01.07.2024 05:51:18 - dpa-AFX: Kreise: Boeing holt Zulieferer Spirit zurück in Konzern

SEATTLE (dpa-AFX) - Der kriselnde Flugzeugbauer Boeing steht
offenbar vor dem Abschluss der Übernahme von Spirit Aerosystems .
Damit würde der wichtige Zulieferer wieder zurück unter das Konzerndach geholt
werden. Schon länger wird kritisiert, die Abspaltung der einstigen Boeing-Sparte
habe es schwer gemacht, die Qualitäts-Standards einzuhalten.

Boeing zahle den Kaufpreis in Form von Aktien, Spirit werde bei dem Deal mit rund 4,7 Milliarden Dollar bewertet, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg
in der Nacht zum Montag. Boeing übernehme auch 3,5 Milliarden an
Spirit-Schulden, hieß es unter Berufung auf informierte Personen. Der Deal, über
den bereits seit Längerem spekuliert wird, sei am Sonntag festgezurrt wurden und
könne am Montag offiziell verkündet werden.

Schlüsselrolle bei Boeing 737

Bei Spirit wird unter anderem der Rumpf von Maschinen des Typs Boeing 737
gebaut. Das 2005 von Boeing abgespaltene Unternehmen produzierte nach späteren
Zukäufen auch Teile von Tragflächen für Airbus . Dafür musste eine
Lösung gefunden werden, bevor Boeing sich Spirit wieder einverleiben konnte.
Bloomberg zufolge wird auch Airbus den Kauf einiger Spirit-Werke bekanntgeben.

Die Abspaltung der Sparte von Boeing folgte seinerzeit dem Trend, Konzerne
zu verschlanken und durch Verlagerung von Aktivitäten an Zulieferer Geld zu
sparen. Mit der Zeit setzte sich jedoch allgemein die Sicht der Dinge durch,
dass die Trennung von Spirit zu Qualitätsproblemen und einem Kontrollverlust
durch Boeing führte.

In den vergangenen Jahren gab es wiederholt Ärger. In einem Fall etwa wurde
festgestellt, dass bei Spirit Löcher im Rumpf mehrerer Maschinen falsch gebohrt
wurden.

Alaska-Zwischenfall war letzter Tropfen

Spirit spielte auch eine Rolle bei dem dramatischen Zwischenfall im Januar,
bei dem ein Rumpf-Teil einer so gut wie neuen Boeing 737-9 Max von Alaska
Airlines im Steigflug herausbrach. Der Rumpf war bei Spirit produziert und zu
Boeing geliefert worden. Dort wurde das Fragment für Nacharbeiten
herausgenommen. Boeing konnte keine Unterlagen dazu finden - aber die
Unfallermittlungsbehörde NTSB geht davon aus, dass die Maschine ohne zwei
Befestigungsbolzen an dem Rumpf-Teil an die Fluggesellschaft ausgeliefert wurde.

Nach dem Alaska-Zwischenfall geriet Boeing unter verstärkten Druck, die
Qualitätskontrollen zu verbessern. Eine der Maßnahmen dabei war, mehr Prüfer zu
Spirit zu schicken, damit eventuelle Fehler direkt dort und nicht erst nach der
Lieferung ins Boeing-Werk behoben werden. Im März gab Boeing dann auch bekannt,
dass über den Kauf von Spirit verhandelt werde.

Medien: Boeing droht Anklage der US-Regierung

Das Beinahe-Unglück mit der Alaska-Maschine wird laut Medienberichten noch
schwerwiegende Konsequenzen für Boeing haben. Unter anderem die "New York Times"
und Bloomberg berichteten, dass das US-Justizministerium dem Flugzeugbauer
offiziell Betrug vorwerfen wolle.

Es geht dabei um die Vereinbarung, mit der Boeing seinerzeit einer
Strafverfolgung nach dem Absturz von zwei 737-Max-Maschinen in den Jahren 2018
und 2019 entging. Der Konzern musste damals unter anderem eine Strafe von 243,6
Millionen Dollar zahlen und ein Compliance- und Ethik-Programm umsetzen. Das
Justizministerium kam bereits im Mai zu dem Schluss, dass Boeing gegen Auflagen
des Deals verstoßen habe.

Boeing habe einige Tage Zeit, zwischen einem Schuldeingeständnis und einem
Prozess zu entscheiden, hieß es in den Medienberichten. Räumt Boeing die Schuld
ein, müsse der Konzern noch einmal 243,6 Millionen Dollar zahlen und einen
Aufseher akzeptieren, schrieb etwa Bloomberg.

Bei Abstürzen zweier Maschinen des Typs 737-Max im Oktober 2018 und März
2019 waren 346 Menschen ums Leben gekommen. Ein Auslöser der Unglücke war
Ermittlungen zufolge eine Software der Flugzeuge, die Piloten unterstützen
sollte, aber stärker als von ihnen erwartet in die Steuerung eingriff. Boeing
geriet in die Kritik, weil Mitarbeiter des Flugzeugbauers bei der Zertifizierung
des Typs durch US-Behörden spezielle Schulungen für die Software für unnötig
erklärt hatte./so/DP/zb
Name WKN Börse Kurs Datum/Zeit Diff. Diff. % Geld Brief Erster Schluss
BOEING CO. DL 5 850471 Xetra 172,920 03.07.24 10:06:03 -0,780 -0,45% 172,640 172,940 172,560 173,700
AIRBUS SE 938914 Xetra 135,200 03.07.24 11:20:40 +3,360 +2,55% 135,120 135,180 132,820 131,840
SPIRIT AERO.HLDGS A DL-01 A0LEXG Frankfurt 31,220 03.07.24 08:04:12 -0,100 -0,32% 31,210 31,850 31,220 31,320

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