01.07.2024 08:57:55 - dpa-AFX: ROUNDUP: Boeing kauft Zulieferer Spirit zurück - Airbus will einige Werke

ARLINGTON (dpa-AFX) - Der kriselnde Flugzeugbauer Boeing holt
nach einer Pannenserie den wichtigen Zulieferer Spirit Aerosystems
in einem rund 4,7 Milliarden Dollar schweren Aktien-Deal wieder
zurück unter das Konzerndach. Inklusive der Spirit-Schulden werde der Rückkauf
mit 8,3 Milliarden Dollar (rund 7,7 Mrd Euro) bewertet, teilte der Flugzeugbauer
am Montag in Arlington im US-Bundesstaat Virginia mit. Der Boeing-Konkurrent
Airbus will im Rahmen des Deals auch einige Werke übernehmen.

Schon länger wird kritisiert, die Abspaltung der einstigen Boeing-Sparte
habe es schwer gemacht, die Qualitäts-Standards einzuhalten. Wenige Stunden
zuvor hatte der Finanzdienst Bloomberg über Details des Geschäfts berichtet.

Schlüsselrolle bei Boeing 737

Bei Spirit wird unter anderem der Rumpf von Maschinen des Typs Boeing 737
gebaut. Das 2005 von Boeing abgespaltene Unternehmen produzierte nach späteren
Zukäufen auch Teile von Tragflächen und Rumpf-Fragmente für Airbus
. Dafür musste eine Lösung gefunden werden, bevor Boeing sich
Spirit wieder einverleiben konnte.

Airbus teilt nun mit, dass mehrere Spirit-Werke an den
europäischen Konzern gehen werden. Anders als Boeing zahlt Airbus dafür keinen
Kaufpreis - sondern bekommt von Spirit 559 Millionen Dollar als eine Art Mitgift
dazu.

Die Abspaltung der Sparte von Boeing war seinerzeit dem Trend gefolgt,
Konzerne zu verschlanken und durch Verlagerung von Aktivitäten an Zulieferer
Geld zu sparen. Mit der Zeit setzte sich jedoch allgemein die Sicht durch, dass
die Trennung von Spirit zu Qualitätsproblemen und einem Kontrollverlust durch
Boeing führte.

In den vergangenen Jahren gab es wiederholt Ärger. In einem Fall etwa wurde
festgestellt, dass bei Spirit Löcher im Rumpf mehrerer Maschinen falsch gebohrt
wurden.

Alaska-Zwischenfall war letzter Tropfen

Spirit spielte auch eine Rolle bei dem dramatischen Zwischenfall im Januar,
bei dem ein Rumpf-Teil einer so gut wie neuen Boeing 737-9 Max von Alaska
Airlines im Steigflug herausbrach. Der Rumpf war bei Spirit produziert und zu
Boeing geliefert worden. Dort wurde das Fragment für Nacharbeiten
herausgenommen. Boeing konnte keine Unterlagen dazu finden - aber die
Unfallermittlungsbehörde NTSB geht davon aus, dass die Maschine ohne zwei
Befestigungsbolzen an dem Rumpf-Teil an die Fluggesellschaft ausgeliefert wurde.

Nach dem Alaska-Zwischenfall geriet Boeing unter verstärkten Druck, die
Qualitätskontrollen zu verbessern. Eine der Maßnahmen dabei war, mehr Prüfer zu
Spirit zu schicken, damit eventuelle Fehler direkt dort und nicht erst nach der
Lieferung ins Boeing-Werk behoben werden. Im März gab Boeing dann auch bekannt,
dass über den Kauf von Spirit verhandelt werde.

Boeing-Chef Dave Calhoun betont, der Deal sei im Interesse der
Flugpassagiere, der Flugzeugbauer, der Airlines "und des Landes insgesamt". Auch
einige Spirit-Aktivitäten im Verteidigungsbereich gehen zu Boeing über.

Medien: Boeing droht Anklage der US-Regierung

Das Beinahe-Unglück mit der Alaska-Maschine könnte laut Medienberichten noch schwerwiegende Konsequenzen für Boeing haben. Unter anderem die "New York Times"
und Bloomberg berichteten, dass das US-Justizministerium dem Flugzeugbauer
offiziell Betrug vorwerfen wolle.

Es geht dabei um die Vereinbarung, mit der Boeing seinerzeit einer
Strafverfolgung nach dem Absturz von zwei 737-Max-Maschinen in den Jahren 2018
und 2019 entging. Der Konzern musste damals unter anderem eine Strafe von 243,6
Millionen Dollar zahlen und ein Compliance- und Ethik-Programm umsetzen. Das
Justizministerium kam bereits im Mai zu dem Schluss, dass Boeing gegen Auflagen
des Deals verstoßen habe.

Boeing habe einige Tage Zeit, zwischen einem Schuldeingeständnis und einem
Prozess zu entscheiden, hieß es in den Medienberichten. Räumt Boeing die Schuld
ein, müsse der Konzern noch einmal 243,6 Millionen Dollar zahlen und einen
Aufseher akzeptieren, schrieb etwa Bloomberg.

Bei Abstürzen zweier Maschinen des Typs 737-Max im Oktober 2018 und März
2019 waren 346 Menschen ums Leben gekommen. Ein Auslöser der Unglücke war
Ermittlungen zufolge eine Software der Flugzeuge, die Piloten unterstützen
sollte, aber stärker als von ihnen erwartet in die Steuerung eingriff. Boeing
geriet in die Kritik, weil Mitarbeiter des Flugzeugbauers bei der Zertifizierung
des Typs durch US-Behörden spezielle Schulungen für die Software für unnötig
erklärt hatte./so/DP/mne/mis
Name WKN Börse Kurs Datum/Zeit Diff. Diff. % Geld Brief Erster Schluss
BOEING CO. DL 5 850471 Xetra 172,920 03.07.24 10:06:03 -0,780 -0,45% 172,600 172,900 172,560 173,700
AIRBUS SE 938914 Xetra 134,200 03.07.24 10:20:24 +2,360 +1,79% 134,100 134,140 132,820 131,840
SPIRIT AERO.HLDGS A DL-01 A0LEXG Frankfurt 31,220 03.07.24 08:04:12 -0,100 -0,32% 31,210 31,850 31,220 31,320

© 2000-2024 DZ BANK AG. Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen | Impressum
2024 Infront Financial Technology GmbH