07.07.2024 15:33:59 - dpa-AFX: SPORT/ROUNDUP: Nächster Todesfall im Radsport - Pogacar: 'Job ist gefährlich'

TROYES/KALS (dpa-AFX) - Für Radstar Tadej Pogacar war es "ein Schock",
Altmeister Alexander Kristoff sprach von "sehr schlimmen Nachrichten"
- und auch sonst herrschte im Peloton der Tour de France große
Bestürzung. Die Nachricht vom Tod des norwegischen Radprofis André Drege bei der
gleichzeitig ausgetragenen Österreich-Rundfahrt holte die Stars der Branche nach
einer bislang - erfreulich überraschend - unfallfrei verlaufenen Tour zurück in
die Realität.

"Es ist schwer zu verarbeiten, was passiert ist. Das ist sehr traurig zu
hören", sagte Pogacar und fügte hinzu: "Wir haben einen coolen Job, aber in den
meisten Fällen ist er sehr gefährlich. In der Radsport-Welt müssen wir wirklich
aufeinander achten und aufeinander aufpassen."

Drege stirbt auf der Abfahrt vom Großglockner

Der tragische Vorfall ereignete sich auf der Königsetappe der
Österreich-Rundfahrt am Samstag. Drege, der für das Continental-Team Coop Repsol
fuhr, kam auf der Abfahrt vom Großglockner Richtung Heiligenblut in einer
Ausreißergruppe zu Fall und erlag seinen Verletzungen. Der 25-Jährige wurde
bewusstlos am Straßenrand aufgefunden und von Verkehrsteilnehmern reanimiert.
Die Wiederbelebungsversuche wurden vom Team eines Rettungshubschraubers
fortgeführt, blieben jedoch erfolglos, wie die Polizei mitteilte.

Wie es genau zu dem verheerenden Sturz kam, ist noch unklar. Die
Österreich-Rundfahrt endete mit einer emotionalen Kondolenzfahrt. Die
Erinnerungsfahrt sei der ausdrückliche Wunsch von Andrés Vater, seinen
Team-Kollegen und dem ganzen Team gewesen.

Auch das Tour-Peloton würdigte Drege. Die Fahrer der norwegischen Mannschaft Uno X erschienen vor der 9. Etappe geschlossen in erster Reihe mit einer
schwarzen Armbinde. Erst dahinter platzierten sich die Trikotträger um den
Gesamtersten Tadej Pogacar. Bei Uno X stehen bei der Tour insgesamt sieben
Norweger im Team, die zum Teil gut mit Drege befreundet waren.

Drege hatte in diesem Jahr schon einige kleinere Erfolge vorzuweisen, wie
den Gesamtsieg der Tour of Rhodos und die South Aegean Tour. Bei der
Österreich-Rundfahrt lag er vor seinem Sturz auf dem 38. Gesamtrang. "Ich kannte
ihn ein bisschen, war in der Nationalmannschaft mit ihm. Er war ein guter Typ",
sagte sein Landsmann Kristoff, immerhin viermaliger Tour-Etappengewinner: "Er
war nah dran an einem Profi-Vertrag. Das ist wirklich unglaublich. Diese Sachen
passieren und sie scheinen unglücklicherweise immer mehr zu passieren."

Viele Todesfälle im Radsport

Wieder einmal wurde der Radsport damit von einem Todesfall erschüttert. Erst im vergangenen Jahr starb der Schweizer Gino Mäder bei der Tour de Suisse auf
einer Abfahrt. In Erinnerung sind auch noch die Todesfälle der beiden Belgier
Michael Goolaerts beim Klassiker Paris-Roubaix (2018) und Bjorg Lambrecht bei
der Polen-Rundfahrt (2019). Oder auch die beiden Italiener Michele Scarponi
(2017) und Davide Rebellin (2022), die jeweils im Training nach einem
Verkehrsunfall starben.

So ist die Sicherheitsdebatte im Radsport in vollem Gange. Erst im April
hatten bei einem schlimmen Massensturz während der Baskenland-Rundfahrt die
Stars Jonas Vingegaard, Remco Evenepoel und Primoz Roglic zum Teil schwere
Verletzungen erlitten.

Rennen werden immer schneller

Die Rennen werden jedenfalls immer schneller, auch in diesem Jahr wurden am
Col du Galibier wieder neue Geschwindigkeitsrekorde aufgestellt. "Alle Teams
investieren wahnsinnig viel in Performance und Aerodynamik. Das macht es auch
gefährlicher, wenn das Material immer schneller wird. Es gibt Ansätze, aber es
gibt keinen Königsweg, was die Radrennen sicherer macht. Aktuell ist es Part of
the Deal", sagte Teamchef Ralph Denk vom deutschen Red-Bull-Rennstall jüngst der
Deutschen Presse-Agentur.

Bei der Tour gab es indes in diesem Jahr relativ wenige Stürze. Dass es
gleich mit zwei schweren Etappen losging, die für große Abstände im
Gesamtklassement sorgten, half dabei sicherlich. Sprinter Pascal Ackermann, der
am Samstag Vierter wurde, führt aber auch die große Erfahrung der Tour-Profis
als Grund an. "Bei der Tour kann man sehen, dass die erfahrenen Fahrer nicht so
extrem reinhalten wie die jungen", sagte der Pfälzer. Die jüngeren Fahrer hätten
laut Ackermann nicht die Radbeherrschung wie seine Generation in dem Alter.

Um die Sicherheit der Fahrer zu verbessern, veränderten die
Tour-Organisatoren auf gewissen Etappen auch die Sturz-Regel von drei auf vier
bzw. fünf Kilometer. Durch die Regel werden die Zeiten für die Gesamtwertung
jeweils an diesen Kilometer-Grenzen genommen. Dadurch geht es bei den
Massensprints weniger hektisch zu. Kleine Verbesserungen, aber sicher nicht die
große Lösung./tas/DP/he

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