24.06.2024 06:30:18 - dpa-AFX: ROUNDUP: Neue Initiative für geänderte Organspende-Regeln

BERLIN (dpa-AFX) - Im Ringen um mehr lebensrettende Organspenden kommt ein
neuer Anlauf für eine Reform der Spenderegeln im Bundestag. Eine Gruppe von
Abgeordneten will am Montag (10.00 Uhr) in Berlin eine fraktionsübergreifende
Initiative vorstellen. Dabei geht es um die "Einführung einer
Widerspruchsregelung". Das heißt, dass zunächst alle als Spender gelten sollen -
außer, man widerspricht. Derzeit sind Organentnahmen nur mit ausdrücklicher
Zustimmung erlaubt. Ein erster Anlauf für eine Widerspruchslösung war 2020 im
Bundestag gescheitert.

Die neue Initiative vorstellen wollen die Abgeordneten Sabine Dittmar (SPD), Gitta Connemann (CDU), Armin Grau (Grüne), Christoph Hoffmann (FDP), Peter Aumer
(CSU) und Petra Sitte (Linke). Kürzlich hatte bereits Nordrhein-Westfalen mit
mehreren weiteren Ländern einen Vorstoß in diese Richtung unternommen, über den
derzeit im Bundesrat beraten wird. Hintergrund ist, dass es weiterhin zu wenig
Organspenden gibt. Rund 8400 Menschen stehen deswegen auf Wartelisten.

Kritik schon vor Präsentation der neuen Pläne

Zu einem neuen Anlauf für eine Widerspruchslösung wurden auch schon Einwände laut. Die FDP-Rechtspolitikerin Katrin Helling-Plahr sagte der Deutschen
Presse-Agentur, dies wäre ein massiver Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht
jedes Einzelnen. "Anstatt auf staatliche Bevormundung zu setzen, sollten wir die
selbstbestimmte Entscheidung über eine Spende verbindlicher gestalten. Darüber,
wie eine verbindliche oder verpflichtende Entscheidungslösung ausgestaltet
werden kann, werden wir im Deutschen Bundestag diskutieren."

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, sagte der "Augsburger Allgemeinen" (Montag): "Wer schweigt, stimmt nicht automatisch zu."
Grundsätzlich sei jeder medizinische Eingriff ohne Zustimmung des Betroffenen
eine Körperverletzung. In den Vorzeigeländern Europas mit deutlich mehr
Organspendern hätten erst organisatorische und strukturelle Maßnahmen zu
steigenden Zahlen geführt. "Deshalb braucht es jetzt finanzielle Anreize für
Krankenhäuser, ein effizientes Transplantations-Netzwerk, Bildungsprogramme und
die Schulung von Koordinatoren im Umgang mit Angehörigen."

Erster Anlauf vor vier Jahren gescheitert

Für eine Widerspruchslösung ist auch Bundesgesundheitsminister Karl
Lauterbach (SPD). Als Abgeordneter hatte er sich wie der damalige Minister Jens
Spahn (CDU) bei der Bundestags-Abstimmung 2020 dafür starkgemacht. Damals
beschlossen wurde aber ein Gesetz, das das Zustimmungsprinzip bestätigte. Es
sieht mehr Information und eine leichtere Dokumentation von Erklärungen zur
Spendebereitschaft vor.

Ein zentrales Online-Register als Kern-Element des Gesetzes startete aber
erst mit zwei Jahren Verspätung im März 2024. Grund für Verzögerungen war auch
die Corona-Krise. Ins Register eingetragen wurden bisher rund 130 000
Erklärungen, wie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte als
Betreiber auf Anfrage mitteilte. Auf www.organspende-register.de können Nutzer
ab dem Alter von 16 Jahren dokumentieren, ob sie zu einer Organspende nach dem
Tod bereit sind oder nicht. Eintragen kann man sich zunächst, indem man einen
Ausweis mit Online-Funktion verwendet. Die Angaben sind freiwillig, kostenlos
und jederzeit änderbar.

Kliniken, die Organe entnehmen, sollen vom 1. Juli an gespeicherte
Erklärungen auf dem Register suchen und abrufen können. Erklärungen auf Papier,
beispielsweise in Organspendeausweisen, sind daneben weiterhin
möglich./sam/DP/zb

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