30.06.2024 14:48:38 - dpa-AFX: Nebenkostenprivileg beendet - Mieter müssen bei TV umplanen

BERLIN (dpa-AFX) - Nach vier Jahrzehnten läuft am Montag eine Regelung aus,
bei der circa 12 Millionen Haushalte in Deutschland ihren Fernsehzugang über die
Miete bezahlt haben: Ab dem 1. Juli dürfen die Vermieter die Kosten für das
Fernsehsignal nicht mehr über die Nebenkostenrechnung einholen. Stattdessen
müssen die Mieterinnen und Mieter eigene Wege gehen oder freiwillig bei einer
separaten Vereinbarung des Vermieters mitmachen.

Die Abschaffung der gesetzlichen Regelung, die Nebenkostenprivileg genannt
wird, war bereits 2021 beschlossen worden, eine Übergangsfrist läuft nun aus.
Für die Kabelnetzbetreiber Vodafone und Tele Columbus
ist das ein Rückschlag, sie müssen um einen Teil ihres Geschäfts
fürchten - Vodafone hat für das erste Quartal 2024 bereits herbe Kundenverluste
vermeldet. Bei Tele Columbus fällt der Kundenschwund moderat aus. Auf die Frage,
mit welchen Verlusten man rechne, sagte der Sprecher von Tele Columbus,
Sebastian Artymiak: "Der größte Teil der jetzigen TV-Kunden wird bei uns
bleiben."

Wie die Deutschen TV schauen

Ein Teil der Kunden dieser Anbieter nutzt zum Fernsehen inzwischen
Internetangebote, etwa Magenta TV vom Konkurrenten Deutsche Telekom
, oder Online-Dienste wie Zattoo und waipu.tv. Das Online-Segment
ist im Aufwind: Laut einer Marktstudie der Landesmedienanstalten schauten im
vergangenen Jahr bereits 20 Prozent der Haushalte Fernsehen übers Internet und
damit 5 Prozentpunkte mehr als 2021. Dieses Jahr dürfte der Anteil weiter
steigen. Der Kabelfernsehen-Anteil lag im vergangenen Jahr der Studie zufolge
bei 37 Prozent, was einem Minus von drei Prozentpunkten seit 2022 entsprach.
Etwa gleich hoch ist der Anteil von Satelliten. Antennen spielen nur eine
Nebenrolle.

Die meisten Vermieter haben ihre Sammelverträge zum 1. Juli gekündigt
- ab dann müssen ihre Mieter also eigene Verträge haben oder bei
neuen Sammelverträgen mitmachen, die separat zur Miete bezahlt werden und bei
denen es im Gegensatz zur vorherigen Praxis keinen Zwang zur Teilnahme gibt.

Erste Anschlüsse wurden stillgelegt

Einige Vermieter kündigten ihren Sammelvertrag nach dem alten Modell bereits für einen Zeitpunkt vor dem 1. Juli. Ein Teil der davon betroffenen Mieter hat
dann wohl weiter ferngesehen, obwohl er keinen neuen Vertrag hatte - die
Anbieter können das Fernsehsignal nicht aus der Ferne abstellen, sondern sie
müssen die Anschlüsse vor Ort im Keller eines Mietshauses oder in den Wohnungen
selbst verplomben oder anderweitig deaktivieren.

Man habe die Kundschaft intensiv informiert und ihnen neue Verträge
angeboten, sagt Tele-Columbus-Sprecher Artymiak. "Wir wollen unsere langjährigen
Kunden nicht vergraulen, aber klar ist: Wer nicht zahlt und das TV-Signal
trotzdem nutzt, dessen Anschluss wird in den nächsten Wochen abgeschaltet."

Von Vodafone heißt es, dass Sperrungen bereits punktuell in mehr als 60
Städten und Gemeinden erfolgt seien. Wie viele Haushalte das waren, wurde nicht
genannt. Das passiert im sogenannten Regelbetrieb: Wenn also ein Techniker wegen
anderer Aufgaben ohnehin in einem Haus oder in einer Straße ist, etwa wegen
Wartungsarbeiten oder zur Behebung von Internetstörungen, dann nimmt er sich
auch der Sperrung von Kabelanschlüssen an.

Die Kabelkunden, die weiter fernsehen wollen wie bislang und das Kabelsignal bis Juni über die Miete bezahlt haben, müssen also nicht befürchten, schon
morgen oder übermorgen vor einem schwarzen Fernseher zu sitzen. Denn einen
"harten Schnitt" schon Anfang Juli werde es nicht geben, sagt Vodafone-Manager
Marc Albers. Auf die lange Bank schieben sollten sie das Thema aber trotzdem
nicht. "Unsere Techniker werden (...) noch stärker als bisher Kabelanschlüsse
abklemmen", sagt Albers.

Was das finanziell bedeutet

Die Gesetzesänderung kann dazu führen, dass Kabelkunden etwas tiefer in die
Tasche greifen müssen als zuvor. So zahlten die meisten Mieterinnen und Mieter
bei Vodafone nach dem alten Modell zwischen sieben und neun Euro - abseits
dieser Preisspanne gab es Ausreißer nach oben und unten. Nach dem neuen Modell
verschiedener Sammelverträge sind es Firmenangaben zufolge zwischen acht und
zehn Euro. Ein Einzelvertrag - wenn also der Vermieter nichts anbietet und der
Kunde auf sich allein gestellt ist - würde knapp 13 Euro kosten. Auch bei Tele
Columbus liegt die künftige Preisspanne bei acht bis zehn Euro.

Wenn die Kunden sich melden, bieten die Firmen ihnen Bündelprodukte an.
Hierbei geht es um Verträge, die neben dem Kabelanschluss auch Festnetz-Telefon
und Festnetz-Internet enthalten, bei Vodafone gibt es wahlweise noch Mobilfunk
dazu. Dadurch kann es sein, dass ein Kunde preislich sogar etwas besser dasteht
als früher. Das zeigt ein Beispiel aus Berlin: Ein Kunde zahlte dort vorher pro
Monat 10,52 Euro über die Nebenkostenrechnung für seinen Kabelanschluss und
knapp 40 Euro für seinen Internet-Vertrag samt Festnetztelefon. Nun schloss er
einen Bündelvertrag ab, der im Monat knapp 50 Euro kostet - der Kunde zahlt also
einen halben Euro weniger als vorher./wdw/DP/nas
Name WKN Börse Kurs Datum/Zeit Diff. Diff. % Geld Brief Erster Schluss
DT.TELEKOM AG NA 555750 Xetra 23,500 02.07.24 13:40:11 -0,180 -0,76% 23,490 23,500 23,720 23,680
VODAFONE GROUP PLC A1XA83 Xetra 0,824 02.07.24 13:08:05 -0,005 -0,63% 0,824 0,825 0,827 0,830
TELE COLUMBUS AG NA O.N. TCAG17 Hamburg 0,440 02.07.24 08:16:12 ±0,000 ±0,00% 0,450 0,480 0,440 0,440

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