03.07.2024 06:00:07 - dpa-AFX: ROUNDUP/Nach TV-Debakel: Druck auf Biden in eigener Partei wächst

WASHINGTON (dpa-AFX) - Nach Joe Bidens desaströsem Auftritt beim
Fernsehduell gegen seinen Konkurrenten Donald Trump wächst der Druck auf den
US-Präsidenten auch in den eigenen Reihen. Ein erster demokratischer
Abgeordneter aus dem US-Repräsentantenhaus forderte Biden öffentlich auf, aus
dem Rennen um die Präsidentschaft auszusteigen und Platz für einen anderen
Kandidaten zu machen. Weitere Kritiker könnten folgen. Auch die demokratische
Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi meldete sich zu Wort.

Das Weiße Haus bemüht sich, Zweifel an Bidens Eignung für das Amt zu
zerstreuen und seinen verpatzten Auftritt im Fernsehen so gut es geht vergessen
zu machen. Der Präsident habe eben einen schlechten Abend gehabt, betonte die
Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre, bei einer Pressekonferenz
mehrfach. "Wir werden ein neues Kapitel aufschlagen", sagte sie. Biden werde
hinausgehen ins ganze Land, sodass sich die Menschen in den USA selbst von
seinen Qualitäten überzeugen könnten.

In den kommenden Tagen wolle sich Biden zudem mit demokratischen
Kongressmitgliedern und Gouverneuren treffen, kündigte Jean-Pierre an. Geplant
seien auch ein Fernsehinterview, Wahlkampfauftritte und in der kommenden Woche
eine Pressekonferenz beim Nato-Gipfel in Washington. Biden selbst gab sich bei
einem Termin in Washington bestens gelaunt und selbstbewusst. Seine Ansprache
las er wie üblich von einem Teleprompter ab.

Abgeordneter fordert Biden "respektvoll" zum Rückzug auf

In den vergangenen Tagen hatten sich die bekanntesten Gesichter der Partei
mit harscher öffentlicher Kritik zurückgehalten. Lloyd Doggett, demokratischer
Abgeordneter des US-Repräsentantenhauses aus Texas, meldete sich nun als erster
Parlamentarier aus Bidens Partei mit einer Rückzugsforderung öffentlich zu Wort.

Es falle ihm nicht leicht, seine Vorbehalte öffentlich zu machen, schrieb
Doggett in einer Stellungnahme, aus der US-Medien zitierten. Anders als Trump
habe sich Biden immer dem Land verschrieben und nicht sich selbst. Er hoffe, der
Präsident werde die schmerzhafte und schwierige Entscheidung treffen, seinen
Rückzug anzutreten. "Ich fordere ihn respektvoll auf, dies zu tun."

Pelosi: Frage nach Patzer "berechtigt"

Die ehemalige Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi,
verteidigte Biden und attestierte ihm in einem Interview mit dem US-Sender MSNBC
"Urteilsvermögen und strategisches Denken".

Auf Nachfrage sagte die Demokratin auch, dass es eine "berechtigte Frage"
sei, ob es sich bei Bidens Patzer "nur um eine Episode oder einen Zustand"
gehandelt habe. Allerdings müssten beide Kandidaten in der Frage nach ihrer
Eignung für das Präsidentenamt einer gleichermaßen kritischen Betrachtung
unterzogen werden. Pelosi betonte, es sei schwer, mit Trump zu debattieren, da
der republikanische Ex-Präsident andauernd lüge.

Quertreiber Manchin drohte wohl mit öffentlichem Bruch

Einem Bericht der "Washington Post" zufolge hatte der Senator Joe Manchin
unmittelbar nach dem TV-Duell angedroht, öffentlich mit Biden zu brechen.
Manchin, der als Quertreiber bekannt ist, hat den Demokraten zwar kürzlich den
Rücken gekehrt, stimmt als unabhängiger Senator aber weiterhin in vielen Fragen
mit seiner ehemaligen Partei ab.

Dem Bericht zufolge änderte Manchin seinen Konfrontationskurs unter anderem
auf Drängen des demokratischen Minderheitsführers im Senat, Chuck Schumer. Die
Zeitung zitierte einen nicht namentlich genannten Vertreter der demokratischen
Partei mit den Worten: "Niemand will der Erste sein, der Julius Cäsar ersticht."

Treffen mit Gouverneuren auf der Agenda

Der US-Sender CBS berichtete, Biden werde sich bereits am heutigen Mittwoch
mit demokratischen Gouverneuren verschiedener Bundesstaaten treffen, um sich
deren Unterstützung zu sichern. Zuvor hatte der Sender CNN unter Berufung auf
mit der Situation vertraute Personen berichtet, mehrere Gouverneure hätten zu
Wochenbeginn miteinander telefoniert, um ein solches Treffen zu vereinbaren.

Nach einem Bericht der "Washington Post" soll es heute noch eine weitere
Krisenbesprechung geben: Der Stabschef des Weißen Hauses, Jeff Zients, wolle mit
allen Mitarbeitern des Präsidenten eine Telefonkonferenz abhalten, hieß es.
Darin solle betont werden, wie wichtig es sei, die Arbeit fortzusetzen. Auch an
Bidens Team in der Regierungszentrale, das sich normalerweise nicht in
Wahlkampfangelegenheiten einmischt, dürften die vergangenen Tage nicht spurlos
vorbeigegangen sein./trö/DP/zb

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