21.05.2024 18:47:14 - dpa-AFX: ROUNDUP 2: Baerbock und Kuleba fordern mehr Unterstützung bei Luftabwehr

(neu: Baerbocks Programm)

KIEW (dpa-AFX) - Deutschland und die Ukraine haben von den internationalen
Partnern angesichts der aktuellen russischen Offensive dringend mehr
Unterstützung für die ukrainische Luftverteidigung verlangt. "Jedes Zaudern und
jedes Zögern bei der Unterstützung der Ukraine kostet das Leben unschuldiger
Menschen. Und jedes Zaudern bei der Unterstützung der Ukraine gefährdet auch
unsere eigene Sicherheit", sagte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am
Dienstag bei einem gemeinsamen Auftritt mit ihrem ukrainischen Kollegen Dmytro
Kuleba in der Hauptstadt Kiew. Kuleba warnte: "Wenn man Russland nicht jetzt und
hier stoppt, fliegen dessen Raketen irgendwann weiter."

Ziel des russischen Präsidenten Wladimir Putin sei "die systematische
Zerstörung des ukrainischen Energiesystems, weil es in unseren Gesellschaften
unsere Lebensader ist", sagte Baerbock, nachdem sie ein großes Kohlekraftwerk in
der Nähe von Kiew besichtigt hatte. Das Wärmekraftwerk war bei einem russischen
Angriff mit Raketen im April nach ukrainischen Angaben komplett zerstört worden.
Allen müsse zwei Jahre nach Beginn des Angriffskrieges klar sein: "Der russische
Präsident kennt kein Limit, keinen Kompass der Menschlichkeit."

International sei fast eine Milliarde Euro zur zusätzlichen Unterstützung
der ukrainischen Luftabwehr zusammengekommen, sagte Baerbock. "Aber es ist
vollkommen klar: Es braucht noch mehr." Deswegen sage sie nicht nur mit Blick
auf die Partner, sondern auch auf "unsere eigenen Haushaltsverhandlungen:
Schauen wir alle auf diese zerstörten Kraftwerke der Infrastruktur." Baerbock
ringt mit Finanzminister Christian Lindner (FDP) in den Verhandlungen um den
Bundeshaushalt 2025 um Milliarden-Einsparungen in ihrem Etat - sie plädiert für
eine Prioritätensetzung mit dem Ziel der inneren und äußeren Sicherheit.

Baerbock und Kuleba werben für Schweizer Friedensgipfel

Mit Blick auf den von der Schweiz organisierten Friedensgipfel im Juni sagte Baerbock, die Bundesregierung werbe intensiv dafür, dass die Staaten der Welt zu
dem Treffen zusammenkämen, "um gemeinsam die Schritte auf dem Friedensweg zu
gehen". Sie könne nochmals bestätigen, dass für Deutschland Kanzler Olaf Scholz
(SPD) an dem Gipfel teilnehmen werde, "persönlich, um damit auch andere auf der
Welt dazu zu motivieren, ebenfalls mit an dieser Konferenz teilzunehmen". Kuleba
warnte, Russland unternehme große Anstrengungen, um den Gipfel zu sabotieren.

Selenskyj zeichnet Baerbock mit Jaroslaw-Orden aus

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dankte Baerbock für die
militärische und finanzielle Unterstützung. Selenskyj überreichte ihr die dritte
Stufe des Ordens Jaroslaw der Weise. Der Verdienstorden ist benannt nach dem
Großfürsten Jaroslaw dem Weisen, der von 1019 bis 1054 das mittelalterliche
Reich der Kiewer Rus regierte.

Baerbock informiert sich über Zerstörungen an Kohlekraftwerk

Beim Rundgang durch ein von russischen Raketen zerstörtes Kohlekraftwerk in
der Nähe von Kiew ließ sich die Ministerin über die angespannte
Energieversorgung informieren. Der ukrainische Energieminister Herman
Haluschtschenko sagte bei dem Besuch, Russland habe damals elf Raketen
abgefeuert. Davon seien nur sechs von der ukrainischen Luftabwehr abgeschossen
worden, da keine Raketen mehr zur Verfügung gestanden hätten.

Besuch in Charkiw aus Sicherheitsgründen abgesagt

Die Ukraine ist aus einem Mangel an Waffen, Munition und Soldaten seit
Monaten in der Defensive. Die Millionenstadt Charkiw im Nordosten des Landes
wird von Russland über die Grenze hinweg aus kurzer Entfernung bombardiert.
Baerbock musste einen am Dienstag geplanten Besuch in Charkiw wegen der
russischen Angriffe aus Sicherheitsgründen absagen. Sie hatte die schon zu
Beginn des Kriegs von russischen Truppen heftig angegriffene Stadt im Januar
2023 besucht.

Soldaten wünschen sich mehr mobile Luftabwehrsysteme

Am Nachmittag schilderten ukrainische Soldaten der Mobilen Luftverteidigung
ihren Einsatz gegen russischen Drohnen und Marschflugkörper. Auf freiem Feld
steht die Einheit, ein Pickup mit aufmontiertem Maschinengewehr. Damit können
die Soldaten relativ langsam anfliegende russische Drohnen abschießen. Daneben
steht ein kleines, geländegängiges Militärfahrzeug mit einer fest installierten
Abschusseinrichtung für Boden-Luft-Raketen vom Typ Stinger. Damit können
angeblich auch Marschflugkörper vom Himmel geholt werden.

In der Nacht zum Dienstag seien 29 Drohnen von Russland gegen die Ukraine
losgeschickt worden, heißt es hier - die ukrainische Luftwaffe berichtete, 28
davon seien abgeschossen worden. Ob sie sich selbst mal ans Maschinengewehr
stellen wolle, wird die Grünen-Frau gefragt - Baerbock lehnt dankend ab. Was
sich die Einheit wünscht? Mehr Abwehrsysteme.

Fußball und Schultüte für im Krieg getötete Kinder

Später gedenkt die Bundesaußenministerin betroffen in einer zum Museum
umgebauten Kapelle der im Krieg getöteten ukrainischen Kinder. Zum Zeitpunkt der
Eröffnung Mitte 2022 seien es bereits 260 getötete Kinder gewesen, erklärt ein
Mitarbeiter des Museums der Mutter zweiter kleiner Mädchen. "Leider wächst ihre
Zahl mit jedem Tag. Jetzt sind wir schon bei über 600 getöteten Kindern",
berichtet der Mann weiter. Baerbock verharrt stumm vor einer Installation.
Kuscheltiere und andere Erinnerungsstücke sind hier niedergelegt. Sie selbst
lässt eine Schultüte und einen Fußball zurück.

EU-Beitritt der Ukraine geopolitische Konsequenz aus Angriffskrieg"

Die Bundesaußenministerin nannte einen EU-Beitritt der Ukraine erneut "die
notwendige geopolitische Konsequenz aus Russlands völkerrechtswidrigem
Angriffskrieg". Das Land habe "beeindruckende Fortschritte gemacht und ist trotz
der russischen Zerstörungswut auf Reformkurs". Nun gelte es, in den
Anstrengungen für eine Justizreform, bei der Korruptionsbekämpfung und der
Medienfreiheit nicht nachzulassen./bk/fko/DP/ngu

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