11.07.2024 15:41:07 - dpa-AFX: Börse Frankfurt-News: Ausverkauf bei Immobilienfonds (Fonds)

FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Im Fondshandel an der Börse Frankfurt ist
der Jahreszeit entsprechend tendenziell etwas weniger los als sonst. Für das
Segment der Immobilienfonds gilt das aber nicht. Hier sehen sich die Händler mit
massiven Abgaben konfrontiert.

11. Juli 2024. Matthias Präger, Fonds-Händler bei der Baader Bank, berichtet von
relativ verhaltenen Umsätzen und führt dies auf fehlende Impulse an den Märkten
sowie den Ferienbeginn in mehreren Bundesländern zurück. Im Handel sieht er
"tendenziell eher Verkäufe, wie fast immer". Ein Grund dafür könnte seiner
Meinung nach sein, dass die Fondsbesitzer gerne die Vorteile des Börsenhandels
nutzen, wo sie sich an den fortlaufend gestellten Kursen orientieren können und
bei der Orderbestätigung sofort wissen, wie hoch die Gewinne (oder Verluste)
ihres Investments ausgefallen sind.

Gewinnmitnahmen bei Aktienfonds

Größere Verkäufe sieht Präger im Bereich der Aktienfonds Deutschland und Europa
im FF - European Growth AD (LU0048578792) sowie im UBS (D) EF - Small Caps
Germany (DE0009751651), während der Comgest Growth Europe AC (IE0004766675) eher
gesucht wird. Überdurchschnittlich hohe Umsätze weisen für die Region Asien der
JPMorgan Pacific Equity (LU0052474979) und der JPM Pacific Equity A
(LU0217390573) aus. Bei den beiden gerade auf neue Jahreshochs gestiegenen Fonds
kommt es vermehrt zu Gewinnmitnahmen.

Relativ viel los ist auch im Segment der Edelmetalle, wo Anlegerinnen und
Anleger vor allem während der laufenden Aufwärtsbewegung des Goldpreises Papiere
wie den DWS Invest Gold and Precious Metals Equities (LU0363470401), den BGF
World Gold Fund AC (LU0055631609) oder den NESTOR Gold Fonds (LU0147784465)
handeln. "Hier gibt es ordentliche Umsätze auf beiden Seiten", ordnet der
Händler ein.

"Nur Abgaben und nur fallende Kurse"

Mächtig unter Druck stehen momentan die früher gerne als "renditestarker
Festgeldersatz" genutzten offenen Immobilienfonds. "Wir sehen nur Abgaben und
nur fallende Kurse", berichtet Frank Wöllnitz von der ICF Bank. Die aktuelle
Nachrichtenlage scheine dafür gesorgt zu haben, dass sehr viele noch investierte
Anlegerinnen und Anleger aus diesen Fonds rauswollen. Ein einschneidendes
Erlebnis dürfte dabei für viele die Neubewertung des UniImmo: Wohnen ( DE000A2DMVS1>) vor knapp drei Wochen gewesen sein.

Am 24. Juni hatte die Union Investment den von der ZBI Zentral Boden Immobilien
Gruppe gemanagten Immobilienfonds um fast 17 Prozent abgewertet. Der Grund: Der
Wert der Mietwohnungen, in die der Fonds investiert hat, wurde von unabhängigen
Sachverständigen um mehr als 860 Mio. Euro auf knapp 4,3 Mrd. Euro
heruntergestuft. Der Kurs des Fonds brach daraufhin entsprechend ein und
markierte damit den höchsten Tagesverlust bei Immobilienfonds seit der
Finanzkrise im Jahr 2008.

Auch die Institutionellen wollen zunehmen raus

Die Sorge vor ähnlichen Bewertungsanpassungen und der immense Verkaufsdruck
führen dazu, dass auch viele andere Immobilienfonds weit unter ihrem offiziellen
Nettoinventarwert (NAV) gehandelt werden. Beim Deka Immobilien Global
(DE0007483612) zum Beispiel weist die Fondsgesellschaft einen NAV von 55,07 Euro
aus, während der Börsenkurs nur bei rund 49 Euro liegt. Wöllnitz spricht von
einer "schwierigen Situation", weil die Bewertung der Immobilienbestände für
Außenstehende kaum möglich sei. "Wir haben hier jetzt einen klassischen
Börsenhandel, weil sich die Kurse nur noch in Ansätzen an dem NAV orientieren".
Unter Druck kommen die Notierungen auch deshalb, weil das Verkaufsvolumen
zunehmend größer wird. "Bislang haben wir meist normale Orders gesehen, aber
jetzt steigen scheinbar auch institutionelle Anleger vermehrt aus", konstatiert
der Händler.

Abschlag zum NAV von über 20 Prozent

Forciert wird der aktuelle Trend dadurch, dass ein schneller Verkauf seit
einiger Zeit ausschließlich über die Börse möglich ist. Anlegerinnen und Anleger
können Anteile an offenen Immobilienfonds inzwischen nicht mehr täglich
zurückgeben, sondern müssen ihren Ausstieg zwölf Monate im Voraus ankündigen.
Besonders viele Abgaben sieht Wöllnitz im grundbesitz europa (DE0009807008), im
UniImmo: Deutschland (DE0009805507) und im hausInvest (DE0009807016). Auch bei
sonst kaum gehandelten Fonds wie dem Fokus Wohnen Deutschland herrscht aktuell
enormer Verkaufsdruck. Hier wird ein NAV von 55,57 Euro ausgewiesen, der Kurs
ist auf Monatssicht aber von 52 Euro auf aktuell nur noch rund 44 Euro gefallen.
Der Abschlag zum vermeintlich "fairen" Wert beträgt damit jetzt über 20 Prozent.

Von Thomas Koch, 11. Juli 2024, © Deutsche Börse

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die
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