30.06.2024 14:46:04 - dpa-AFX: ROUNDUP: Deutsche Rüstungsexporte steuern auf neuen Rekord zu

BERLIN (dpa-AFX) - Nach einem Rüstungsexport-Rekord im vergangenen Jahr sind
die Ausfuhrgenehmigungen im ersten Halbjahr 2024 wegen weiter zunehmender
Waffenlieferungen in die Ukraine erneut deutlich gestiegen. Vom 1. Januar bis
zum 18. Juni erlaubte die Bundesregierung die Lieferung militärischer Güter für
mindestens 7,48 Milliarden Euro ins Ausland. Im Vergleich zum gesamten ersten
Halbjahr 2023 bedeutet das ein Plus von gut 30 Prozent. Fast zwei Drittel der
Exporte (65 Prozent oder 4,88 Milliarden Euro) sind für die Ukraine bestimmt,
die von Deutschland in ihrem Abwehrkampf gegen Russland unterstützt wird. Das
geht aus einer Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der
Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW)
hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Saudi-Arabien zurück unter den wichtigsten Kunden

Unter den fünf wichtigsten Empfängerländern ist erstmals seit langem wieder
Saudi-Arabien mit Exportgenehmigungen im Wert von 132,48 Millionen Euro. Für das
mit harter Hand geführte Königreich galt wegen seiner Beteiligung am Jemen-Krieg
und der brutalen Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen
Generalkonsulat in Istanbul über mehrere Jahre ein weitgehender
Rüstungsexportstopp, den die Bundesregierung inzwischen gelockert hat. Selbst
die Blockade der Lieferung von Eurofighter-Kampfjets durch Großbritannien wurde
aufgegeben.

Das Wirtschaftsministerium weist in seiner Antwort aber darauf hin, dass die Genehmigungen ausschließlich für oder im Zusammenhang mit Gemeinschaftsprojekten
mit anderen EU- oder Nato-Partnern erteilt wurden. Außerdem unter den Top 5
Empfängerländern sind Singapur (1,21 Milliarden Euro), Indien (153,75 Millionen
Euro) und Katar (100,0 Millionen Euro). Bei Indien geht es auch darum, die
Abhängigkeit des Landes von russischen Waffenlieferungen zu schmälern.

Zeitenwende Kehrtwende in der Rüstungsexportpolitik

SPD, Grüne und FDP hatten sich in ihren Koalitionsverhandlungen eigentlich
vorgenommen, die Rüstungsexporte einzudämmen und dafür ein Kontrollgesetz auf
den Weg zu bringen. Dann kam mit dem Ukraine-Krieg die Kehrtwende in der
Rüstungspolitik. Das selbst auferlegte Verbot von Waffenlieferungen in einen
laufenden Krieg wurde von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in seiner
"Zeitenwende"-Rede am 27. Februar 2022 einkassiert.

Im ersten Kriegsjahr 2022 wurden nach der offiziellen Regierungsstatistik
Waffenlieferungen für 2,24 Milliarden Euro für die Ukraine genehmigt, darunter
Flugabwehrsysteme und schwere Artillerie. 2023 kamen unter anderem Kampfpanzer
vom Typ Leopard 2 hinzu, die die Bundesregierung nach langem Zögern
bereitstellte. Die Exporterlaubnisse für die Ukraine stiegen auf 4,4 Milliarden
Euro. Schon in den ersten knapp sechs Monaten dieses Jahr ist dieser Wert wieder
übertroffen worden. Deutschland ist der zweitgrößte Waffenlieferant der Ukraine
nach den USA.

Dagdelen wirft Ampel Bruch von Wahlversprechen vor

Da eine Reduzierung der Waffenlieferungen in die Ukraine nicht absehbar ist, könnte beim Gesamtumfang der Rüstungsexporte am Ende des Jahres wieder ein
Rekordwert erreicht werden. Im vergangenen Jahr wurden mit 12,2 Milliarden Euro
so viele Rüstungsgüter exportiert wie nie zuvor. Nach nicht einmal sechs Monaten
sind nun schon mehr als 60 Prozent dieses Werts erreicht. Unter den genehmigten
Exporten sind Kriegswaffen im Wert von 5,52 Milliarden Euro und sonstige
Rüstungsgüter für 1,96 Milliarden Euro.

Die BSW-Politikerin Dagdelen kritisierte den anhaltenden Anstieg scharf:
"Die massive Steigerung der Rüstungsexporte in Kriegs- und Krisengebiete, nicht
nur in die Ukraine, sondern auch in Länder wie Saudi-Arabien, ist
verantwortungslos und ein erneuter Bruch von Wahlversprechen durch die
Ampel-Parteien."/mfi/DP/nas

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