29.04.2024 06:18:08 - dpa-AFX: Stadtwerke-Verband will staatliche Hilfe bei Stilllegung von: Gasnetzen
BERLIN (dpa-AFX) - Der Stadtwerke-Verband VKU hat sich für staatliche Hilfen
bei der Stilllegung von Gasnetzen ausgesprochen. VKU-Hauptgeschäftsführer
Ingbert Liebing sagte der Deutschen Presse-Agentur, bisher werde eine
Stilllegung von den Netzbetreibern finanziert, die dies dann über Netzentgelte
an die Gaskunden weitergeben müssten. "Wenn es aber absehbar wird, dass die
Gaspreise wegen weniger Kunden und gestiegener Gasnetzkosten ins Unermessliche
steigen, dann werden wir auch darüber sprechen müssen, ob wir als Absicherung
ein staatliches Kompensationskonto brauchen. Der Staat finanziert aus
Steuermitteln den Hochlauf der neuen Welt, aber die Stilllegung der alten Welt
kostet auch etwas."
VKU warnt vor höheren Netzentgelten
Der Staat könnte den Netzbetreibern einen Teil der Kosten, die Stilllegungen
und verkürzte Abschreibungszeiträume verursachen und über die Netzentgelte auf
die Kunden umgelegt werden müssten, via Kompensationskonto ausgleichen, so
Liebing vom Verband kommunaler Unternehmen. "Gaskundinnen und Gaskunden würden
damit von den Kosten der Stilllegung verschont. Im Ergebnis geht es darum,
unverträgliche Kostensteigerungen für die Kunden zu vermeiden."
Viele Kommunen arbeiten derzeit an einer kommunalen Wärmeplanung. Für die
Gasnetze in den Städten und Gemeinden bestünden im Grunde zwei Optionen, so der
VKU: auf "grüne Gase" umrüsten oder stilllegen.
Für die Fälle, in denen Gasnetze nicht auf "grüne Gase" umgerüstet werden
könnten, sondern stillgelegt werden, gebe es Regulierungsbedarf, sagte der
VKU-Hauptgeschäftsführer. "Wenn sich immer mehr Menschen für Fernwärme oder
Wärmepumpen entscheiden und immer weniger Kunden am Gasnetz hängen, werden diese
Infrastruktur-Kosten auf immer weniger Schultern umgelegt." Die Netzentgelte
würden dann drastisch steigen. "Deswegen macht es Sinn, diesen Übergang
rechtzeitig zu steuern und zu finanzieren. Denn die Gasnetzbetreiber werden
einen hohen Abschreibungsbedarf haben, wenn Gasnetze früher als bislang
regulatorisch vorgegeben stillgelegt werden müssen." Bei einem
Kompensationskonto könnten Stadtwerke ihre finanziellen Kräfte auf den Umstieg
auf Alternativen wie Fernwärme und Wärmepumpe sowie grüne Gase konzentrieren.
Papier des Wirtschaftsministeriums
Das Bundeswirtschafts- und Klimaschutzministerium hatte Mitte März ein
Ideenpapier zur Zukunft der Gasverteilernetze vorgelegt, dem nun eine
öffentliche Konsultation folgt. Mit Blick auf das Ziel der Klimaneutralität im
Jahr 2045 heißt es im Papier, bis dahin müsse der Ausstieg aus fossilem Erdgas
vollzogen worden sein. Gasverteilernetze dienten vorrangig der Versorgung mit
Erdgas zur Wärmeerzeugung in Haushalten, von Industrieunternehmen und anderen
Unternehmen sowie lokalen Kraftwerken. Es sei davon auszugehen, dass die Länge
dieser Netze von derzeit über 500 000 km stark zurückgehen werde. In welchem
Umfang die Gasverteilernetze nach 2045 noch benötigt werden, werde unter anderem
davon abhängen, inwieweit sie zur Verteilung von Wasserstoff verwendet werden
könnten und sollen.
Liebing sagte, das Papier des Wirtschaftsministeriums lege den Fokus zu sehr
auf die Stilllegung der Gasnetze und zu wenig auf deren Umstellung hin zu
Wasserstoffnetzen. "Es ist unrealistisch, alles einfach nur abzuschreiben und
stillzulegen und zu glauben, alles wird jetzt von Zauberhand elektrisch gemacht
und die Stromnetze kommen von alleine. Wir müssen massiv in die Stromnetze
investieren, sonst bleibt der Hochlauf der Wärmepumpen stecken, bevor er richtig
gestartet ist."
Und es gebe derzeit 1,8 Millionen gewerbliche und industrielle
Mittelständler im Gasnetz. In Befragungen von Gasnetzbetreibern sagten etwa 75
Prozent der gewerblichen und industriellen Kunden, dass sie auch künftig Gase
bräuchten, weil sie Prozesse nicht alleine elektrisch hinbekommen könnten. "Sie
werden folglich auf Wasserstoff angewiesen sein."/hoe/DP/zb
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