18.06.2024 06:30:03 - dpa-AFX: ROUNDUP: Keine Einigung zu EU-Spitzenposten bei Gipfeltreffen

BRÜSSEL (dpa-AFX) - Die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder haben sich
bei einem Gipfeltreffen in Brüssel nicht abschließend auf die Neubesetzung von
EU-Spitzenposten einigen können. Das sagte Ratspräsident Charles Michel in der
Nacht zu Dienstag. Ursula von der Leyen kann sich damit noch nicht ganz sicher
sein, ob sie von den Staats- und Regierungschefs für eine zweite Amtszeit als
EU-Kommissionspräsidentin nominiert wird.

Ende nächster Woche kommen die Staats- und Regierungschefs zu einem weiteren Gipfel zusammen. Bei ihm soll erneut über die Spitzenposten beraten werden.

Ein Grund für Streit am Montagabend war nach Angaben von Diplomaten, dass
die Parteienfamilie mit den Parteien CDU und CSU erreichen wollte, dass die
Besetzung des Amtes des EU-Ratspräsidenten nicht sofort für fünf Jahre geregelt
wird. Dies würde bedeuten, dass sie theoretisch nach zweieinhalb Jahren Anspruch
auf das Amt erheben könnte. Die Sozialdemokraten lehnten dies nach Angaben aus
Verhandlungskreisen ab.

Die bürgerlich-konservative EVP war bei der Europawahl Anfang Juni vor den
Sozialdemokraten und den Liberalen die mit Abstand stärkste politische Kraft
geworden. Daher galt es als wahrscheinlich, dass ihre Spitzenkandidatin Ursula
von der Leyen weitere fünf Jahre Präsidentin der EU-Kommission bleiben kann.

Die Präsidentschaft der EU-Kommission gilt als die mit Abstand wichtigste
Position, die nach der Europawahl neu zu besetzen ist. Der Amtsinhaber ist Chef
von rund 32 000 Mitarbeitern, die unter anderem Vorschläge für neue EU-Gesetze
machen und die Wahrung der Europäischen Verträge überwachen. Zudem sitzt er bei
fast allen großen internationalen Gipfeltreffen wie G7 oder G20 als
EU-Repräsentantin mit am Tisch.

Zu dem Personalpaket gehört neben dem Kommissionsvorsitz und dem
Ratschef-Posten auch die Besetzung des Amtes des Außenbeauftragten der EU. Für
letzteres gilt die estnische Regierungschefin Kaja Kallas als Favoritin, als
Ratschef wird der frühere portugiesische Regierungschef António Costa gehandelt.
Costa gehört wie Kanzler Olaf Scholz der Parteienfamilie der Sozialdemokraten
(S&D) an, Kallas ist wie der französische Präsident Emmanuel Macron bei den
Liberalen (Renew).

Im Gegensatz zum Kommissionspräsidenten und Außenbeauftragten wird der
Ratschef eigentlich nur für 2,5 Jahre gewählt. Zuletzt war es allerdings so
gewesen, dass der Posten bei den Personalverhandlungen wie die anderen Posten
für fünf Jahre einer Parteienfamilie versprochen wurde.

Notwendig für die Entscheidung im Gremium der Staats- und Regierungschefs
der EU-Staaten ist eine sogenannte verstärkte qualifizierte Mehrheit. Das heißt,
es mussten mindestens 20 der 27 EU-Staaten zustimmen und diese müssen zudem
mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU repräsentieren. Derzeit
gehören im Europäischen Rat ein Dutzend Staats- und Regierungschefs den
Mitgliedsparteien des Mitte-Rechts Bündnisses EVP an. Danach folgen die Gruppe
der Liberalen, zu den insbesondere Frankreichs Präsident Macron zählt, und die
der sozialdemokratischen Staats- und Regierungschefs mit Politikern wie
Bundeskanzler Scholz./aha/DP/zb

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