14.05.2024 15:04:55 - dpa-AFX: POLITIK/ROUNDUP: Zeitpunkt für Urteil im Höcke-Prozess unklar

HALLE (dpa-AFX) - Am vorerst letzten geplanten Prozesstag gegen den
AfD-Politiker Björn Höcke am Landgericht Halle haben zunächst über mehrere
Stunden Anträge und Beweismittel im Mittelpunkt gestanden. Ob und wann ein
Urteil fällt, war bis zum frühen Dienstagnachmittag nicht abzusehen. Höcke muss
sich wegen des Vorwurfs des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und
terroristischer Organisationen verantworten.

Ursprünglich hatte das Gericht für den vierten Verhandlungstag die
Verkündung des Urteils als möglich angekündigt. Zuvor müssen noch die
Schlussvorträge gehalten werden. Höcke hat zudem die Möglichkeit zu einem
letzten Wort des Angeklagten.

Der Staatsanwaltschaft zufolge soll Höcke wissentlich in einer Rede im Mai
2021 in Merseburg eine Parole der SA (Sturmabteilung), der paramilitärischen
Kampforganisation der NSDAP, verwendet haben. Er sagte dort: "Alles für unsere
Heimat, alles für Sachsen-Anhalt, alles für Deutschland". Beim dritten Teil des
Dreiklangs handelt es sich um die verbotene Losung der SA. Die
Staatsanwaltschaft Halle wirft Höcke vor, von der Herkunft und der Bedeutung der
Losung gewusst zu haben. Der 52-Jährige hatte die Vorwürfe gegen ihn vor Gericht
zurückgewiesen.

Unter anderem hatten die Verteidiger Höckes die Vernehmung eines Historikers und ehemaligen Gymnasiallehrers beantragt. Dieser erklärte am Dienstagvormittag,
dass die Parole der SA, wegen deren Verwendung Höcke vor Gericht steht, in der
NS-Zeit "nicht besonders präsent" gewesen sei. Weiter gab der Zeuge auf
Nachfrage der Staatsanwaltschaft an, mit Götz Kubitschek das "Institut für
Staatspolitik" in Sachsen-Anhalt gegründet zu haben. Dieses war später vom
Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft worden und wurde
kürzlich aufgelöst.

Vor der Vernehmung des Historikers hatte das Gericht über diverse
Beweisanträge von Staatsanwaltschaft und Verteidigung entschieden. Daraufhin
wurden auch Videos gezeigt. Eines zeigte einen Ausschnitt aus dem TV-Duell des
Senders Welt, bei dem Höcke am 11. April gegen den Thüringer
CDU-Spitzenkandidaten Mario Voigt angetreten war. Darin äußerte sich der
AfD-Politiker auch zu den von der Staatsanwaltschaft Halle erhobenen Vorwürfen
gegen ihn.

Im Laufe des Prozesses war bereits deutlich geworden, dass wohl maximal mit
einer Geldstrafe zu rechnen ist. Die zuständige Kammer des Landgerichts hatte
eine entsprechende Erklärung abgegeben. Bis zu einer möglichen Urteilsverkündung
gilt die Unschuldsvermutung.

Ein zweites gezeigtes Video zeigt einen Auftritt von Höcke im thüringischen
Gera. Dort hatte er während eines Stammtisches die Parole "Alles für
Deutschland" auch verwendet, das dritte Wort allerdings nicht selbst
ausgesprochen, sondern es vom Publikum rufen lassen. Zu diesem Zeitpunkt war die
Anzeige wegen der Rede in Merseburg und die Ermittlungen längst Thema in den
Medien. Der Fall sollte zwischenzeitlich Teil der aktuellen Verhandlung in Halle
werden, wurde es dann aber doch nicht.

Der Thüringer AfD-Parteichef will am 1. September als Spitzenkandidat seiner Partei bei der Landtagswahl in Thüringen antreten. Ein Urteil des Landgerichts
wird voraussichtlich keine Auswirkungen auf seine Kandidatur haben. Die
AfD-Landesverbände Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt werden von den dortigen
Landesämtern für Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft.

Der in Nordrhein-Westfalen geborene Höcke wird sich auch wegen weiterer
Vorwürfe vor Gericht verantworten müssen: Am Landgericht Mühlhausen in Thüringen
wurde eine Anklage gegen ihn wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung zugelassen.
Termine für die Verhandlung gab es dort bis zuletzt noch nicht. Vor dem
Landgericht in Halle soll der Fall in Gera verhandelt werden. Auch hier gibt es
bislang keine Termine./ija/DP/men

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