10.05.2024 12:40:13 - dpa-AFX: Bundesfinanzhof: Frau mit krankem Mann darf Embryo-Gentest absetzen

MÜNCHEN (dpa-AFX) - Eine Frau mit einem an Gendefekt erkrankten Mann darf
die Kosten eines teuren Gentests von der Steuer absetzen - auch wenn beide nicht
verheiratet sind. Das hat der VI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) in einem am
Freitag veröffentlichten höchstrichterlichen Urteil entschieden. Die Münchner
Bundesrichter gaben damit der in Niedersachsen wohnenden Frau nach langjährigem
Streit mit ihrem Finanzamt Recht.

Das Finanzamt hatte die Anrechnung der Präimplantationsdiagnostik (PID) als
"außergewöhnliche Belastung" nicht akzeptiert. Grund war unter anderem, dass die
Frau selbst gesund ist. Nur ihr Partner leidet an einem Gendefekt, der bei
natürlich gezeugten Kindern sehr wahrscheinlich schwerste körperliche oder
geistige Behinderungen nach sich zieht. Das Paar hatte sich deshalb 2018 nach
eingehender ärztlicher Beratung für eine künstliche Befruchtung entschieden. Die
Ärzte rieten zur PID - ein Gentest des Embryos vor der Übertragung in die
Gebärmutter.

Die Gesamtkosten der Behandlung beliefen sich auf über 22 000 Euro, von
denen die Frau laut BFH-Urteil knapp 10 000 selbst bezahlte. In der ersten
Instanz hatte schon das niedersächsische Finanzgericht geurteilt, dass die Frau
zumindest ihre eigenen Kosten absetzen durfte, das Finanzamt hatte jedoch
Revision eingelegt.

Nun hat auch in der zweiten Instanz der Bundesfinanzhof die Argumentation
des Finanzamts endgültig für nicht rechtmäßig erklärt. Die Krankheit des Mannes
sei ein "objektiv regelwidriger Körperzustand", die Behandlungskosten demnach
zwangsläufig. Unerheblich in diesem Fall ist demnach, dass die beiden nicht
verheiratet waren und die Frau selbst nicht krank.

Aus dem Urteil geht nicht hervor, ob und wann das Kind geboren wurde und ob
es gesund ist. Die Finanzgerichte beschäftigen sich ausschließlich mit
steuerlichen Fragen und verfolgen die Schicksale von Klägern oder Beklagten
ansonsten nicht./cho/DP/men

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