17.06.2024 17:43:18 - dpa-AFX: VERMISCHTES/ROUNDUP: Größter Schlag deutscher Ermittler gegen Kokainhandel

DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Der bislang größte Schlag deutscher Ermittler gegen
den organisierten Kokainhandel geht auf einen Tipp der kolumbianischen Behörden
zurück. Kontaktbeamte in Kolumbien hätten auf ein Firmen-Netzwerk eines
43-jährigen deutschen Geschäftsmanns in Wachtberg im Rhein-Sieg-Kreis bei Köln
hingewiesen, berichteten Vertreter von Staatsanwaltschaft, Zoll und Polizei am
Montag in Düsseldorf. Insgesamt seien dadurch 35,5 Tonnen Kokain im
Straßenverkaufswert von 2,6 Milliarden Euro beschlagnahmt worden.

Der Geschäftsmann soll 100 Scheinfirmen gegründet haben, um Drogenimporten
eine legale Fassade zu verleihen. Die Ermittler der Zentralstelle für
Organisierte Kriminalität bei der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft riefen das
Ermittlungsverfahren "OP Plexus" ins Leben, benannt nach dem medizinischen
Begriff für Netzwerk.

Kernseife für Mannheim

Bald erwartet eine der Netzwerk-Firmen in Mannheim eine Lieferung Kernseife
aus Südamerika. Die deutschen Drogenfahnder sind alarmiert. Doch der Container
und viele weitere sind "sauber", also nur mit legaler Fracht befüllt.

Die Drogenfahnder kennen das schon. Sie haben Geduld und nach den ersten
Testballons, die die Drogenhändler schicken, ist es am 28. April 2023 so weit:
1,35 Tonnen Kokain werden aus einem Container im Hamburger Hafen geholt. Viele
weitere Funde folgen. Insgesamt werden rund 90 Container kontrolliert. Allein im
Hamburger Hafen landen die Fahnder sieben Treffer. Tino Igelmann, Leiter des
Zollkriminalamtes des Bundes, bilanziert am Montag einen "nie da gewesenen
Erfolg".

Kinnhaken für Drogenbosse

"Den Ermittlern ist ein Coup gelungen. Das war ein präziser Kinnhaken, der
den Drogenbossen wehtut", sagt auch NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne).
Er spricht sogar vom größten Kokainfund auf europäischem Boden.

Neun von zehn Seecontainern können gestoppt werden, berichten die
Drogenfahnder. Nur bei einem kommen sie zu spät: "Die Fracht war bereits
gelöscht". Insgesamt kommen durch die Ermittlungen im Hamburger Hafen im
vergangenen Jahr fast 25 Tonnen Kokain zusammen, in Rotterdam weitere acht
Tonnen und in Ecuador fast drei Tonnen. Die Container kamen dabei nicht alle
direkt aus Kolumbien, sondern aus Paraguay, Costa Rica, Suriname und Ecuador.

Vor wenigen Tagen schlagen die Ermittler dann zu: Bei Durchsuchungen in
sieben Bundesländern kommt es zu sieben Festnahmen. In Nordrhein-Westfalen,
Bayern, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Hessen und Niedersachsen waren Beamte zu
der Razzia ausgeschwärmt.

Goldbarren beschlagnahmt

Die Ermittler beschlagnahmen dabei fünf Goldbarren, eine scharfe Pistole,
eine Schreckschusswaffe, Mobiltelefone, Laptops, 23 000 Euro Bargeld und einen
Sportwagen der Marke Porsche im Wert von 250 000 Euro.

Acht Verdächtige im Alter von 30 bis 54 Jahren sollen hinter dem Schmuggel
stecken. Gegen sieben von ihnen werden Haftbefehle vollstreckt. Kopf der Gruppe
soll ein Türke sein. Den Verdächtigen drohen nun bis zu 15 Jahre Haft.

GPS-Peilsender im Kokain versteckt

Das Kokain war da bereits längst aus Sicherheitsgründen in einer
Müllverbrennungsanlage bei Stuttgart in Rauch aufgegangen: "Im Kokain sind
GPS-Tracker versteckt. Die Schmuggler wissen, wo ihr Stoff ist", verriet einer
der Fahnder am Montag.

Dennoch: Die Sicherstellung der Rekordmenge habe sich in Deutschland auf den Straßenverkaufspreis nicht spürbar ausgewirkt und auch keine Versorgungslücken
verursacht, sagen die Fahnder. Der deutsche Markt wird bereits seit einiger Zeit
mit Kokain überschwemmt. Insgesamt habe sich die Menge des sichergestellten
Rauschgifts zwischen 2018 und 2023 versiebenfacht, hatte das Bundeskriminalamt
mitgeteilt./fc/DP/ngu

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