24.06.2024 12:02:11 - dpa-AFX: WDH/VERMISCHTES: Sicher zur Schule mit dem 'Bici-Bus'

(Präzisierung im neunten Absatz)
    
    FRANKFURT (dpa-AFX) - "Wo ist der Bus?", fragt ein Junge. "Wir sind der

Bus!", erklärt ihm ein Erwachsener. Und schon fährt der bunte Fahrrad-Konvoi mit
lautem Geklingel los, dazu schallt fröhliche Musik aus Lautsprechern. Rund 25
Kinder und knapp 20 Erwachsene haben sich an diesem Morgen in Frankfurt am Main
zu einem "Bici-Bus" zusammengefunden, einem "Fahrrad-Bus" zur gemeinsamen und
sicheren Fahrt in die Schule.

Die Idee stammt ursprünglich aus England, bekannt wurde sie durch ihre
Umsetzung im spanischen Barcelona, erläutert Simone Markl vom Allgemeinen
Deutschen Fahrrad-Club (ADFC), die das Konzept nach Deutschland brachte und es
hier aufbaut. "Bici" ist das spanische Wort für "Fahrrad". Es geht um
Alltagsbewegung für Kinder mit dem Fahrrad und einen sicheren Schulweg. Bei
einem "Bici-Bus" werden die Kinder auf ihren Rädern von mitfahrenden Erwachsenen
eingerahmt und so vom übrigen Straßenverkehr abgeschirmt.

Kinder hätten in der Stadt kaum die Möglichkeit, Fahrradfahren zu lernen und im geschützten Raum zu üben, sagt Markl. Sie zählten ohnehin zu den besonders
gefährdeten Gruppen im Straßenverkehr. Im Verbund seien sie viel sichtbarer, als
wenn sie alleine zur Schule fahren würden. Der ADFC empfiehlt die Mitfahrt auch
für Kinder unter acht Jahren, für die die Straße sonst noch nicht erlaubt ist.
Das Fahren im Verband ermögliche dies und biete ausreichend Schutz.

Anfragen aus vielen Städten

Das Konzept ist stark nachgefragt, pro Woche habe sie ein bis zwei Anfragen
aus anderen deutschen Städten, sagt Markl. In rund 40 deutschen Städten gibt es
die bunten Konvois bereits, von Berlin über Grimma und Sylt bis Zweibrücken. Sie
sind unterschiedlich häufig unterwegs.

In Frankfurt durchqueren die bunten Fahrradgruppen derzeit einmal pro Monat
zwei Stadtteile. Ein weiterer soll in dieser Woche testweise hinzukommen, mit
dabei auch Kita-Kinder - viele davon auf dem Laufrad, wie Markl sagt. Das
Projekt "Bici-Bus Deutschland" wurde kürzlich mit dem Deutschen Fahrradpreis in
der Kategorie Ehrenamt geehrt.

Die Kinder beim "Bici-Bus" im Frankfurter Nordend äußern sich begeistert.
"Zusammen fahren macht viel mehr Spaß", sagt eine Neunjährige. Auch einem
weiteren neunjährigen Mädchen geht es um Gemeinsamkeit, wie sie sagt. Sie ist
das erste Mal dabei, zusammen mit ihrer Mutter. "Das ist eine super Aktion",
freut sich diese. Eine andere Mutter betont, es sei für ihre Söhne wichtig, im
geschützten Rahmen Straßen und Wege auf dem Fahrrad kennenzulernen. Ihr
kleinster Sohn ist noch in der Kita und darf das erste Mal auf seinem eigenen
Fahrrad mitfahren. Eifrig tritt er in die Pedale und hält mühelos mit.

Frühes Fahrradfahren wichtig

Initiatoren seien meist eher die Eltern als die Schulen, sagt Markl, im ADFC Hessen Referentin für Kinder- und Schulwegsicherheit. In den Schulen heiße es
oft, Kinder sollten zunächst den Fahrrad-Führerschein machen und dann mit dem
Rad fahren. Sie sehe das anders: "Je früher sie es lernen, desto sicherer sind
sie später unterwegs." Es gehe auch darum, eine Alternative zum Prinzip
Elterntaxi zu schaffen.

Auch der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) betont, Kinder sollten von
klein auf mit ihren Eltern auf dem Laufrad oder Roller unterwegs sein, um
richtiges Verhalten im Straßenverkehr zu lernen. Je öfter sie sich selbstständig
bewegten, desto schneller könnten sie auch alleine sicher am Straßenverkehr
teilnehmen.

Kinder im Alter zwischen 6 und 14 Jahren verunglückten im Jahr 2022 montags
bis freitags besonders häufig zwischen 7 und 8 Uhr, errechnete das Statistische
Bundesamt mit den zuletzt verfügbaren Zahlen. Bis 13 Uhr waren die Unfallzahlen
niedriger, zwischen 15 und 16 Uhr wieder höher. Die Kinder der Altersgruppe 6
bis 14 Jahre verunglückten 2022 zudem besonders häufig mit dem Fahrrad: Die
Radunfälle machten 42 Prozent aller Unfälle in dieser Altersgruppe aus.

Konzept schafft Verbindung

Der "Bici-Bus" im Frankfurter Nordend ist als Versammlung angemeldet und
wird von der Polizei begleitet, die dafür kurz Straßen und Kreuzungen sperrt.
Wenn die Teilnehmerzahl ausreichend gewachsen sei, werde man auch ohne Polizei
fahren, sagt Organisator Jörn Felgendreher. Für die Kinder sei die gemeinsame
Fahrt etwas ganz Besonderes. Ihm gefalle an dem Konzept auch, dass es Verbindung
schaffe - zwischen Kindern und zwischen Eltern.

An diesem Morgen stoppt der "Bici-Bus" an zwei Schulen, kurz vor 8 Uhr ist
die zweite erreicht. Organisator Felgendreher bedankt sich rasch bei allen
Teilnehmern, die Kinder schließen ihre Fahrräder an und strömen in das
Gebäude./isa/DP/mis

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