH. EO 0,03 A11873 Xetra 43,840 24.05.24 17:35:54 -0,250 -0,57% 0,000 0,000 44,100 43,840
ALPHABET INC.CL C DL-,001 A14Y6H Xetra 162,680 24.05.24 17:35:56 -1,380 -0,84% 0,000 0,000 162,360 162,680

© 2000-2024 DZ BANK AG. Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen | Impressum
2024 Infront Financial Technology GmbH