21.05.2024 19:15:44 - dpa-AFX: ROUNDUP 2: Klimaaktivisten wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung angeklagt

(aktualisierte Fassung)

NEURUPPIN (dpa-AFX) - Die Staatsanwaltschaft Neuruppin hat Anklage gegen
fünf Mitglieder der Klimaschutzgruppe Letzte Generation wegen des Verdachts der
Bildung einer kriminellen Vereinigung erhoben. Das teilte die Behörde am
Dienstag mit. Sie hatte rund eineinhalb Jahre lang ermittelt. Die Angeklagten
sollen mehrere Attacken gegen Anlagen der Ölraffinerie PCK Schwedt und eine
Ölleitung im Nordosten Brandenburgs und in Mecklenburg-Vorpommern verübt haben.
Es geht außerdem um Aktionen am Hauptstadtflughafen BER und im Museum Barberini
in Potsdam. Seit Dezember 2022 prüfte die Staatsanwaltschaft Neuruppin den
Verdacht, es gab Durchsuchungen in mehreren Bundesländern.

Auch die Generalstaatsanwaltschaft München ermittelt seit gut einem Jahr
gegen fünf Klimaschutzaktivisten der Gruppe Letzte Generation wegen des
Verdachts, Mitglieder einer kriminellen Vereinigung zu sein, und gegen zwei
weitere wegen Unterstützung. Auch die Staatsanwaltschaft Flensburg führt ein
entsprechendes Ermittlungsverfahren.

Die Staatsschutzstrafkammer des Landesgerichts Potsdam muss nun entscheiden, wann der Prozess gegen die fünf Umweltaktivisten beginnt. Die Letzte Generation
sprach stets von einem Einschüchterungsversuch und beklagte, ihr Protest solle
zu Unrecht kriminalisiert werden.

Am Dienstag sagte einer der Angeklagten laut Mitteilung der Letzten
Generation: "Was für ein vernichtendes Signal an alle Menschen, die sich in
dieser Menschheitskrise friedlich engagieren, uns als kriminelle Vereinigung vor
Gericht zu zerren." Für diesen Mittwoch rief das Bündnis "Menschen gegen Öl" zu
einer Versammlung am Washingtonplatz in Berlin auf.

Die Staatsanwaltschaft in Neuruppin teilte am Dienstag mit: "Der Tatvorwurf
betrifft die Beschuldigten als Mitglieder einer Teilgruppe der "Letzten
Generation", die sich in Differenzierung zur gesamten Gruppierung der "Letzten
Generation" zur Begehung von Straftaten einigen Gewichts bereit erklärt und sich
an diesen beteiligt haben." Es bestehe hinreichender Tatverdacht, dass sie mit
anderen Mitgliedern dieser Teilgruppe "übereinkamen, über einen längeren
Zeitraum, der zumindest bis Mai des Jahres 2023 andauerte, gemeinsam und zum
Teil unter strikter Aufgabenverteilung Straftaten, die zumindest im Höchstmaß
mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind, zu begehen".

Es geht um Straftaten im Zeitraum von April 2022 bis Mai 2023. Neben dem
Vorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung handelt es sich auch um die
Störung öffentlicher Betriebe, Nötigung und Sachbeschädigung.

Nach Störaktionen waren Ermittler im Dezember 2022 mit Durchsuchungen in
mehreren Bundesländern gegen die Mitglieder der Letzten Generation vorgegangen.
Das Verfahren der Staatsanwaltschaft Neuruppin hatte eine kontroverse politische
Debatte ausgelöst. Grüne und Linke kritisierten das Vorgehen gegen die Letzte
Generation. Dagegen sahen Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen und
Justizministerin Susanne Hoffmann (beide CDU) nach der Razzia Anhaltspunkte für
eine kriminelle Vereinigung gegeben.

Die Angeklagten sollen - in wechselnder Beteiligung - im Mai und im Oktober
2022 laut Anklagebehörde für Manipulationen an einer sogenannten Schieberstation
und einer Zwischenpumpstation zur Ölversorgung der Raffinerie PCK in Schwedt
verantwortlich sein. Das Unternehmen PCK sowie die Mineralölverbundleitung GmbH
seien geschädigt worden. Die Staatsanwaltschaft listete mehr als zehn Fälle auf.
Neben Störaktionen in Schwedt, Grünheide und Seefeld in Brandenburg gab es auch
Störungen in Woldegk und Borrentin im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte.

Zudem werden die Umweltaktivisten wegen eines Angriffs auf ein Gemälde des
Impressionisten Claude Monet im Museum Barberini in Potsdam angeklagt. Laut
Staatsanwaltschaft wird der Wert des Bildes "Getreideschober" auf 111 Millionen
Euro geschätzt. Die Letzte Generation sprach im Herbst 2022 von einer Attacke
mit Kartoffelbrei. Auch die Blockierung von Start- und Landebahnen am Flughafen
BER wird ihnen zur Last gelegt sowie ein Farbangriff auf ein Privatflugzeug mit
einem Schaden von rund 90 000 Euro, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte.

Die Letzte Generation will nach eigenen Angaben unter anderem den Druck auf
die Bundesregierung erhöhen, stärker gegen die Klimakrise vorzugehen. Die Gruppe
wurde vor allem wegen Straßenblockaden bekannt, bei denen sich Mitglieder auf
dem Asphalt festklebten. In Berlin kam die Senatsjustizverwaltung nach einer
Überprüfung 2023 zu dem Ergebnis, dass die Klimagruppe nicht als kriminelle
Vereinigung eingestuft wird./mow/DP/he

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