05.07.2024 11:04:38 - dpa-AFX: HINTERGRUND: Das bedeutet die Einigung zu Haushalt und Wachstumspaket

BERLIN (dpa-AFX) - Es war wieder einmal eine Marathonverhandlung. Früh am
Morgen aber erzielten Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Finanzminister Christian
Lindner (FDP) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) einen Durchbruch.
Nach schwierigen Gesprächen steht nun eine Grundsatzeinigung zum Bundeshaushalt
2025. Die Bundesregierung plant außerdem ein Wachstumspaket.

Schuldenbremse wird eingehalten

Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse solle eingehalten werden,
erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungs- und Koalitionskreisen. Sie
erlaubt in einem begrenzten Umfang neue Schulden. Das ist ein Punktsieg für die
FDP. Sie hat alle Forderungen vor allem der SPD abgewehrt, wegen finanzieller
Belastungen durch den Ukraine-Krieg die Ausnahmeregel bei der Schuldenbremse zu
ziehen.

Nachtragshaushalt geplant

Für dieses Jahr ist ein Nachtragshaushalt in Höhe von 11 Milliarden Euro
geplant. In Regierungskreisen wurde auf geringere Steuereinnahmen verwiesen
sowie höhere Ausgaben beim Bürgergeld. Dazu kommen Milliarden-Mehrkosten bei der
staatlichen Förderung der erneuerbaren Energien.

Im Bundeshaushalt 2025 sollen laut "Handelsblatt" die Gesamtausgaben bei 470 Milliarden Euro liegen. Damit würde die Regierung gegenüber dem laufenden Jahr
Einsparungen vornehmen. In diesem Jahr sind Ausgaben von 476,8 Milliarden Euro
geplant.

Ampel verschafft sich Spielräume

Um den Spardruck auf Ressorts zu verringern, fand die Ampel Wege, um
zusätzlichen Spielraum zu gewinnen. In Regierungskreisen genannt wurde etwa eine
"realistischere Schätzung" von EU-Beiträgen. Dazu kommen zum Beispiel geringere
Zinszahlungen, zudem könnten Verbuchungen einzelner Haushaltsposten geschoben
werden.

In der Koalition ist zudem von einer sogenannten globalen Minderausgabe die
Rede. Das sind nicht näher bezifferte Sparvorgaben. Die Koalition setzt darauf,
dass Ressorts weniger Geld brauchen werden.

Weniger Geld für Bundeswehr als gefordert

Für die Bundeswehr soll im Haushalt für das kommende Jahr deutlich weniger
zusätzliches Geld bereitgestellt werden als von Verteidigungsminister Boris
Pistorius (SPD) gefordert. Nach der Einigung der Ampel-Spitzen soll der
Verteidigungshaushalt von derzeit rund 52 Milliarden Euro um etwa 1,2 Milliarden
Euro aufwachsen, wie es aus Koalitionskreisen hieß. Pistorius hatte deutlich
mehr Geld gefordert.

Die Grünen-Co-Fraktionschefin Katharina Dröge kritisierte, gerade im Bereich der inneren und äußeren Sicherheit und auch der humanitären Hilfe werde der
Haushalt nicht der Lage im Land gerecht.

Haushalt noch lange nicht unter Dach und Fach

Das Kabinett soll Mitte Juli den Haushaltsentwurf beschließen - dann liegen
auch die vielen Details zu den einzelnen Ressorts vor. Mitte September ist die
erste Beratung im Bundestag geplant, beschlossen werden soll der Etat dann im
November oder Dezember. Es dürfte noch schwierige Verhandlungen geben.

Entlastungspaket soll Wachstum ankurbeln

In diesem Jahr wird in Deutschland nur ein Mini-Wachstum erwartet.
Unternehmen halten sich mit Investitionen zurück, auch der private Konsum kommt
nicht in Schwung. Die Regierung will nun gegensteuern und plant umfassende
Entlastungsmaßnahmen beschlossen, um die Wirtschaft anzukurbeln. Das
Wachstumspaket könne im nächsten Jahr zu einem zusätzlichen Wachstum von mehr
als einem halben Prozent führen, das seien 26 Milliarden Euro zusätzliche
Wirtschaftsleistung.

Das ist für Unternehmen geplant

Es soll beschleunigte Abschreibungen von Investitionen und eine verbesserte
Forschungszulage geben. Außerdem will die Ampel Bürokratie abbauen. In allen
Ministerien sollen verbindlich Praxischecks eingeführt werden. Für gewerblich
genutzte E-Autos soll es Sonderabschreibungen geben. Der Datenschutz solle
"entschlackt" werden, um vor allem kleine Unternehmen zu entlasten. Die
europäische Lieferkettenrichtlinie soll schnell in nationales Recht umgesetzt
werden. Dabei geht es vor allem darum, Berichtspflichten zu verringern, denn ein
deutsches Gesetz gibt es schon.

Das ist für Arbeitnehmer geplant

Anreize für mehr Beschäftigung - das ist angesichts eines zunehmenden
Fachkräftemangels das Ziel der Ampel. Mehr Beschäftigung bedeutet auch, die
Sozialkassen werden entlastet.

Für viele dürfte interessant sein, dass eine Steuerfreiheit für Überstunden
eingeführt werden soll. Was konkret geplant ist, ist aber noch offen.

Daneben ist geplant: Arbeitgeberbeiträge zur Renten- und
Arbeitslosenversicherung sollen Beschäftigten, die schon eine Rente beziehen, in
Zukunft direkt als Lohn ausgezahlt werden. Das soll einen Anreiz geben, damit
Rentner freiwillig länger arbeiten.

Im Bürgergeld soll eine "Anschubfinanzierung" eingeführt werden, wie es in
einem Papier heißt. Wenn Langzeitarbeitslose mit einem Job aus dem
Bürgergeldbezug herauskommen, sollen sie im ersten Jahr nun deutlich mehr von
ihrem Verdienst behalten, ohne dass dies etwa auf das Wohngeld angerechnet wird.

Das ist für Familien geplant

Der Kindersofortzuschlag für bedürftige Familien im Bürgergeld soll im
kommenden Jahr um fünf Euro erhöht werden. Dieser Betrag soll von bislang 20
Euro dann auf 25 Euro steigen und mit der Einführung der Kindergrundsicherung
auslaufen, wie es in einem Papier heißt, das der dpa vorliegt. Das Kindergeld,
das alle Eltern in Deutschland pro Kind erhalten, steigt der Einigung zufolge
dann auf 255 Euro monatlich.

Änderungen gibt es auch beim Kinderfreibetrag. Der soll, wie aus dem Papier
weiter hervorgeht, noch in diesem Jahr um 228 Euro auf 9540 Euro angehoben
werden. Im kommenden Jahr dann noch mal um 60 Euro auf dann 9600 Euro. Der
Freibetrag wird vom zu versteuernden Einkommen abgezogen und wirkt sich deshalb
für Familien steuermindernd aus./hoe/DP/jha

--- Von Andreas Hoenig, dpa ---

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