26.06.2024 11:34:24 - dpa-AFX: POLITIK/Sudan-Experte: Humanitäre Lage wird immer schlimmer

BERLIN (dpa-AFX) - Der frühere UN-Sondergesandte für den Sudan, Volker
Perthes, warnt vor einer weiteren Verschlechterung der humanitären Lage in dem
Bürgerkriegsland. "Es wird schlimmer, weil Hungersnot droht", sagte der
Politikwissenschaftler am Mittwoch im ZDF-"Morgenmagazin". 18 Millionen Menschen
und damit fast die Hälfte der Bevölkerung des Landes im Nordosten Afrikas seien
von akutem Hunger bedroht. "Wir haben jeden Tag vier, fünf Kinder, die sterben
an Hunger. Und das wird mehr werden über die nächsten Wochen und Monate", mahnte
er. Im Sudan beginne zu dieser Jahreszeit eigentlich die Erntesaison. Wegen des
Kriegs konnte aber kein Saatgut ausgeliefert werden.

Im Sudan kämpfen seit April 2023 die Armee und die paramilitärische Gruppe
Rapid Support Forces (RSF) um die Macht. Der UN-Sicherheitsrat hat ein Ende der
Kämpfe gefordert, was beide Seiten aber ignorieren. Die RSF erlaube ihren
Soldaten, eroberte Städte zu plündern, dort zu morden und zu vergewaltigen,
sagte Perthes weiter. "Und die Armee hat vor allem eine Luftwaffe und die
bombardiert, ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung zu nehmen."

Hilfe für die Menschen sei nur durch "erheblichen Druck auf die
Konfliktparteien" zu erreichen. Zumindest in der umkämpften Stadt Al-Faschir,
der Hauptstadt des Bundesstaats Nord-Darfur im Westen des Sudans, müsse ein
lokaler Waffenstillstand durchgesetzt werden. "Das heißt Druck - vor allem auch
auf die Miliz durch ihre regionalen Verbündeten. Und wir müssen die Armee durch
Druck von regionalen Verbündeten dazu bringen, Hilfslieferungen auch über die
Grenze des Tschad nach Darfur zu erlauben."

Bei einer Geberkonferenz in Paris hatten mehrere Länder dem Sudan im April
Hilfen im Umfang von mehr als zwei Milliarden Euro versprochen. Deutschland
sagte dabei 244 Millionen Euro für den Sudan und dessen Nachbarn zu. Die
Hilfsgüter müssten jedoch auch vor Ort ankommen, betonte Perthes. Die Armee
verbiete alle Lieferungen in Gebiete, die von der RSF kontrolliert würden. Mehr
als neun Millionen Einwohner des nordostafrikanischen Landes sind laut Perthes
innerhalb des Landes vertrieben oder ins Ausland geflohen./rgr/DP/tih

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