21.05.2024 06:30:18 - dpa-AFX: ROUNDUP 2: USA nehmen Israel gegen Vorwürfe in Schutz - Die Nacht im Überblick

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WASHINGTON/GAZA (dpa-AFX) - Die USA haben ihren Verbündeten Israel nach der
Beantragung von Haftbefehlen gegen den Regierungschef und Verteidigungsminister
wegen schwerwiegender Vorwürfe im Gaza-Krieg demonstrativ in Schutz genommen.
"Entgegen den Anschuldigungen des Internationalen Gerichtshofs gegen Israel
handelt es sich nicht um Völkermord", sagte US-Präsident Joe Biden am Montag im
Rosengarten des Weißen Hauses anlässlich einer Feier für die Errungenschaften
amerikanischer Juden in den die USA. "Wir weisen das zurück. Wir stehen an der
Seite Israels."

Zuvor hatte Israels wichtigster Verbündeter bereits heftig kritisiert, dass
der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs einen Haftbefehl wegen
mutmaßlicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit gegen Israels Regierungschef
Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Joav Galant beantragt hatte.
Haftbefehle wurden auch gegen den Anführer der Hamas in Gaza, Jihia al-Sinwar,
und weitere Hamas-Vertreter beantragt. Es gebe aber keine Gleichwertigkeit
zwischen Israel und der - von den USA als Terrororganisation eingestuften -
islamistischen Hamas, betonte Biden.

Weder die USA noch Israel erkennen den Internationalen Strafgerichtshof
(IStGH) an. Die palästinensischen Gebiete aber sind Vertragsstaat. Daher darf
der Chefankläger Karim Khan auch ermitteln. Sein gleichzeitiges Vorgehen gegen
die Hamas und Israel hat nach Einschätzung des Auswärtigen Amts jedoch ein
falsches Bild entstehen lassen. "Durch die gleichzeitige Beantragung der
Haftbefehle gegen die Hamas-Führer auf der einen und die beiden israelischen
Amtsträger auf der anderen Seite ist der unzutreffende Eindruck einer
Gleichsetzung entstanden", sagte ein Außenamtssprecher am Pfingstmontag in
Berlin.

Das Gericht hat zwar keinerlei Möglichkeiten, Haftbefehle selbst zu
vollstrecken. Jedoch ist die Bewegungsfreiheit der Gesuchten dadurch erheblich
eingeschränkt - denn alle Vertragsstaaten des Gerichts sind verpflichtet,
Beschuldigte mit offenen Haftbefehlen festzunehmen und nach Den Haag zu
überstellen, sobald sie sich in ihrem Land befinden.

Israel übt scharfe Kritik an Chefankläger

Israels Regierung kritisierte die Anträge gegen Netanjahu und Galant scharf. "Während die Mörder und Vergewaltiger der Hamas Verbrechen gegen die
Menschlichkeit gegen unsere Brüder und Schwestern begehen, erwähnt der
Chefankläger im gleichen Atemzug unseren Ministerpräsidenten und
Verteidigungsminister, neben den verabscheuungswürdigen Nazi-Monstern der Hamas
- eine historische Schande, die für immer in Erinnerung bleiben wird", sagte
Außenminister Israel Katz und sprach von einer "skandalösen Entscheidung".

Ob die Haftbefehle tatsächlich erlassen werden, müssen nun die Richter
entscheiden. Wenn sie die Tatvorwürfe als bestätigt ansehen, kann das
Hauptverfahren gegen die Beschuldigten eingeleitet werden.

Südafrikas Regierung begrüßte das Vorgehen des Chefanklägers des IStGH. Das
Land hatte den Internationalen Gerichtshof wiederholt zu Maßnahmen gegen Israel
aufgefordert und Netanjahus Regierung Völkermord vorgeworfen. Die UN-Richter
haben Israel in Eilentscheidungen verpflichtet, alles zu tun, um einen
Völkermord in Gaza zu verhindern und humanitäre Hilfe zuzulassen.

Blinken: Haftbefehle-Anträge könnten Geiselabkommen gefährden

Nach Darstellung von US-Außenminister Antony Blinken könnte das Vorgehen des Chefanklägers die laufenden Bemühungen um ein Abkommen für eine Waffenruhe in
Gaza gefährden. Die Hamas werde so ermutigt, und das sei das Haupthindernis für
ein Abkommen, konkretisierte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew
Miller. Die Bemühungen um die Freilassung der Geiseln und eine Waffenruhe hätten
in der vergangenen Woche keine Fortschritte gemacht, sagte der
Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby. Da
Israel und die Hamas nicht direkt miteinander verhandeln, fungieren Ägypten,
Katar und die USA als Vermittler bei den Verhandlungen.

USA pochen auf Hilfe für Gaza-Bevölkerung

Während US-Präsident Biden sein "unumstößliches Engagement" für die
Sicherheit Israels bekräftigte, pochte sein Sicherheitsberater Jake Sullivan in
Gesprächen mit der israelischen Führung zugleich auf den Zugang zu humanitärer
Hilfe im gesamten Gazastreifen. Es sei wichtig, dass Israel und Ägypten ihre
Gespräche über die baldige Wiedereröffnung des Grenzübergangs Rafah im Süden des
abgeriegelten Küstengebiets abschließen, habe Sullivan in Gesprächen mit Israels
Verteidigungsminister Galant und Generalstabschef Herzi Halevi betont, teilte
das Weiße Haus am Montag mit. Die humanitären Helfer müssten die Bedürftigen im
gesamten Gazastreifen sicher mit Hilfe versorgen und dafür alle verfügbaren
Grenzübergänge nutzen können.

Bericht: Hilfskonvoi in Gaza am neuen Pier geplündert

Ende vergangener Woche waren erstmals auch Lastwagen mit Hilfsgütern über
eine provisorische Anlegestelle des US-Militärs in den umkämpften Gazastreifen
gefahren. Wie das US-Zentralkommando Centcom am frühen Dienstagmorgen auf der
Plattform X mitteilte, wurden auf diesem Weg bisher 569 Tonnen Hilfsgüter nach
Gaza geliefert. Das entspreche auf Basis früherer Hilfslieferungen in den
Küstenstreifen etwa 25 Lastwagenladungen, schrieb die "Times of Israel". Die
Hilfsgüter, die noch an Menschen in dem umkämpften Gebiet verteilt werden
müssen, stammten aus den USA, Großbritannien, den Vereinigten Arabischen
Emiraten, der EU und anderen Ländern, teilte das US-Zentralkommando weiter mit.

Eine der ersten Hilfslieferungen sei dabei am Samstag geplündert worden,
berichtete die Zeitung "New York Times" unter Berufung auf eine Sprecherin des
Welternährungsprogramms. Palästinenser hätten einen Lastwagenkonvoi mit
Hilfsgütern vom Pier abgefangen, geplündert und seien dann davongerannt. Der
Vorfall verdeutliche, wie schwierig es sei, humanitäre Hilfe sicher in das
umkämpfte Küstengebiet zu bringen.

Unterdessen haben nach UN-Schätzungen rund 800 000 Binnenflüchtlinge die
Stadt Rafah seit Beginn des israelischen Militäreinsatzes dort vor rund zwei
Wochen wieder verlassen. Sie befänden sich nun weiter nördlich, unter anderem an
einem Strandabschnitt, an dem es kaum humanitäre Hilfe gebe, berichtete das
"Wall Street Journal". Familien kochten über dem offenen Feuer, für das sie aus
Mangel an Brennstoffen Müll verbrennen müssten. Überall türmten sich Abfälle,
Abwässer gelangten ins Meer.

In Rafah an der Grenze zu Ägypten will Israels Führung die letzten dort
vermuteten Bataillone der Hamas zerschlagen. Rafah ist die letzte noch halbwegs
intakte Stadt in Gaza. Die USA lehnen eine große israelische Bodenoffensive dort
ab. Der israelische Verteidigungsminister Galant und sein Generalstabschef
Halevi hätten Sullivan über "neue alternative Ansätze zur Bekämpfung der Hamas
in Rafah" informiert, teilte das Weiße Haus mit. "Beide Seiten kamen überein,
die Gespräche fortzusetzen."

Irans Armeechef ordnet Untersuchung von Absturz-Ursache an

Unterdessen hat der Armeechef von Israels Erzfeind Iran eine gründliche
Untersuchung gefordert, wie es zum tödlichen Absturz des Hubschraubers kommen
konnte, in dem Präsident Ebrahim Raisi und Außenminister Hussein Amirabdollahian
saßen. Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Isna vom Montag stellte General
Mohammed Bagheri zu diesem Zweck im Verteidigungsministerium ein Team zusammen.
Bei dem Absturz am Sonntag im Nordosten des Landes waren neben den beiden
Staatsmännern auch alle weiteren sieben Insassen des Helikopters ums Leben
gekommen. Seither wird im Iran darüber spekuliert, ob schlechtes Wetter, ein
technischer Defekt oder ein israelischer Sabotageakt Israel für den Vorfall
verantwortlich gewesen sein könnte./ln/DP/zb

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