10.05.2024 19:50:23 - dpa-AFX: ROUNDUP: Pistorius schlägt Kanada Zusammenarbeit in der Arktis vor

OTTAWA (dpa-AFX) - Deutschlands Verteidigungsminister Boris Pistorius hat
den Nato-Partner Kanada zu einer gemeinsamen Partnerschaft mit Norwegen für den
Schutz von Infrastruktur im hohen Norden eingeladen. "Lassen Sie uns eine
trilaterale strategische maritime Partnerschaft zur Sicherung von
Kommunikationsverbindungen durch den nördlichen Atlantik und die Arktis
begründen", sagte der SPD-Politiker am Freitag in der kanadischen Hauptstadt
Ottawa bei einem Treffen mit seinem Amtskollegen Bill Blair. Die Initiative
könne das Dach für gemeinsame Aktivitäten sein.

Blair sagte, die kanadische Arktis sei neuen und wachsenden Bedrohungen
ausgesetzt. Das Land bemerke, dass Russland und auch China sich dort in Position
bringen. "Mit dem Klimawandel wird ein großer Teil dieser Region viel leichter
zugänglich", sagte Blair. "Vielleicht konnten wir bei der Verteidigung des
Kontinents früher auf das Eis vertrauen, aber der Klimawandel stellt diese
Annahmen in Frage", sagte er. Kanada wisse, dass man eine stärkere und
dauerhaftere Präsenz in der nördlichen Region brauche.

Die kanadische Regierung hatte im April neue verteidigungspolitische
Richtlinien verabschiedet. Der Nato-Staat benennt darin als dringendste Aufgabe,
den Schutz der eigenen Souveränität im arktischen Norden sicherzustellen, wo
Russland insgesamt betrachtet die stärkste Militärpräsenz aller Staaten hat. Die
Überlegungen basieren unter anderem auf der Annahme, dass es im Falle eines
militärischen Konflikts mit Russland in Europa auch zu einem Kräftemessen in der
strategisch wichtigen Arktis kommen werde.

Auch der Klimawandel und Herausforderungen durch autokratische Systeme - wie etwa China - sind sicherheitspolitische Herausforderungen, auf die Antworten
vorbereitet werden. Kanada will sich zusätzliche Aufklärungsfähigkeiten
verschaffen und zu Land und zur See besser gerüstet sein. Zuletzt war es dem
Land - wie auch anderen westlichen Staaten - nicht mehr gelungen, das eigene
Ziel von 71 500 Soldaten in den Streitkräften zu erreichen. Darauf soll mit
neuen Rekrutierungsbemühungen und Anreizen reagiert werden. Binnen fünf Jahren
sollen zudem umgerechnet 5,5 Milliarden Euro zusätzlich für Rüstung ausgegeben
werden, über 20 Jahre betrachtet zusätzlich knapp 50 Milliarden.

Pistorius war aus Washington angereist, wo er am Vortag versichert hatte,
dass Deutschland zu einer sicherheitspolitischen Führungsrolle in Europa bereit
ist und die militärischen Fähigkeiten dafür bereitstellen wird. "Lassen Sie uns
- die USA und Deutschland zusammen - die Zukunft gestalten zusammen mit all
denen, die für Freiheit, Frieden und die regelbasierte internationale Ordnung
stehen", sagte er in einer Grundsatzrede an der renommierten
Johns-Hopkins-Universität. Vorher hatte er US-Verteidigungsminister Lloyd Austin
im Pentagon gesprochen.

Den Europäern sei bewusst, dass die USA ihre Aufmerksamkeit auf den
Indo-Pazifik richteten und auf Chinas Aufrüstung, aggressive Wirtschaftspolitik
und Streben nach geopolitischer Dominanz reagieren müssten. Deutschland sei
entschlossen, auch da einen Beitrag zur regelbasierten Ordnung zu leisten. "Ich
bin überzeugt, dass nur Amerika und Europa zusammen den Westen stark erhalten
und gegen Russlands expansionistische Ambitionen und den Hunger anderer Akteure
nach Macht und Vorherrschaft verteidigen können", sagte Pistorius.

Kanada sagte am Freitag zu, sich mit umgerechnet 51,5 Millionen Euro an der
deutschen Initiative für eine verstärkte Luftverteidigung der Ukraine gegen
russische Angriffe zu beteiligen. Deutschland wirbt in den Reihen der
Verbündeten für ein verstärktes Engagement, hat aber - zumal aus Europa - bisher
nur Zusagen bekommen, die man gemessen am Bedarf der Ukrainer als gering
bezeichnen kann./cn/DP/he

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