12.07.2024 15:49:28 - dpa-AFX: ROUNDUP 2/Im Visier des Kreml? Rheinmetall-Chef braucht Schutz

(Neu: Habeck im 11. Absatz)

BERLIN (dpa-AFX) - Sein Einsatz für die Ukraine hat den Chef des größten
deutschen Rüstungskonzerns Rheinmetall, Armin Papperger, einem Medienbericht
zufolge ins Visier Moskaus gerückt. Wie CNN berichtet, haben US-Geheimdienste
Anfang des Jahres Pläne der russischen Regierung aufgedeckt, den deutschen
Manager zu ermorden. Informierten Kreisen zufolge hat er schon seit Monaten
"massiven Personenschutz". Der Kreml dementierte die angeblichen Anschlagspläne.

Bei einem öffentlichen Auftritt im Mai in Düsseldorf wurde Papperger von
mehreren Polizisten in Zivil begleitet, vor der Tür standen Polizeiautos und
Streifenpolizisten. Die Behörden ermöglichten "ein hohes Maß an Sicherheit um
meine Person", sagte der 61-Jährige der "Financial Times", nachdem der
CNN-Bericht über die angeblichen russischen Pläne bekannt wurde. Er fühle sich
immer sicher, er sei "ein sehr glücklicher Mann".

Papperger sucht die Öffentlichkeit

In der deutschen Rüstungsbranche nimmt Papperger eine Sonderrolle ein. Zum
einen ist seine Firma mit großem Abstand die Nummer 1 der heimischen
Waffenschmieden, zum anderen tritt er ganz anders auf als andere
Rüstungsmanager: Während die Branchenkollegen die mediale Öffentlichkeit eher
meiden oder sie nur selten nutzen, begibt sich der 61-Jährige zielstrebig immer
wieder in das mediale Scheinwerferlicht und gibt Interviews.

Er erklärt dabei stets geduldig, wie wichtig Rüstungsgüter seien zur
Verteidigung westlicher Werte und dass seine Firma dabei ihren Beitrag leisten
wolle. Kürzlich wurde er gefragt, was sein größter Erfolg im vergangenen
Geschäftsjahr war. "Das größte Erfolgserlebnis für mich war, wie stark wir der
Ukraine helfen konnten", sagte Papperger. "Diese Menschen kämpfen mit ihrem Blut
für die Freiheit Europas." Rheinmetall habe der Ukraine "extrem viel" liefern
können. Solche Äußerungen machen deutlich, dass Rheinmetall für den Kreml
durchaus ein Dorn im Auge sein dürfte.

Waffenlieferungen im großen Stil

Die Liste der Rüstungsgüter aus Rheinmetall-Produktion, die von der
Bundesregierung gekauft und dann in die Ukraine verschickt wurden, ist lang.
Darunter sind Panzer, Flugabwehr-Geschütze und vor allem die immens wichtige
Artilleriemunition. Im Juni hat Rheinmetall eine Reparaturwerkstatt für
Schützenpanzer in der Westukraine eröffnet. Geplant ist auch die
Panzerproduktion vor Ort in dem von Russland angegriffenen Staat.

In der Munitionssparte hat Rheinmetall seine Produktionskapazitäten stark
ausgeweitet, die Firma ist der größte Fabrikant von Artilleriemunition in der
westlichen Welt. Waren vor dem Ukraine-Krieg pro Jahr nur 70.000 Schuss im
155-Millimeter-Kaliber produziert worden, so sollen es 2027 schon 1,1 Millionen
sein. Ein großer Teil der aktuellen Produktion geht in die Ukraine.

Als Folge des Ukraine-Kriegs hat der Konzern mit seinen rund 30.000
Beschäftigten volle Auftragsbücher, der Umsatz steigt und steigt. Dank des
strammen Wachstums ist das Unternehmen inzwischen in der obersten deutschen
Aktienliga Dax gelandet.

Sponsoring soll Firmenimage aufpolieren

Die Firma nutzt die vollen Kassen inzwischen auch für umfangreiches
Sponsoring im Profisport, etwa beim Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund.
Dadurch soll das Firmenimage aufpoliert und ein Beitrag geleistet werden, damit
die Gesellschaft den Waffenproduzenten nicht als Schmuddelkind unter den
deutschen Konzern begreifen, sondern als Lieferanten von Produkten, die für die
Wahrung von Sicherheit und Freiheit der westlichen Welt nötig sind.

Sollte der CNN-Bericht stimmen, so wäre es nicht die erste russische
Bedrohung, der sich Rheinmetall ausgesetzt sieht. Als Papperger im März 2023 den
Plan öffentlich machte, in der Ukraine eine Panzerfabrik zu bauen, drohte der
russische Ex-Präsident Dmitri Medwedew mit dem Beschuss der Anlagen durch
russische Marschflugkörper.

Reaktion des Kreml

Der Kreml wies die Berichte über angebliche russische Anschlagspläne gegen
den Rheinmetall-Chef zurück. Es sei sehr schwer, solche Gerüchte zu
kommentieren, die ohne seriöse Begründung allein auf irgendwelchen anonymen
Quellen basierten, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. "Das alles wird im Stil
weiterer Fakes aufgetischt, daher kann man solche Meldungen nicht ernst nehmen."

Deutsche Politiker äußerten sich besorgt über den angeblichen Anschlagsplan, der FDP-Bundestagsabgeordnete Reinhard Houben forderte eine Sondersitzung des
Bundessicherheitsrats. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte, man
äußere sich "nicht zu einzelnen Bedrohungssachverhalten". "Aber ganz klar ist:
Wir nehmen die erheblich gestiegene Bedrohung durch die russische Aggression
sehr ernst." Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte, es gebe immer
wieder konkrete Bedrohungen gegen Personen aus Politik und Wirtschaft. "Es
zeigt, in welcher Welt wir leben und wie gefährlich diese Welt sein kann."

Brand an Gartenlaube

Eine andere Form der Bedrohung hatte Papperger im April erlebt, als es an
seiner Gartenlaube plötzlich brannte und später ein Bekennerschreiben aus der
linken Szene auftauchte. Der Sachschaden war gering.

Darauf angesprochen, reagierte Papperger gelassen: "Ich bin einiges
gewohnt", sagte er der "Süddeutschen Zeitung" und berichtete davon, dass ihm
Firmenkritiker bei Hauptversammlungen "das Pult kaputtgeschlagen" hätten. Mit
dem angeblichen Anschlagsplan aus Russland erreicht das Bedrohungspotenzial aber
eine ganz andere, erschreckende Intensität./wdw/DP/mis
Name WKN Börse Kurs Datum/Zeit Diff. Diff. % Geld Brief Erster Schluss
RHEINMETALL AG 703000 Xetra 480,100 02.08.24 17:39:07 -16,400 -3,30% 0,000 0,000 490,800 480,100

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