18.06.2024 12:56:24 - dpa-AFX: EM 2024/ROUNDUP: Entertainer Nagelsmann plant nächste 'Wusiala'-Show

HERZOGENAURACH (dpa-AFX) - Zweites Spiel, zweite Party. Deutschland stimmt
sich voller Vorfreude und rasant gestiegenen Erwartungen auf das nächste
Fußball-Fest bei der Heim-EM ein. Ob Schottland oder Ungarn: Hauptsache, die
neue Sommermärchen-Staffel geht nach dem furiosen 5:1 im Eröffnungsspiel auch
bei der Turnier-Premiere im lila-pinken Trikot im "Wusiala"-Showstil weiter.

"Wir gucken, dass wir jedes Spiel besser werden. Und wir fangen das Spiel
gegen Ungarn wieder an mit derselben Intensität", versprach Fußball-Zauberer
Jamal Musiala, der auch in Stuttgart mit Florian Wirtz zaubern möchte, den
feierwütigen Fans.

Völler spricht schon vom Ziel Gruppensieg

Sportdirektor Rudi Völler blickte vor dem oft kniffligen zweiten
Turnierspiel am Mittwoch (18.00 Uhr/ARD und Magenta TV) sogar schon über die
Achtelfinal-Qualifikation hinaus auf eine ideale Ausgangsposition für die
K.o.-Phase. "Wir wollen in jedem Fall Gruppensieger werden", sagte der
64-Jährige. Dortmund, Stuttgart, München wären dann die weiteren
Zwischenstationen auf dem weiteren Turnierweg bis zum finalen Traumziel Berlin.

Nach dem Fünf-Tore-Spektakel gegen überforderte Schotten wird die
Ungarn-Prüfung zum Lackmustest. Wie gefestigt ist das "Fundament", von dem
Bundestrainer Julian Nagelsmann nach dem wunderbaren Auftaktabend und inzwischen
fünf Länderspielen ohne Niederlage im EM-Jahr sprach? Hat Deutschland wirklich
schon wieder das, was bis zu den vermurksten WM- und EM-Endrunden der
vergangenen sechs Jahre alle anderen Nationen fürchteten, nämlich eine
Turniermannschaft? Nagelsmann will diesen Glauben unbedingt weiter schüren.

Fußball als Entertainment: Ein Ticket kostet Geld

Der junge Bundestrainer geht in seiner Rolle auf. Und er will dabei partout
kein Mahner sein, kein Bedenkenträger, kein Bremser der Euphorie, die sich im
Land entwickelt. Am Dienstag versammelte er seine 26 Akteure vor dem Anpfiff des
Abschlusstrainings im sonnig warmen Herzogenaurach auf dem Platz im Kreis. Und
seine Ansprache fiel auffällig lang aus.

Womöglich hat der eloquente Bundestrainer da nochmal das ausgesprochen, was
er schon vor dem Turnierbeginn als Marschroute und Mission für diesen Sommer
formuliert hatte. Er versteht sich und seine Spieler als Entertainer, als
Spaßmacher, als Freudenbringer.

"Für mich ist immer der erste Schritt, dass wir eine Art und Weise von
Fußball zeigen, die Spaß macht. Ein Ticket kostet Geld. Der Aufwand, den die
Fans auf sich nehmen, muss zurückgezahlt werden durch einen Fußball, der Spaß
macht, der entertainen soll", sagte der etwas andere Bundestrainer. Darum gelte:
"Die Menschen schauen Fußball in ihrer Freizeit an. Und wir versuchen, das am
Ende immer noch zu paaren mit einem guten Ergebnis."

"Schon im Flow?" Für Kroos kommt das zu früh

Gutes Ergebnis? Das wären ein zweiter Sieg, sechs Punkte und damit
vermutlich schon der frühe Achtelfinaleinzug. Aber auch wenn Nagelsmann mit
seinen Jungs nur zu gerne auf der Sympathie- und Erfolgswelle der Torgala des
Eröffnungsspiels surft, bleibe man "mit den Füßen auf dem Boden", wie Torwart
Manuel Neuer versicherte.

Es sind die Turnier-Veteranen wie Neuer (38), Thomas Müller (34) und Toni
Kroos (34), die im Home Ground von Adidas, wo dieser Tage viel gelacht wird,
dafür sorgen, die Situation vernünftig einzuordnen. Die Frage nach dem "Flow"
beantwortete Kroos, der das deutsche Spiel nach seinem DFB-Comeback mit seinem
Ruhepuls und der Aura eines sechsfachen Champions-League-Siegers lenkt und
dirigiert, mit wohltuendem Realismus.

"Ob man nach einem Spiel schon im Flow ist, weiß ich nicht", sagte der Mann, der gegen Schottland unglaubliche 101 von 102 Pässe zum eigenen Mitspieler
brachte, und nie den Überblick - geschweige denn den Ball - verlor.

Kein Grund für personelle Veränderungen

Die unbequemen und mit mehreren Bundesliga-Profis wie den Leipzigern Willi
Orban und Péter Gulácsi besetzten Ungarn sind für Kroos kein Leichtgewicht wie
die Schotten, die Musiala, Wirtz und Co. nach Herzenslust kombinieren und
schießen ließen. "Es erwartet uns eine Mannschaft, die mindestens eine Klasse
besser ist als Schottland", sagte Kroos.

Nagelsmann wird an der Herangehensweise trotzdem nichts ändern. Auf sich
schauen, den eigenen Stärken vertrauen und der Rollenverteilung auf dem Platz
treu bleiben, lautet der Matchplan. Grund für Veränderungen gibt es nicht.
Nagelsmann kann wieder die Wunschelf mit Neuer, Kimmich, Rüdiger, Tah,
Mittelstädt, Andrich, Kroos, Musiala, Gündogan, Wirtz und Havertz auf den Platz
schicken.

Und trotzdem betonte er ausdrücklich den Wert der Ersatzspieler, für die
sein Vor-Vorgänger Joachim Löw einst auf dem Weg zum WM-Triumph 2014 in
Brasilien die Bezeichnung "Spezialkräfte" erfand. "Es ist wichtig in einem
Turnier, dass wir auch Spieler von der Bank haben, die Impulse bringen", sagte
Nagelsmann. Die Einwechselspieler Niclas Füllkrug und Emre Can erzielten gegen
Schottland in München die umjubelten Tore vier und fünf./kbe/DP/mis

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