10.07.2024 22:56:04 - dpa-AFX: EM 2024/ROUNDUP/2:1 gegen Niederlande: Watkins schießt England ins EM-Finale

DORTMUND (dpa-AFX) - England hat die große Oranje-Party bei der Fußball-EM
ganz spät beendet und ist nur noch einen Schritt vom ersten großen Titel seit 58
Jahren entfernt. Dank eines Tores in der Nachspielzeit besiegte das Starensemble
um Bayern-Stürmer Harry Kane und Champions-League-Sieger Jude Bellingham die
Niederlande am Mittwoch im Halbfinale mit 2:1 (1:1) und trifft im Endspiel auf
Favorit Spanien.

Vor 60 926 Zuschauern in Dortmund drehten Kane (18. Minute/Foulelfmeter) und der für Kane eingewechselte Ollie Watkins (90.+1) mit ihren Toren die Partie
nach einem frühen Rückstand noch für das Team von Trainer Gareth Southgate.
Anders als in den Spielen zuvor zeigten die Three Lions diesmal zumindest eine
Halbzeit lang ihre fußballerische Klasse und boten ihre beste Turnierleistung.

England fordert im Finale im Berliner Olympiastadion nun am Sonntag (21.00
Uhr/ARD und MagentaTV) Deutschland-Besieger Spanien. Erstmals steht England dann
in einem großen Endspiel, das nicht in der Heimat stattfindet. 1966 war das
selbst ernannte Mutterland des Fußballs im Wembley-Stadion gegen Deutschland
Weltmeister geworden. Vor drei Jahren scheiterte man an gleicher Stelle im
Elfmeterschießen des EM-Finales an Italien. Nun soll der langersehnte zweite
große Titel her.

Für die Niederlande ist der Traum vom zweiten EM-Triumph in Deutschland nach 1988 dagegen geplatzt. Die Führung durch ein Traumtor von Xavi Simons (7.) war
für die Mannschaft von Trainer Ronald Koeman zu wenig.

Eviva España beim Fanmarsch

Das große Fußballfest von Dortmund beschränkte sich nicht auf das Spiel am
Abend, sondern begann bereits um die Mittagszeit. Rund 100.000 niederländische
Fans verwandelten die Stadt in eine riesige Partyzone. Oranje dominierte
komplett. Vom inzwischen zum Kult gewordenen Fanbus delegierte unter anderem
Ex-Profi Wesley Sneijder die feierwütige Menge nach links und nach rechts.

Beim laut Polizei größten Fanmarsch der Stadtgeschichte stimmte sich Oranje
ein. Fröhlich trällerten die Anhänger "Eviva España". Die Engländer, mit 25.000
Fans ebenfalls mehr als ordentlich vertreten, waren erstmals bei dieser EM
deutlich in Unterzahl.

Direkt viel Tempo im Spiel

Auf dem Platz legten die Niederländer einen Traumstart hin. Simons eroberte
den Ball von Declan Rice in der englischen Hälfte, lief noch ein paar Meter und
knallte das Spielgerät mit voller Wucht sehr sehenswert ins Kreuzeck.

Die englische Taktik mit dem Fokus auf Kontrolle und defensive Stabilität
der vergangenen Spiele war nun hinfällig. Die Three Lions mussten kommen - und
sie kamen. Angeführt von Kapitän Kane drängte England auf den schnellen
Ausgleich.

Zunächst scheiterte der Bundesliga-Torschützenkönig mit einem Distanzschuss
noch am niederländischen Torwart Bart Verbruggen, dann wurde er bei einem
Versuch im Strafraum von Denzel Dumfries hart am Fuß getroffen.

Kane fiel, der deutsche Schiedsrichter Felix Zwayer schaute sich die Szene
noch einmal im Video an und entschied dann auf Strafstoß. Der Gefoulte selbst
verwandelte mit einem gezielten Flachschuss und wurde damit zum alleinigen
EM-Rekordtorjäger in K.-o.-Spielen. Englands Bilanz in der einst gefürchteten
Disziplin bleibt damit bei diesem Turnier perfekt. Nach dem Sieg vom Punkt über
die Schweiz lautet sie nun: sechs Versuche, sechs Treffer.

England offensiv stark wie lange nicht

Die Ansetzung Zwayers war in England schon vor dem Spiel sehr skeptisch
bewertet worden. Zu seiner Zeit bei Borussia Dortmund hatte Bellingham den heute
43-Jährigen nach einer Niederlage gegen den FC Bayern heftig kritisiert und
verbal angegriffen. Diesmal dürfte der Superstar zumindest mit der
Elfmeter-Entscheidung zufrieden gewesen sein.

Vor den Augen der britischen Musikgrößen Adele und Ed Sheeran drückte
England weiter. Das Southgate-Team war kaum wiederzuerkennen, zeigte in puncto
Kreativität und Offensivdrang die bisher beste Turnierleistung. Vor allem der
sehr agile Phil Foden sorgte für Alarm vor dem niederländischen Tor. Erst
verhinderte Dumfries auf der Linie nach einem Abschluss des 24-Jährigen die
englische Führung (23.), dann klatschte ein Fernschuss Fodens an den
Außenpfosten (32.). Für Oranje hatte Dumfries mit einem Kopfball nach einer Ecke
an die Latte Pech (30.).

Zweite Hälfte mit weniger Action

Der Halbzeitpfiff brachte nicht nur eine Verschnaufpause, sondern auch einen kleinen Bruch ins Spiel. Die sangesfreudigen Zuschauer bekamen nun keine große
Angriffs-Action mehr geboten. Stattdessen prägten lange Ballstafetten das
Geschehen. Einen Abschluss des niederländischen Kapitäns Virgil Van Dijk nach
einem Freistoß, lenkte Pickford zur Ecke (65.).

Insgesamt hatten die Niederländer nur mehr Kontrolle. Einmal passten sie
jedoch nicht auf. Kyle Walker passte von rechts ins Zentrum und Bukayo Saka traf
zum vermeintlichen 2:1 für England - das Koeman-Team hatte Glück, dass Walker
vermeintlich im Abseits stand. Das Spiel kippte jetzt aber zugunsten der Three
Lions. In der Nachspielzeit ließ Joker Watkins die englischen Fans dann vor
Freude ausrasten./the/DP/he

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