28.06.2024 15:54:23 - dpa-AFX: Demos gegen AfD-Parteitag in Essen - Auch gewalttätige Aktionen

ESSEN (dpa-AFX) - Einen Tag vor dem umstrittenen AfD-Bundesparteitag haben
sich in Essen Gegendemonstranten in Stellung gebracht, die Polizei zog starke
Kräfte zusammen. Man rechne im Laufe des Wochenendes mit 80 000 Demonstranten,
sagte Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) dem
Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Es könnten auch 100 000 werden, ergänzte
ein Ministeriumssprecher am Freitag.

Ein besonderes Auge legt die Polizei demnach auf rund 1000 Linksextremisten
aus ganz Deutschland und dem Ausland, die in Essen erwartet werden. Aus der
Szene gibt es Ankündigungen, den Parteitag auch mit gewalttätigen Aktionen
möglichst zu verhindern. Die Polizei zeigte am Freitag an zentralen Stellen in
der Stadt bereits deutliche Präsenz.

Den Auftakt der größeren Protestaktionen macht am Freitagabend (19.00 Uhr)
eine Rave-Demo, zu der mehrere tausend Menschen erwartet werden. Unter dem Motto
"Bass gegen Hass" legen szenebekannte DJs auf und fahren mit Musiktrucks in
einem Demozug vom Hauptbahnhof zur Grugahalle, in der sich die AfD am Samstag
und Sonntag trifft.

Die Sicherheitsvorkehrungen haben den beliebten Einkaufs- und
Ausgeh-Stadtteil Rüttenscheid schon am Freitag teilweise lahmgelegt. Bewohner
kamen nur noch zu Fuß und nach einer Ausweiskontrolle in ihr Zuhause. Autofahrer
mussten die Grugahalle weiträumig umfahren. Der Betrieb von Bussen und
Straßenbahnen wurde auf mehreren Linien eingestellt. Über der Stadt kreiste ein
Polizeihubschrauber. Auch ein beliebter Park mit Freibad war aus
Sicherheitsgründen nicht mehr geöffnet. An einigen Ladenlokalen waren aus Angst
vor Ausschreitungen Bretter vor die Schaufenster geschraubt.

Bis zu 4000 Aktivisten zelten beim "Camp gegen Rassismus"

Einige Kilometer außerhalb der Stadt auf einer Freifläche an der Ruhr füllte sich am Freitag ein Zeltlager für bis zu 4000 Aktivisten. Das "Camp gegen
Rassismus" war ursprünglich an einer zentraleren Stelle geplant, wurde dort aber
wegen Sicherheitsbedenken von der Polizei untersagt - sehr zum Ärger der
Veranstalter.

Die Aktionen am Freitag sind der Auftakt zu einer ganzen Reihe von
Kundgebungen, Demonstrationen und Versammlungen, die den zweitägigen
Bundesparteitag der AfD am Samstag und Sonntag in der Essener Grugahalle
begleiten. Der Höhepunkt wird am Samstag erwartet. Allein bei einer zentralen
Versammlung, die von der Stadt organisiert wird, könnten nach Einschätzung der
Polizei mindestens 45 000 Demonstranten zusammenkommen.

Die Polizei ist mit mehreren tausend Kräften im Einsatz. Konfliktpotenzial
gibt es vor allem, wenn linke Aktivisten ihre Ankündigung wahr machen und
versuchen, die Anreise der rund 600 Delegierten zum Parteitag zu blockieren.
Schon für den frühen Samstagmorgen hat eine Initiative Sitzblockaden an der
Grugahalle angekündigt. Die Polizei warnte die Demonstranten ausdrücklich vor
solchen Aktionen. "Verhinderungsblockaden, die darauf abzielen, den AfD
Bundesparteitag zu stören oder zu verhindern, stellen eine Straftat dar",
betonte die Polizei.

Reul: Schutz des Parteitags "sehr robust gewährleisten"

Landesinnenminister Reul warb um Verständnis für den Polizeieinsatz. "Die
Chancengleichheit aller politischen Parteien ist ein wesentliches Element
unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung." Deshalb werde die Polizei
einen ungestörten Verlauf des Parteitags sicherstellen und bei Bedarf "sehr
robust gewährleisten".

Die AfD will bei dem Parteitag am Samstag und Sonntag unter anderem den
Vorstand neu wählen. Die Stadt Essen hatte monatelang nach Möglichkeiten
gesucht, den AfD-Parteitag noch zu verhindern - war damit aber letztlich vor
Gericht gescheitert./mhe/DP/mis

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