14.07.2024 01:37:00 - dpa-AFX: Schleswig-Holstein hofft langfristig auf deutschen Werftgiganten

KIEL (dpa-AFX) - Schleswig-Holsteins Maritimer Koordinator Andreas Burmester
sieht in den kommenden Jahren gute Chancen für das Entstehen eines Werftgiganten
im deutschen Marineschiffbau. "Es wäre wünschenswert, wenn es dazu über den
Umweg eines Investoreneinstiegs beim Kieler Marineschiffbauer Thyssenkrupp
Marine Systems (TKMS) am Ende kommt", sagte Burmester der
Deutschen Presse-Agentur. "Das halte ich nicht für unmöglich, denn das Geschäft
boomt. Das ist kein Geheimnis."

Burmeister berät die Landesregierung in allen Fragen rund um maritime
Themen. Er war Technik-Vorstand der Kieler Werft, die er Ende 2020 verlassen
hat. Thyssenkrupp und die US-Investmentgesellschaft Carlyle sind
in eine vertiefende Prüfung und Bewertung der Marinesparte des deutschen
Konzerns eingestiegen. Es geht dabei um einen möglichen Teilverkauf von TKMS an
Carlyle. Zeitgleich laufen Gespräche mit der Bundesregierung zur Beteiligung des
Staates am Marinegeschäft von Thyssenkrupp.

"Die Kreditanstalt für Wiederaufbau macht diesen Deal rund", sagte
Burmester. "Denn die Mitbewerber von TKMS sind allesamt Staatskonzerne." Der
Einstieg des deutschen Staates über die Förderbank KfW könne das Geschäft
beflügeln. Das Marinegeschäft habe lange Zyklen, Bauzeiten betrügen mehrere
Jahre. Deshalb brauchten Marinewerften regelmäßig hohe Bürgschaften für den Bau
von Fregatten oder U-Booten. Dies könne nach einem KfW-Einstieg leichter werden.

Umweg über Finanzinvestor Carlyle

"TKMS will zunächst einmal richtig aus dem Konzerngeflecht bei Thyssenkrupp
hinauskommen", sagte Burmester. Deswegen könne dieser Umweg durchaus richtig
sein. Der Investor halte Unternehmen in der Regel fünf Jahre. "Es würde mich
deshalb nicht wundern, wenn dies nur erste Schritt ist und es in drei oder vier
Jahren um den Zusammenschluss mit der Marinesparte von Lürssen geht."

Burmester sieht Wachstumsperspektiven im Marineschiffbau in Deutschland und
anderen westlichen Ländern. "China produziert im Moment innerhalb von zwei
Jahren so viele graue Schiffe, wie zur britischen Flotte gehören. In den
nächsten muss etwas passieren, sonst steckt der Westen seine Ziele auf inklusive
der Probleme, die damit verbunden sind." Der Marineschiffbau ist eine
Schlüsseltechnologie. TKMS hat allein am Standort Kiel derzeit 3700
Beschäftigte, weltweit sind es nach Unternehmensangaben etwa 7500 bei einem
Jahresumsatz von etwa zwei Milliarden Euro.

Sorgenfalten wegen Werften

Während Burmester für die große Kieler Werf gute Perspektiven sieht, sorgt
ihn die Entwicklung bei den Werften Flensburger-Schiffbau-Gesellschaft (FSG) und
Nobiskrug (Rendsburg) des Investors Lars Windhorst. "Zwar würde es beide
Betriebe ohne den Einstieg von Windhorst wahrscheinlich nicht mehr geben", sagte
Burmester. Aber beiden Betrieben fehlten weiter notwendige Aufträge. "Es ist ja
kein nachhaltiges Geschäftsmodell. Eine Werft ist dafür da, Schiffe oder Anlagen
zu bauen und Innovationen aufzutreiben." Unternehmen drohten den Anschluss zu
verlieren, wenn Mitarbeitende nicht mehr im Training seien. "Und genau das
passiert gerade."

Interesse an den Industriekomplexen an der Flensburger Förde und direkt am
Nord-Ostsee-Kanal in Rendsburg sei bereits vorhanden, sagte Burmester. "Für die
beiden Standorte gibt es mindestens drei Interessenten." Nähere Angaben dazu
wollte er nicht machen.

Anfang Juni hatte der umstrittene Investor die neue Führungsspitze der
Werften mit Robert Fischer von Mollard einen neuen Geschäftsführer und mit
Michael Bollmann einen technischen Leiter präsentiert und auf einem Pressetermin
in Flensburg deutlich gemacht, dass er sich als Teil dieser Zukunft sieht - auch
wenn er sich aus dem operativen Geschäft bei den Schiffsbauern zurückzieht.
Beide Werften haben seit Monaten Probleme; Gehälter wurden verspätet gezahlt,
neue Aufträge waren Mangelware. Auch Windhorst persönlich wurde für sein
Verhalten und mangelnde Kommunikation kritisiert./akl/DP/he
Name WKN Börse Kurs Datum/Zeit Diff. Diff. % Geld Brief Erster Schluss
THYSSENKRUPP AG O.N. 750000 Xetra 3,303 13.08.24 14:53:01 -0,017 -0,51% 3,300 3,304 3,315 3,320

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