28.06.2024 13:59:12 - dpa-AFX: ROUNDUP: Bau des ersten deutschen LNG-Terminals an Land hat begonnen

STADE (dpa-AFX) - Der Bau des ersten deutschen LNG-Importterminals an Land
hat am Freitag offiziell begonnen. Das Terminal in Stade bei Hamburg soll 2027
in Betrieb gehen. Mehrere private Unternehmen lassen es errichten. Die Kosten
liegen ihren Angaben nach bei rund einer Milliarde Euro. Niedersachsens
Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte: "Ich bin sehr froh darüber, dass man
gerade im Bereich der Energieversorgung zeigt, Deutschland kann schon schnell,
wir müssen es nur machen." LNG (liquefied natural Gas) ist verflüssigtes Erdgas.

Der tschechische Energiekonzern CEZ hat in Stade
LNG-Lieferungen gebucht, weshalb der Industrieminister des Landes Jozef Síkela
bei Baubeginn anwesend war. Auf Deutsch sagte Síkela: "Jeder Kubikmeter Gas, den
wir nicht aus Russland importieren müssen, ist ein Schritt zur Schwächung des
russischen Einflusses in Europa."

Umweltverbände kritisieren den Bau des Terminals. Einer von ihnen, der BUND, klagt am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig dagegen. Einen Verhandlungstermin
gibt es bislang nicht, wie eine Mitarbeiterin des Gerichts der Deutschen
Presse-Agentur sagte.

Die Bundesregierung hatte den Aufbau von LNG-Terminals an Nord- und Ostsee
nach dem russischen Angriff auf die Ukraine forciert, um unabhängig von
russischen Gaslieferungen zu werden. In Deutschland gibt es bislang mehrere
schwimmende Terminals. Diese Terminals, die aus einem Spezialschiff bestehen,
sollen langfristig durch Landterminals ersetzt werden.

Verantwortlich für das Vorhaben in Stade ist das Konsortium Hanseatic Energy Hub (HEH) mit Sitz in Hamburg. Zu HEH gehören der Hamburger Hafenlogistiker
Buss-Gruppe, die Schweizer Private-Equity-Firma Partners Group, der spanische
Netzbetreiber Enagás und der US-Chemiekonzern Dow.

Landterminals in Stade, Wilhelmshaven und Brunsbüttel

Außer in Stade sind Terminals an Land auch in Wilhelmshaven (ebenfalls
Niedersachsen) und Brunsbüttel (Schleswig-Holstein) geplant. Der Bau des
Terminals in Wilhelmshaven soll 2026 beginnen. Das Bundeswirtschaftsministerium
geht davon aus, dass es etwa Mitte 2028 in Betrieb geht. Für den Bau des
Terminals in Brunsbüttel laufen seit März vorbereitende Maßnahmen wie
Erdarbeiten. Die Anlage in Brunsbüttel soll früh im Jahr 2027 den Regelbetrieb
aufnehmen.

In Deutschland importieren derzeit drei schwimmende Terminals LNG. Diese
befinden sich in Wilhelmshaven, Brunsbüttel und Mukran (Mecklenburg-Vorpommern).
Ein weiteres Terminalschiff, das bereits Gas einspeiste, wird von Lubmin nach
Mukran verlegt. Weitere schwimmende Terminals in Wilhelmshaven und Stade sollen
in der zweiten Jahreshälfte den Regelbetrieb aufnehmen.

Wie LNG in die Gasleitungen kommt

Der fossile Energieträger LNG wird bei Extremtemperaturen auf weniger als
minus 160 Grad Celsius heruntergekühlt und verliert dabei einen Großteil seines
Volumens aus dem gasförmigen Zustand. Aus 600 Kubikmetern gasförmigen Stoffes
wird ein Kubikmeter flüssiges LNG.

Nach dem Transport in Spezialtankern wird LNG an Terminals am Zielort wieder in den gasförmigen Zustand umgewandelt und ins Erdgasnetz eingespeist - oder
direkt als Treibstoff und Energieträger eingesetzt. Wegen der CO2-Last durch
Transport und Verbrennung ist der Rohstoff klimapolitisch bedenklich. Kritiker
verweisen zudem darauf, dass mehr Importe den Ausbau der umstrittenen US-LNG-
und Fracking-Industrie bewirke.

Die Vorsitzende des BUND Niedersachsen, Susanne Gerstner, kritisiert, das
Stader Terminal schaffe neue, langjährige Abhängigkeiten. "Der geplante Betrieb
des LNG-Terminals bis Ende 2043 steht im krassen Widerspruch zu den Plänen des
Landes Niedersachsen, bis 2040 klimaneutral zu sein", sagte sie. Laut
LNG-Beschleunigungsgesetz muss das Terminal bis 2044 auf die Nutzung von
verflüssigtem Ammoniak umgestellt werden. Der BUND bemängelt, es fehle dafür der
Nachweis. Die Projektträger weisen das zurück.

LNG-Anteil an deutschen Gasimporten eher niedrig

Deutschland importiert vergleichsweise wenig Erdgas über die LNG-Terminals.
Der Anteil an den gesamten Gasimporten betrug im ersten Halbjahr des vergangenen
Jahres 6,4 Prozent, wie aus Daten der Bundesnetzagentur mit Hauptsitz in Bonn
hervorgeht. Zwischen Anfang Juni und dem 25. Juni lag der Anteil bei rund elf
Prozent, wie die Bundesnetzagentur auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur
mitteilte.

Weltweit exportierten 2023 der International Gas Union zufolge 20 Länder den Rohstoff - mit den USA (21 Prozent des globalen Gesamtvolumens), Australien
(20), Katar (19), Russland (8) und Malaysia (7) an der Spitze. Die größten unter
den 51 Einfuhrmärkten waren China, Japan, Südkorea und Indien, die zusammen rund
die Hälfte des weltweiten LNG importierten. Zu den wichtigsten EU-Kunden
gehörten Frankreich, Spanien, die Niederlande und Italien. Deutschland lag
weltweit auf Platz 17.

Nach Daten des Energy Institute wurden 2023 weltweit 549,2 Milliarden
Kubikmeter LNG gehandelt, fünf Jahre zuvor waren es 430,4 Milliarden und 2013
rund 326,8 Milliarden. Die weltweite Nachfrage wurde demnach besonders aus dem
Asia-Pazifik-Raum angetrieben./lkm/DP/mis
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