19.06.2024 12:49:08 - dpa-AFX: VERMISCHTES/Studie: Teil des Methans aus den Nord-Stream-Pipelines blieb im Meer

GÖTEBORG (dpa-AFX) - Ein großer Teil des bei den Explosionen an den
Ostsee-Pipelines Nord Stream 1 und 2 freigesetzten Methans ist nicht in die
Atmosphäre gelangt, sondern hat sich im Meer gelöst. Darauf schließt ein
Forschungsteam aus innerhalb einer Woche nach den Explosionen gewonnenen Daten.
"Auf der Grundlage unserer Messungen schätzen wir, dass zwischen 10 000 und 50
000 Tonnen Methan in gelöster Form im Meer verblieben sind", sagte Katarina
Abrahamsson von der Universität Göteborg. Das entspreche je nach
berücksichtigter Schätzung 27 bis 86 Prozent der insgesamt freigesetzten Menge.

Ein Teil des Methans sei von Bakterien aufgenommen worden, die das Gas
verwerten, hieß es. Methan ist demnach auch sonst im Wasser vorhanden, es
entsteht bei der Zersetzung von organischem Material in den Bodensedimenten.
Noch lasse sich nicht sagen, welche Auswirkungen die erhöhten Methan-Werte auf
die Lebewesen in der südlichen Ostsee hatten. Untersuchungen dazu liefen noch.

Gasaustritt über Tage

Im September 2022 hatte es Explosionen an den Nord-Stream-Gasleitungen
gegeben, die von Russland nach Deutschland führen. Aus mehreren Lecks waren
tagelang große Mengen Gas ausgetreten. Es handelte sich Experten zufolge um den
bisher größten dokumentierten Methan-Ausstoß in der Geschichte der Menschheit.
Das aus der Pipeline austretende Gas bildete einen etwa 900 Meter breiten
Blasenteppich an der Wasseroberfläche, Messungen zeigten daraufhin erhöhte
Methan-Werte in der Atmosphäre.

Eine Ende 2022 vorgestellte Analyse chinesischer Forscher hatte ergeben,
dass die Freisetzung kaum negative Wirkung auf das Klima haben dürfte. Sie
schätzten die in die Atmosphäre freigesetzte Menge damals auf 220 000 Tonnen.
Allein die globale Öl- und Gas-Industrie habe im Zeitraum zwischen 2008 und 2017
jährlich bis zu 70 Millionen Tonnen Methan ausgestoßen, erläuterte das Team im
Fachmagazin "Advances in Atmospheric Sciences". Das aus den Pipelines entwichene
Gas mache also nur einen Tag der jährlichen Emissionen des Sektors aus, womit
sich eine kaum messbare Auswirkung auf das Klima ergebe.

Klimawirksamer als CO2

Methan ist nach Kohlendioxid (CO2) das zweitwichtigste Treibhausgas, seit
Beginn der industriellen Revolution hat es nach Schätzungen zu etwa 30 Prozent
zur Klimaerwärmung beigetragen. Es ist ein sehr wirksames Treibhausgas: Auf 20
Jahre gerechnet ist es rund 85 Mal so klimawirksam wie CO2. Etwa 60 Prozent des
Methans in der Atmosphäre gehen auf menschlichen Einfluss zurück. Etwa 40
Prozent dieser Emissionen entstehen der Internationalen Energieagentur (IEA)
zufolge in der Energiewirtschaft.

Während CO2 hunderte oder mehr Jahre in der Atmosphäre bleibt, baut sich
Methan nach etwa zwölf Jahren langsam ab./mee/DP/jha

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