14.06.2024 13:26:44 - dpa-AFX: ROUNDUP: Italien verhindert Erwähnung von Recht auf Abtreibung in G7-Erklärung

BARI (dpa-AFX) - Italiens rechte Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat als
Gastgeberin des G7-Gipfels verhindert, dass die Gruppe der führenden
demokratischen Industrienationen ein klares Bekenntnis zum Recht auf Abtreibung
erneuert. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Freitag aus
Verhandlungskreisen.

Demnach wird in der geplanten Abschlusserklärung lediglich betont, dass
Frauen das Recht auf angemessene Gesundheitsdienste habe. Ganz allgemein wird
dann gesagt, dass es dabei auch um "sexuelle und reproduktive Gesundheit und
Rechte" (SRGR) gehe. Unter reproduktiven Rechten wird dabei beispielsweise
verstanden, dass Frauen selbst darüber entscheiden können, wann sie Kinder haben
wollen.

Klarer Rückschritt zu Japan

Beim G7-Gipfel in Japan hatte sich die Runde der Staats- und Regierungschefs im vergangenen Jahr noch ganz deutlich zum Thema positioniert. Damals hieß es in
dem Text: "Wir bekräftigen unser uneingeschränktes Engagement für die
Verwirklichung umfassender sexueller und reproduktiver Gesundheit und damit
verbundener Rechte für alle Menschen, einschließlich der Frage des Zugangs zu
sicherer und legaler Abtreibung und der Versorgung nach der Abtreibung."

Man sei entschlossen, für die Geschlechtergerechtigkeit und die Rechte von
Frauen und Mädchen in all ihrer Vielfalt in unseren Ländern und im Ausland
einzutreten, diese voranzubringen und zu verteidigen. Man werde mit dem Ziel
zusammenarbeiten, Versuche, die mühsam errungenen Fortschritte in diesem Bereich
zu untergraben, zum Scheitern zu bringen.

Macron äußert Bedauern

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte sich bereits am Donnerstagabend
enttäuscht über Melonis Plan geäußert, dieses Bekenntnis so nicht zu
wiederholen. "Ich bedauere es", sagte er am Randes des G7-Gipfels. Letztendlich
müsse aber akzeptiert werden, dass die Sichtweise der Gleichstellung von Frauen
und Männern nicht im gesamten politischen Spektrum geteilt werde. Nationale
Positionen seien aber zu respektieren, weil sie eine souveräne
nationalstaatliche Entscheidung seien.

Mit Blick auf sein eigenes Land verwies Macron darauf, dass Frankreich das
Recht der Frauen auf Abtreibung und die Freiheit, über den eigenen Körper zu
verfügen, in seine Verfassung aufgenommen.

Gegenseitige Vorwürfe und ein Papstbesuch

Meloni warf Macron unterdessen vor, den G7-Gipfel zu nutzen, um von Italien
aus Wahlkampf zu machen. Es gehe nicht darum, einen Rückzieher zu machen,
sondern darum, unnötige Wiederholungen zu vermeiden, sagte sie und verwies auf
den in der ausverhandelten Abschlusserklärung enthaltenen Verweis auf das
Kommuniqué der G7 von Hiroshima. Sie halte es für zutiefst falsch, in
schwierigen Zeiten wie diesen ein so wertvolles Forum wie den G7-Gipfel für
Wahlkämpfe zu nutzen.

Ein ranghoher EU-Beamter stellte sich klar hinter die Position Macrons, der
zuletzt in Frankreich vorgezogene Parlamentswahlen angekündigt hatte. Der Beamte
sagte, auch die EU habe in den Verhandlungen versucht, das Ergebnis von
Hiroshima zu verteidigen. Es sei aber nicht möglich gewesen, eine Einigung zu
erzielen.

Als brisant gilt das Thema auch, weil auf Einladung von Meloni erstmals ein
Papst am Treffen der sieben großen Industrienationen (G7) teilnahm. Papst
Franziskus, das Kirchenoberhaupt von mehr als 1,3 Milliarden Katholiken, war bei
einer Gesprächsrunde zum Thema Künstliche Intelligenz dabei./aha/DP/ngu

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