24.05.2024 17:57:02 - dpa-AFX: ROUNDUP: Neue Vorgaben für mehr Tierschutz auf dem Weg

BERLIN (dpa-AFX) - Für bessere Lebensbedingungen von Tieren sollen strengere
Vorgaben für die Haltung in Ställen, Zirkussen und zu Haustieren kommen. Das
Bundeskabinett brachte am Freitag einen Entwurf von Agrarminister Cem Özdemir
auf den Weg, der mehrere Änderungen des Tierschutzgesetzes vorsieht. Die
allermeisten Halterinnen und Halter würden ihrer Verantwortung gerecht, sagte
der Grünen-Politiker. Doch noch immer gebe es Defizite, und deshalb litten viele
Tiere. Wenn es Tieren besser gehe, sei das auch im Sinne der Halter.
Tierschützern reichen die Pläne nicht aus.

Ziel ist, den Tierschutz umfassend zu stärken und bestehende Regelungen an
aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse anzupassen, wie es im Entwurf heißt.
Dafür sollen auch manche gängigen Haltungspraktiken in der Landwirtschaft
verboten oder mit neuen Schutzanforderungen versehen werden. Zugleich geht es
darum, Kontrollen zu erleichtern und Sanktionen bei schweren Verstößen zu
verschärfen. Der Gesetzentwurf soll nun noch vor der Sommerpause zunächst in den
Bundesrat kommen, also spätestens am 5. Juli. Dann ist der Bundestag am Zug. Ein
Überblick:

Landwirtschaft: Für Eingriffe, die nicht der Heilung von Krankheiten dienen, sollen mehr Schranken kommen. Verboten sein soll künftig das Kappen der Schwänze
von Lämmern - bei Ferkeln soll es nur noch in Einzelfällen mit Vorgaben erlaubt
sein. Wenn bei Kälbern die Hörner ausgebrannt werden, soll dafür eine Betäubung
Pflicht sein, wie es laut Ministerium auch schon vielfach praktiziert wird.

Anbindehaltung: Grundsätzlich soll etwa für Esel, Ziegen und Rinder gelten:
"Ein Tier darf nicht angebunden gehalten werden." Eine Sonderregelung ist aber
für die in Süddeutschland verbreitete Anbindehaltung von Rindern geplant:
Ganzjährig soll sie in zehn Jahren verboten werden. Möglich bleiben soll aber
eine "Kombi-Haltung". Bestehende kleine Höfe mit höchstens 50 Rindern können
Tiere so weiter anbinden, wenn sie in der Weidezeit draußen sind und in der
übrigen Zeit mindestens zwei pro Woche ins Freie können. Özdemir sprach von
einem Kompromiss, um mehr Tierschutz mit Natur- und Artenschutz auf Almen und
Bergwiesen zu vereinen.

Schlachthöfe: Vorgeschrieben werden sollen künftig Videoaufzeichnungen in
"tierschutzrelevanten" Bereichen von Schlachtanlagen. Das soll Behörden ein
besseres Bild für Kontrollen verschaffen, etwa zu Betäubungsvorschriften.

Zirkus: Das Halten oder Zurschaustellen bestimmter Wildtiere wie Elefanten,
Affen, Giraffen oder Flusspferde "an wechselnden Orten" soll verboten werden.
Dabei sollen reisende Zirkusse vorhandene Tiere nicht abgeben müssen, sie dürfen
laut Ministerium aber keine neuen anschaffen.

Qualzucht: Stärker eingedämmt werden sollen Methoden, Tiere auf ein
bestimmtes Aussehen etwa von Augen, Fell und Ohren zu züchten. Es wolle ja auch
kein Halter, "dass sein Haustier an Herzfehlern oder schmerzhaften
Gelenkproblemen leidet, kaum atmen kann oder sogar früher stirbt", sagte
Özdemir. Dafür soll eine Liste mit Anzeichen erweitert werden. Das Züchten
gesunder Tiere bleibe erlaubt, es gehe nicht um pauschale Verbote bestimmter
Rassen, machte der Minister auch mit Blick auf zeitweisen Wirbel um Dackel klar.
"Dieses Gesetz verbietet den Dackel nicht, es ist ein Pro-Dackel-Gesetz, weil es
dem Dackel hilft, schmerzfrei zu leben."

Online-Tierhandel: Tiere mit Qualzuchtmerkmalen sollen nicht mehr im
Internet zum Kauf angeboten werden dürfen. Tier-Anbieter sollen zudem ihre Daten
bei Plattformen angeben müssen, damit eine Rückverfolgbarkeit gewährleistet ist.
Vorgesehen sind auch mehrere zusätzliche Vorgaben für Tierbörsen.

Sanktionen: Kommen sollen empfindlichere Sanktionen bei schwerwiegenden
Tierschutzverstößen. Für das Töten eines Tieres ohne "vernünftigen Grund" sollen
etwa bei beharrlicher Wiederholung oder vielen betroffenen Tieren künftig fünf
statt drei Jahre Haft drohen. Für Versuche der Misshandlung oder Tötung eines
Tieres soll der Bußgeldrahmen von 25 000 Euro auf bis zu 50 000 Euro angehoben
werden.

Reaktionen: Die Tierschutzorganisation "Vier Pfoten" monierte "zahlreiche
Mängel und Leerstellen" in den Plänen und eine Abschwächung wichtiger Vorhaben
wie des Verbots der Anbindehaltung. In einem ersten Entwurf war es in fünf
Jahren geplant. Özdemir verwies darauf, dass im Ampel-Koalitionsvertrag von zehn
Jahren die Rede ist. Die Verbraucherorganisation Foodwatch warf dem
Grünen-Minister Einknicken vor der Bauernlobby vor. Der Unions-Agrarexperte
Albert Stegemann (CDU) kritisierte dagegen "einseitige negative Folgen für die
heimische Landwirtschaft."/sam/DP/ngu

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