18.06.2024 16:33:03 - dpa-AFX: ROUNDUP: Krankenkassen warnen vor höheren Beiträgen 2025

KREMMEN (dpa-AFX) - Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen
angesichts steigender Milliardenausgaben vor Beitragserhöhungen für die
Versicherten im nächsten Jahr. Zu rechnen sei 2025 mit einem zusätzlichen
Finanzbedarf von 0,5 bis 0,6 Prozentpunkten, sagte die Chefin des
GKV-Spitzenverbands, Doris Pfeiffer, am Dienstag im brandenburgischen Kremmen.
Dabei seien Mehrkosten aus laufenden Gesetzesvorhaben noch gar nicht enthalten.
Pfeiffer forderte eine grundlegende Finanzreform. "Die
Beitragssatz-Erhöhungsspirale muss durchbrochen werden."

Der Zusatzbeitrag, den die gesetzlichen Kassen jeweils für ihre Mitglieder
festlegen, war für dieses Jahr schon leicht auf durchschnittlich 1,7 Prozent
angehoben worden. Der gesamte Beitrag umfasst daneben den allgemeinen Satz von
14,6 Prozent des Bruttolohns, den sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer teilen. Zum
Bundestagswahljahr 2025 geht das Ringen also weiter, Finanzlücken in der
Versorgung der 58 Millionen Kassenmitglieder und von 16 Millionen beitragsfrei
Mitversicherten zu füllen. Dabei geht es alles in allem um Leistungsausgaben von
jährlich fast 300 Milliarden Euro.

Bei den Ausgaben gebe es "keinen Hinweis auf Entwarnung", sagte Pfeiffer. Im ersten Quartal 2024 wuchsen sie um 7,1 Prozent je Versichertem. Für das gesamte
Jahr rechnet der GKV-Verband mit einer Zunahme von 6,5 Prozent und für 2025 von
5,0 bis 5,5 Prozent. Auf der anderen Seite dürften die Beitragseinnahmen in
diesem Jahr um 5,4 Prozent steigen und 2025 um 4,4 Prozent. Hintergrund sei,
dass die Beschäftigung vorerst stabil sei und jüngste hohe Tarifabschlüsse
nachwirkten.

Pfeiffer: Einige Kassen müssen Zusatzbeitrag mitten im Jahr anheben

Dabei ist es keine Option mehr, aus Finanzpuffern der Kassen noch etwas
zuzuschießen, wie Pfeiffer deutlich machte. Es sei eine große Frage, ob die für
die Kassen vorgeschriebene Mindestreserve von voraussichtlich 5,4 Milliarden
Euro für 2024 noch erfüllt werden könne. Akut sei davon auszugehen, dass einige
Kassen den sonst zu Jahresbeginn feststehenden Zusatzbeitrag mitten im Jahr noch
etwas anheben müssen. Hintergrund ist auch, dass die Kassen in den vergangenen
Jahren teils wegen gesetzlicher Vorgaben Milliarden-Rücklagen abgeschmolzen
haben.

Um die gesetzlichen Krankenkassen zu stabilisieren, hatte die
Ampel-Koalition für 2023 bereits eine extra Finanzspritze gesetzt, die ein sonst
erwartetes Defizit von 17 Milliarden Euro abwendete. Das Geld kam unter anderem
aus Kassenreserven und einem Anstieg beim Zusatzbeitrag von 0,15 Punkten auf
1,51 Prozent. Der Bund stockte seinen regulären Zuschuss von 14,5 Milliarden
Euro um zwei Milliarden Euro auf, auch Pharmabranche und Apotheken wurden
herangezogen. Unter dem Strich stand bei den Kassen laut GKV-Verband 2023 ein
Minus von 1,9 Milliarden Euro.

Angespannter Haushalt und weitere Ausgaben erwartet

Eine neue Finanzspritze des Bundes für 2025 ist vorerst nicht in Sicht,
zumal die Verhandlungen über den Haushalt schon schwierig genug sind.
Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat mehrfach deutlich gemacht, dass
Leistungskürzungen für ihn generell nicht infrage kommen. Die Kassen sehen es
mit Sorge, dass gleich mehrere Vorhaben des SPD-Politikers die Ausgabenschraube
sogar noch weiterdrehen - von einem Fonds für die Neuaufstellung der Kliniken
über Anreize für Pharmafirmen im Kampf gegen Lieferengpässe bis zu besseren
Bedingungen für Hausärzte. Für 2025 dürfte daraus ein zusätzliches
Ausgabenrisiko von zwei Milliarden Euro resultieren.

Seit längerem machen die Kassen Front dagegen, dass Beitragsgeld für
allgemeine öffentliche Leistungen verwendet wird - etwa, wenn die Kassen auf
einem Teil der Versorgungskosten von Bürgergeldempfängern sitzen bleiben. Es sei
nicht egal, woher das Geld komme, argumentierte der
Co-Verwaltungsratsvorsitzende des GKV-Spitzenverbands, Uwe Klemens. Steuermittel
würden von allen aufgebracht, Beiträge nur von den Kassenmitgliedern und
Arbeitgebern, wobei Privatversicherte außen vor seien und Gutverdiener von einer
Obergrenze profitierten./sam/DP/ngu

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