25.06.2024 05:47:36 - dpa-AFX: Bahnkritiker empört über Ausschreibung der Strecke Hamburg-Hannover

HANNOVER/HAMBURG (dpa-AFX) - Im Konflikt um die Neubauvariante der
Bahnstrecke an der A7 zwischen Hamburg und Hannover sorgt die Ausschreibung der
Deutschen Bahn für die Raumverträglichkeitsprüfung für Aufregung. Für die
offizielle Prüfung ist das Land Niedersachsen zuständig. Konkret geht es um eine
Strecke von etwa 130 Kilometern Länge, wie der kritische Projektbeirat Alpha-E
schrieb. Die Initiative vermutet, dass die Bahn Fakten schaffen wolle, obwohl
man sich zunächst auf eine Generalsanierung verständigt hatte.

"Wir fragen uns, auf welcher politischen Beschlusslage diese Ausschreibung
beruht. Bisher wurde keine Entscheidung für eine Neubaustrecke getroffen", sagte
Peter Dörsam, Sprecher des Projektbeirats, laut Mitteilung. Der Beirat rief das
Bundesverkehrsministerium auf, sofort einzuschreiten und die weitere
Verschwendung von Steuermitteln zu verhindern.

Auch Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies zeigte sich irritiert: "Bei
allem, was wir derzeit diskutieren, eint uns ja zunächst einmal das Ziel: Wir
brauchen schnellstmöglich mehr Kapazität auf der Schiene zwischen Hannover und
Hamburg und eben auch im Dreieck mit Bremen." Das Land sei für den Ausbau der
Schiene und das möglichst schnell. "Aber es ist schon ein eigenwilliges Signal,
wenn wir auf der einen Seite seit Monaten in Gesprächen mit der Bahn um einen
Ausbau der vorhandenen Strecken stehen und auf der anderen Seite hier nun weiter
faktisch an der Neubaustrecke gearbeitet wird", sagte der SPD-Politiker der
Deutschen Presse-Agentur.

Die aktuelle Debatte um den Bundeshaushalt zeige unmissverständlich, wie
wenig Geld zur Verfügung stehe. "Statt also Geld für solche Phantomplanungen
auszugeben, plädiere ich doch sehr dafür, die vorhandenen Mittel gezielt
einzusetzen für das realistische Ausbauprojekt Alpha-E", betonte Lies. So käme
man in einem akzeptablen und absehbaren Zeithorizont dem Ziel näher von mehr
Kapazität im Dreieck Hamburg, Hannover, Bremen. Im Rahmen des sogenannten
Ausbaus Alpha-E würde jetzt schnell ein mindestens dreigleisiger und - dort wo
ausreichend Platz zur Verfügung steht - viergleisiger Ausbau geschaffen.

"Das bringt uns schnell entscheidende Schritte unserem Ziel näher. Das in
Verbindung mit der Digitalisierung der Strecke brächte uns enorm weiter. Wir
brauchen jetzt solche großen Schritte, statt uns im Klein-Klein von
Phantomplanungen zu verdribbeln", sagte Lies. Einen Neubau halte er für schlicht
nicht realistisch, man sollte sich daran orientieren, was wirklich umsetzbar
ist: "Das ist für mich in einem ersten Schritt der Ausbau der bestehenden
Strecken." Parallel hätte das Land dem Bund einen Prozess vorgeschlagen, in dem
zu klären sei, ob überhaupt zusätzlicher Bedarf besteht.

Für 2029 ist die Modernisierung der Strecke geplant, laut einem Bahnsprecher soll sie fünf Monate dauern. Die aktuelle Ausschreibung verschwende keine
Steuergelder und sei nur vorausschauendes Planen, falls das Land sich für die
Neubauvariante entscheide und man sofort unterstützen müsse, sagte er. Das sei
ein ganz normales Projektprocedere, bei dem noch kein Geld ausgegeben werde.

"Wir haben immer gesagt, dass der bloße Bestandsausbau nicht die alleinige
Lösung sein kann", betonte der Sprecher. Die Bahn lockt mit etwas kürzeren
Fahrzeiten. Für die Umsetzung des Deutschlandtakts, bei dem Züge alle 30 Minuten
die großen Städte anfahren sollen, müsse mehr getan werden. Es geht auch um eine
bessere Verzahnung des Fern- und Regionalverkehrs. Viele Anwohner befürchten
aber, von den Arbeiten dafür betroffen zu sein./koe/DP/zb

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