05.07.2024 15:50:33 - dpa-AFX: POLITIK/Strengere Regeln: Abtreibungsgegnern drohen künftig Bußgelder

BERLIN (dpa-AFX) - Abtreibungsgegner, die ungewollt Schwangere auf der
Straße belästigen, müssen künftig mit Bußgeldern von bis zu 5000 Euro rechnen.
Dafür hat der Bundestag nach einer emotionalen Debatte den Weg frei gemacht.

Nach der Änderung des sogenannten Schwangerschaftskonfliktgesetzes soll es
künftig verboten sein, Schwangere daran zu hindern, Beratung zu einer Abtreibung
in Anspruch zu nehmen. Das betrifft etwa das Behindern beim Betreten oder
Verlassen von Einrichtungen. Bekannt ist diese Form der Behinderung als
sogenannte Gehsteigbelästigung. Die Bundesregierung sieht darin ein zunehmendes
Problem und will ein solches Vorgehen daher strenger ahnden.

Gehsteigbelästigung wird Ordnungswidrigkeit

Das Verbot umfasst auch Aktionen, die darauf abzielen, Schwangeren die
eigene Meinung aufzudrängen, sie erheblich unter Druck zu setzen oder sie mit
unwahren Tatsachenbehauptungen oder verstörenden Inhalten zu konfrontieren.
Verstöße stellen künftig eine Ordnungswidrigkeit dar.

Bundesfamilienminister Lisa Paus (Grüne) betonte, dass Belästigungen von
Schwangeren vor Beratungsstellen, Praxen und Kliniken "unzumutbar" seien. Es
handele sich um Frauen, "die sich bereits in einer schwierigen Situation"
befänden und die dann auch noch eingeschüchtert würden, sagte sie der dpa. Das
sei "nicht akzeptabel".

Von der Gesetzesänderung erfasst sind "wahrnehmbare Verhaltensweisen in
einem Bereich von 100 Metern um den Eingangsbereich" entsprechender
Einrichtungen. Das mache künftig noch deutlicher, "dass nicht die Frau die
Verantwortung trägt, sich selbst zu schützen und den Weg zur Beratung
freizukämpfen", erklärte Paus weiter. Die Bundesregierung beende damit den
"Spießrutenlauf für Schwangere". Dabei werde auch eine Balance zu wichtigen
Grundrechten wie der Meinungs- und Versammlungsfreiheit gewahrt, versicherte
sie.

"Dummes Zeug" und "verfassungswidrig": Scharfe Kritik aus der Opposition

An dieser immer wieder als "Bannmeile" bezeichneten Distanz gab es im
Bundestag aus den Reihen der Opposition heftige Kritik. Die Unionsabgeordnete
Bettina Margharete Wiesmann betonte, dass das Gesetz "in weiten Teilen nicht
notwendig" sei. Das aktuelle Polizei- und Ordnungsrecht der Länder sei völlig
ausreichend, um Schwangere vor Belästigungen zu schützen.

Abgeordnete von Union und AfD äußerten auch Zweifel daran, dass die
Gehsteigbelästigung in Deutschland ein so großes Problem sei, dass es eines
neuen Gesetzes bedürfe. Die AfD-Abgeordnete Beatrix von Storch verteidigte das
Recht auf Meinungsäußerung von "Christen und Lebensschützern". Sie nannte den
Vorstoß der Bundesregierung "dummes Zeug" und "verfassungswidrig".

Politiker der Ampel-Fraktionen und der Gruppe Die Linke hielten dagegen.
Katja Mast von der SPD-Fraktion betonte, dass die Gehsteigbelästigung durchaus
weit verbreitet sei. Es sei falsch, anzunehmen, dass das bisherige Ordnungsrecht
ausreiche, um die Frauen besser zu schützen.

Die Regelungen können in Kraft treten, sobald sie im Bundesgesetzblatt
veröffentlicht werden. Es bedarf keiner Zustimmung des Bundesrats./faa/DP/jha

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