02.07.2024 17:24:11 - dpa-AFX: SPORT/ROUNDUP: Pogacar stürmt ins Gelbe Trikot - Vingegaard abgehängt

VALLOIRE (dpa-AFX) - Tadej Pogacar klopfte sich stolz auf die Brust, nachdem
er inmitten der meterhohen Schneewände auf dem Alpen-Riesen Col du Galibier
seinem Widersacher Jonas Vingegaard einen schweren Schlag versetzt hatte. Der
zweimalige Tour-Champion hat mit einer Gala-Vorstellung im Duell der Giganten
bei der 111. Tour de France einen großen Schritt auf dem Weg zu seinem dritten
Gesamtsieg gemacht. Pogacar hängte den Dänen am Dienstag in 2642 Metern Höhe
erstmals ab und holte sich nach einer atemberaubenden Abfahrt in Valloire das
Gelbe Trikot von Olympiasieger Richard Carapaz (Ecuador).

Pogacar holte sich auf der vierten Etappe im Alleingang mit 35 Sekunden
Vorsprung auf Jungstar Remco Evenepoel den Tagessieg, Vingegaard verlor als
Fünfter sogar noch weitere Sekunden und liegt damit erst einmal deutlich im
Hintertreffen. Aufgrund der Bonussekunden hat Pogacar im Gesamtklassement nun
sogar einen Vorsprung von 45 Sekunden auf Evenepoel und 50 Sekunden auf
Vingegaard.

"Ich bin super glücklich, das war der Plan und wir haben ihn gut ausgeführt. Es war eine Traumetappe für mich. Ich wollte heute hart zuschlagen, ich habe
dafür viel trainiert", sagte der Radstar.

Roglic und Evenepoel am Berg chancenlos

Und obendrein scheint klar zu sein: Am Berg scheint Vingegaard der einzige
Fahrer, der Pogacar den Sieg streitig machen kann. Nur der Däne konnte bei den
explosiven Bergsprints des Ausnahmekönners ein wenig Paroli bieten. Landsmann
Primoz Roglic aus dem deutschen Red-Bull-Team war am Berg chancenlos, hielt den
Schaden aber wie Zeitfahr-Weltmeister Evenepoel aufgrund einer starken Abfahrt
in Grenzen.

Was für ein großes Duell auf der ersten Hochgebirgsetappe, die zurück nach
Frankreich führte. Wie entfesselt ergriff Pogacar 823 Meter vor dem Gipfel die
Initiative, doch Vingegaard machte ihm das Leben auf der 139,6 Kilometer langen
Etappe von Pinerolo nach Valloire schwer. Irgendwann war der Widerstand aber
gebrochen. Oben angekommen hatte der Slowene nicht nur sieben Sekunden
Vorsprung, sondern auch weitere acht Bonussekunden herausgeholt. Und auf der
rasenden Abfahrt bei Tempo 90 vergrößerte Pogacar den Vorsprung immer weiter.

Räumfahrzeuge auf dem Galibier im Einsatz

Auf dem 23 Kilometer langen und durchschnittlich 5,1 Prozent steilen Anstieg zum Galibier war die Bühne bereitet. Noch am Vortag hatten Räumfahrzeuge die
Passstraße von Schnee befreit. Auf dem mythischen Berg, der 1911 erstmals ins
Tour-Programm aufgenommen worden war, hatte es noch vor einem Monat geschneit.
Geöffnet für den öffentlichen Verkehr wurde der Galibier erst am 23. Juni. Welch
ein Kontrastprogramm für die Radprofis, die am Wochenende beim Tour-Start in
Italien mit Temperaturen von 35 Grad zu kämpfen hatten.

Und Pogacars überragendes UAE-Team schlug auf den Rampen ein höllisches
Tempo an. Namhafte Stars wie die Ex-Toursieger Geraint Thomas (Großbritannien)
und Egan Bernal (Kolumbien) oder alle Helfer von Vingegaard wurden frühzeitig
abgehängt.

Schon auf der Abfahrt vom Col de Montgenèvre, dem vorletzten Anstieg, hatte
Pogacar seine UAE-Armada Tempo fahren lassen, sodass schnell ein großes Loch im
Peloton aufriss. Vingegaard ließ sich - im Gegensatz zu Primoz Roglic - von dem
plötzlichen Angriff aber nicht überraschen, entsprechend kehrte schnell wieder
Ruhe ein.

"Der Druck liegt nicht bei mir", hatte Vingegaard vor dem Duell bereits
gesagt. Für den 27-Jährigen, der im Frühjahr bei der Baskenland-Rundfahrt
mehrere Rippenbrüche, eine Lungenquetschung und einen Pneumothorax erlitten
hatte, geht es zuvorderst darum, Pogacar nicht entwischen zu lassen. Schon am
Sonntag hatte Vingegaard beim ersten Kräftemessen nach San Luca hinauf die
Attacken von Pogacar bravourös pariert.

Politt in der Ausreißergruppe

Auf der ersten Alpen-Etappe bestimmte erst einmal eine 17-köpfige
Ausreißergruppe das Geschehen. Dazu gehörte auch der Kölner Zeitfahrmeister Nils
Politt aus dem Pogacar-Team. Dies hatte allerdings nur den Grund, dass er seinem
Kapitän auch nach den ersten beiden Bergwertungen des Tages noch helfen konnte.

Nach den Strapazen im Hochgebirge dürfen am Mittwoch auf der fünften Etappe
über 177,4 Kilometer von Saint-Jean-de-Maurienne nach Saint-Vulbas wieder die
Sprinter auf eine Massenankunft hoffen. Lediglich zwei leichtere Anstiege der
vierten Kategorie sind zu bewältigen./tas/DP/jha

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