27.06.2024 08:55:40 - dpa-AFX: Stuttgart 21-Streit: Kretschmann bittet Kanzler um Machtwort an Bahn

STUTTGART (dpa-AFX) - Im Streit um den Ausbau der Digitalisierung beim
Bahnprojekt Stuttgart 21 hofft Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried
Kretschmann (Grüne) auf ein Machtwort von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). In
einem Schreiben heißt es, die Umsetzung des Projekts "Digitaler Knoten
Stuttgart" drohe aktuell zu scheitern. Ohne dieses Projekt seien die erhofften
Kapazitäts- und Leistungssteigerungen in der ganzen Region allerdings nicht
möglich. Zuvor hatten der "Spiegel" und der "SWR" darüber berichtet.

Hintergrund der bereits seit längerem geführten Auseinandersetzung zwischen
Bund, Bahn und Land ist eine Debatte über die dringend notwendige
Digitalisierung der Bahn in Stuttgart. Mit dem sogenannten Digitalen Knoten
Stuttgart (DKS) soll unter anderem die Kapazität des Tunnelbahnhofs erhöht und
in einem weiteren Schritt die S-Bahn im Raum Stuttgart möglicherweise
zuverlässiger und pünktlicher gemacht werden. Die Umsetzung dieses Vorhabens ist
unsicher. Der Bahnvorstand hatte das Digitalprojekt per Gremienvorbehalt
zunächst gestoppt. Hier setzt Kretschmanns Kritik im Schreiben an den "lieben
Olaf" an.

"In diesem Zusammenhang ist für mich alarmierend, dass die DB darauf
verweist, dass die Inbetriebnahme von Stuttgart 21 auch mit den derzeit in
Umsetzung befindlichen ersten beiden Bausteinen möglich sei", schreibt
Kretschmann in dem Brief, der der dpa vorliegt. "Doch erst Baustein 3 schließt
die Realisierung der kapazitätssteigernden Elemente ein." Ohne ihn leiste der
Knoten nicht, was er verspreche. Außerdem fehlten zentrale Erkenntnisgewinne für
die Umsetzung weiterer Knoten-Vorhaben in Hamburg, Frankfurt und München.

In dem Brief wirft der Grünen-Politiker der hoch verschuldeten Bahn vor,
beim Geld eigene Pläne durchzusetzen: "Nach unserem Eindruck versucht die DB
jedoch, die hierfür reservierten Bundeshaushaltsmittel auf die Sanierung des
Bestandsnetzes umzulenken." Und weiter: "Bei allem Verständnis dafür, dass das
Bestandsnetz hohe Priorität genießt, darf im Poker um die knappen Mittel nicht
die wichtige Zukunftsinvestition in die "Digitale Schiene" geopfert werden."

Das Projekt Stuttgart 21 steht nicht nur für den Bau des neuen Hauptbahnhofs in der Landeshauptstadt, sondern für die komplette Neuordnung des Bahnknotens
Stuttgart. Vor etwa zwei Wochen hatte die Deutsche Bahn die Inbetriebnahme des
Projektes erneut verschoben, dieses Mal auf Dezember 2026. Bislang sollte der
neue Tiefbahnhof im Dezember 2025 in Betrieb gehen./mov/DP/tih

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