16.05.2024 15:11:57 - dpa-AFX: ROUNDUP/Lindner nach Steuerschätzung: Keine neuen Spielräume

BERLIN (dpa-AFX) - Bund, Länder und Kommunen können im kommenden Jahr mit
21,9 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen rechnen als noch im Herbst
angenommen. Die Steuerschätzer gehen davon aus, dass der Staat im Jahr 2025
insgesamt 995,2 Milliarden Euro einnimmt, wie das Finanzministerium am
Donnerstag in Berlin mitteilte. Finanzminister Christian Lindner (FDP) sagte:
"Was ich angesichts der exorbitanten politischen Wünsche fast mantraartig
wiederhole, liegt jetzt schwarz auf weiß vor: Neue finanzielle Spielräume gibt
es absehbar nicht."

Auch in den weiteren Jahren des Schätzzeitraums bis 2028 sind deutliche
Mindereinnahmen gegenüber der letzten Schätzung zu verzeichnen ? insgesamt sind
es 80,7 Milliarden Euro. Die Steuereinnahmen liegen laut Finanzministerium im
Vergleich zur Erwartung aus dem Oktober 2023 durchschnittlich jährlich um rund
16 Milliarden Euro niedriger.

Lindner nannte die aktuelle Steuerschätzung einen "Realitätscheck" für den
Bundeshaushalt 2025. "Wir müssen uns von unrealistischen Wünschen verabschieden
und die Konsolidierung des Haushalts vorantreiben. Dies erfordert Disziplin und
Willenskraft." Das Schätzergebnis belege auch, dass die finanziellen
Herausforderungen in den kommenden Jahren größer werden. "Wenn wir jetzt nicht
gegensteuern, verschärft sich die Entwicklung insbesondere für den Bund. Die
strukturellen Herausforderungen können wir nicht mit immer mehr Schulden
zuschütten. Was wir brauchen, liegt auf der Hand: Mehr Wachstum, wir brauchen
die Wirtschaftswende", sagte Lindner. "Nur mit einer starken wirtschaftlichen
Entwicklung schaffen wir Wohlstand und stabile Staatsfinanzen."

Alleine für den Bund fallen die Steuereinnahmen für 2025 um rund 11
Milliarden Euro niedriger aus. Die Ergebnisse dürften damit noch mehr Druck in
die ohnehin schon schwierigen Verhandlungen zum Bundeshaushalt 2025 bringen.
Dabei müssen Milliardenlöcher gestopft werden.

Mehrere Bundesministerien wollen sich nicht an Sparvorgaben von Lindner
halten ? was dieser wiederum scharf kritisiert. Ziel ist es, bis Anfang Juli im
Kabinett eine Einigung über den Haushalt 2025 hinzubekommen, dann folgen die
Beratungen im Bundestag.

Die Prognose der Steuerschätzer ist eine wichtige Grundlage für die
Beratungen zum Bundeshaushalt 2025. Ob gespart werden muss oder ob es Raum für
zusätzliche Ausgaben gibt, hängt unter anderem von der Steuerschätzung ab.

Das Finanzministerium begründete die Differenz zum Ergebnis der
Oktober-Steuerschätzung vor allem mit einer verschlechterten Einschätzung zur
Konjunktur. Die wirtschaftliche Erholung habe sich gegenüber den damaligen
Erwartungen verzögert.

Deutschland steckt in einer Wachstumsschwäche. In diesem Jahr geht die
Bundesregierung von einem Mini-Wachstum von 0,3 Prozent aus. Für 2025 erwartet
sie ein Wachstum von 1,0 Prozent.

Der Arbeitskreis Steuerschätzung kommt zweimal im Jahr zusammen, im Frühjahr und Herbst. In dem Gremium sitzen Experten der Bundesregierung, der führenden
Wirtschaftsforschungsinstitute, des Statistischen Bundesamts, der Bundesbank,
des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung
in Deutschland sowie Vertreter der Länderfinanzministerien und der
Kommunen./asn/DP/men

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