12.07.2024 07:07:04 - dpa-AFX: ROUNDUP: Am Ende noch ein Eklat: Ungarn provoziert bei Nato-Gipfel

WASHINGTON (dpa-AFX) - Die ungarische Regierung hat den Nato-Partnern zum
Abschluss des Bündnisgipfels in Washington Doppelmoral und Versagen im Umgang
mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine vorgeworfen. "Wir werden
weiterhin für Dialog und diplomatische Kanäle eintreten, da die derzeitige
Strategie der letzten zweieinhalb Jahre ein totaler Fehlschlag war", sagte
Außenminister Peter Szijjarto nach Angaben eines Sprechers in einer Sitzung mit
dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Szijjarto vertrat dort
Regierungschef Viktor Orban, der den Gipfel vorzeitig verlassen hatte, um den
früheren US-Präsidenten Donald Trump in Florida zu treffen.

Konkret kritisierte Szijjarto, dass es inkonsistent sei, dass die Nato den
Dialog mit Russland ablehne, während Israel gedrängt werde, mit der Hamas zu
verhandeln.

"Sie wollen, dass Israel mit einer terroristischen Organisation verhandelt,
um eine Sicherheitskrise zu lösen, während die diplomatischen Kanäle für den
Ukraine-Krieg geschlossen sind", sagte er.

Verdacht von Geheimverhandlungen

Als ebenfalls inkonsistent kritisierte Szijjarto, dass auf EU-Länder wie
Ungarn Druck ausgeübt werde, die nukleare Zusammenarbeit mit Russland zu
beenden, während der Handel zwischen den USA und Russland, insbesondere im
Bereich Uran, zunehme. Dabei stellte er auch die Frage, ob es vielleicht
Geheimverhandlungen gebe.

Zu dem Nato-Beitrittswunsch der Ukraine sagte Szijjarto, dass eine
Nato-Mitgliedschaft der Ukraine das Bündnis aus ungarischer Sicht schwächen
könnte. Es sei deswegen wichtig, die Mitgliedschaft genau zu prüfen.

Nato-Partner widersprechen

Von Sitzungsteilnehmern hieß es nach dem Gipfel, Ungarn sei bei der
Diskussion isoliert gewesen. Mehrere Alliierte hätten auch klar zum Ausdruck
gebracht, dass sie mit den Einlassungen des ungarischen Außenministers nicht
einverstanden seien.

Die Reise von Orban zu Trump hatte bei dem Gipfel schon vor der Rede seines
Außenministers für Diskussionen gesorgt. Der frühere US-Präsident, der nach
seiner Abwahl vor vier Jahren nun wieder bei der Präsidentschaftswahl antritt,
gilt wie Orban als offen für Verhandlungen mit Russlands Präsident Wladimir
Putin. Nach einem Treffen im März hatte Orban Trump als "Präsidenten des
Friedens" bezeichnet, während der Amerikaner den Ungarn als "besten Führer"
überhaupt rühmte.

Orban veröffentlichte auf X ein Foto von dem Treffen, das in Trumps Anwesen
Mar-a-Lago stattfand, und schrieb dazu: "Friedensmission 5.0 (...) Wir haben
über Wege zum #Frieden diskutiert. Die gute Nachricht des Tages: Er wird es
lösen!"

Scholz bekommt Frage zu Orban

Orbans als "Friedensmission" bezeichneten Reisen hatten ihn vor den USA in
die Ukraine, Russland und nach China geführt.

Vor allem in Brüssel sorgte dies für Aufregung, weil Ungarn derzeit auch die rotierende EU-Ratspräsidentschaft innehat und der Kreml den Moskau-Besuch für
seine Propaganda ausschlachtete.

Bundeskanzler Olaf Scholz erteilte allerdings Forderungen nach Konsequenzen
wie zum Beispiel einem vorzeitigen Ende der ungarischen Ratspräsidentschaft eine
Absage. "Solche Überlegungen gibt es nicht", sagte er vor der Presse nach dem
Gipfel./aha/DP/stk

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