06.06.2024 17:41:38 - dpa-AFX: ROUNDUP/'Genehmigungsturbo': Windräder sollen künftig schneller gebaut werden

BERLIN (dpa-AFX) - Der Name ist sperrig, das Versprechen aber groß: Ein
neues Gesetz soll deutschlandweit für deutlich schnellere Genehmigungsverfahren
sorgen. Es betrifft zehntausende Industrieanlagen - darunter auch alle
bestehenden und künftigen Windräder im Land. Der Bundestag hat dafür am
Donnerstag grünes Licht gegeben. Die Abgeordneten der Regierungsfraktionen
lobten die Neuerung als "Super-Turbo". Doch worum geht es überhaupt?

Mit der geplanten Neuerung sollen bestimmte Anlagen, darunter Windräder, in
Deutschland künftig schneller gebaut und umgebaut werden können. Zu diesem Zweck
wird das sogenannte Bundesimmissionsschutzgesetz angepasst - ein Gesetz, das
alle Anlagen betrifft, die Lärm verursachen oder sonstige potenziell schädliche
Einwirkungen auf die Umwelt haben können. Dazu gehören neben Windrädern
beispielsweise auch Walz-Werke, Gießereien, Abfallentsorgungsanlagen und Anlagen
zur Herstellung von grünem Wasserstoff.

Verfahren sollen im Schnitt um 10 Monate kürzer werden

Der SPD-Politiker Daniel Rinkert, der das Gesetz maßgeblich mitverhandelt
hat, schätzt, dass es bis Ende des Jahrzehnts 20 000 Änderungen an
Industrieanlagen geben wird, die einer Genehmigung bedürfen. "Wir zünden heute
den Super-Turbo für die Beschleunigung", erklärte Rinkert am Donnerstag im
Bundestag. Der SPD-Abgeordnete geht nach eigenen Angaben davon aus, dass
Verfahren dadurch im Schnitt um zehn Monate verkürzt werden können.

Digitalisierung soll den Booster bringen

Die Genehmigungsverfahren sollen vor allem durch die Abschaffung bisher
erforderlicher Verfahrensschritte und durch Digitalisierung schneller werden.
"Wir beenden die Zeit der Aktenordner", versprach Rinkert. Künftig werde bei
Genehmigungsanträgen ein USB-Stick reichen. Das Gesetz soll auch das Repowering
von Windrädern deutlich vereinfachen - also das Ersetzen älterer Windräder durch
neue. Bislang gibt es hier laut Rinkert viele Hürden. Selbst ein Software-Update
in einem Windrad erfordere ein längeres Verfahren. Damit solle künftig Schluss
sein.

Darüber hinaus sollen Genehmigungsfristen künftig nur einmal um drei Monate
verlängert werden können. Bislang sei dies unbegrenzt möglich gewesen. Eine
weitere Verlängerung bedürfe der ausdrücklichen Zustimmung des Antragstellers,
heißt es. So soll verhindert werden, dass Verfahren immer wieder in die Länge
gezogen werden. Außerdem sollen Unterlagen, die für die Beurteilung der
Genehmigungsfähigkeit nicht ausschlaggebend sind, künftig nachgereicht werden
können - ohne den Baubeginn zu blockieren.

Änderungen sieht das Gesetz auch bei der Beteiligung der Öffentlichkeit vor. Die sogenannten "Erörterungstermine", bei denen auch Anwohner teilnehmen können,
um sich zu informieren, sollen nach Möglichkeit wegfallen oder durch digitale
Formate ersetzt werden.

Allein 50 000 Industrieanlagen fallen unter das Gesetz

Wie das Büro von Rinkert auf dpa-Anfrage und unter Berufung auf Zahlen des
Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) mitteilt, fallen insgesamt 50 000
genehmigungspflichtige Industrieanlagen in Deutschland unter das Gesetz.
Windräder seien hier nicht mitberücksichtigt. Nach Angaben des Bundesverbands
Windenergie (BWE) standen in Deutschland Anfang des Jahres 30 243 Windräder.
Auch alle Windräder, die noch gebaut werden, durchlaufen künftig die
vereinfachten Verfahren.

Umweltstandards würden durch die vereinfachten Verfahren nicht aufgeweicht,
versicherten mehrere Abgeordnete von Grünen und SPD während der fast
70-minütigen Debatte im Plenum. Umweltverbände hatten in der Vergangenheit immer
wieder davor gewarnt, Bürokratieabbau auf Kosten von Umwelt- und Naturstandards
voranzutreiben.

Klimaschutz als Schutzgut im Gesetz verankert

Um sicherzustellen, dass der Klimaschutz künftig bei allen Verfahren eine
übergeordnete Rolle spielt, hat die Ampel das Klima als Schutzgut im Gesetz
verankern lassen. Damit können alle Verordnungen, die auf Grundlage des neuen
Gesetzes erlassen werden, auch Anforderungen zum Schutz des Klimas regeln. Was
das in der Praxis konkret heißt, wird sich noch zeigen. Die Unionsfraktion
befürchtet, dass sich die Regierung damit bei all ihren
Beschleunigungsbemühungen eine Bremse ins Gesetz gebaut hat. Der Schutzstatus
für das Klima könne zu mehr Bürokratie führen, warnte etwa der CDU-Abgeordnete
Steffen Bilger. Auch vonseiten der AfD gab es teils heftige Kritik. Der
AfD-Abgeordnete Thomas Ehrhorn sprach von einem "Ideologieprojekt".

Große Zustimmung kam dagegen vom Bundesverband Windenergie (BWE).
BWE-Präsidentin Bärbel Heidebroek sprach von einer "starken Novelle", die der
Windkraft in Deutschland Schub geben werde. "Die Straffungen in den
Genehmigungsverfahren werden nicht nur den Projektträgern, sondern auch den
Behörden helfen, das politisch erwartete Tempo beim Ausbau des Leistungsträgers
Windenergie zu erreichen", erklärte sie.

Bis dies allerdings Realität werden kann, muss das Vorhaben eine weitere
entscheidende Hürde nehmen: Der Bundesrat muss dem "Genehmigungsturbo" der Ampel
noch zustimmen./faa/DP/stw
Name WKN Börse Kurs Datum/Zeit Diff. Diff. % Geld Brief Erster Schluss
NORDEX SE O.N. A0D655 Frankfurt 12,330 20.06.24 08:06:27 -0,070 -0,56% 12,590 12,620 12,370 12,330
RWE AG INH O.N. 703712 Frankfurt 33,590 20.06.24 20:57:57 +0,350 +1,05% 33,520 33,590 33,220 33,590
E.ON SE NA O.N. ENAG99 Frankfurt 12,550 20.06.24 17:36:26 +0,085 +0,68% 12,545 12,595 12,500 12,550
SIEMENS ENERGY AG NA O.N. ENER6Y Frankfurt 24,860 20.06.24 21:05:26 +0,740 +3,07% 24,750 24,880 24,160 24,860
VESTAS WIND SYS. DK -,20 A3CMNS Frankfurt 23,940 20.06.24 16:21:41 +0,060 +0,25% 23,790 24,250 23,530 23,940

© 2000-2024 DZ BANK AG. Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen | Impressum
2024 Infront Financial Technology GmbH