12.06.2024 15:49:07 - dpa-AFX: KORREKTUR/ROUNDUP 2: EU-Kommission droht Strafzölle auf E-Autos aus China an

(Berichtigung: Die Zölle werden nur in bestimmten Fällen rückwirkend
erhoben, die EU-Kommission hat ihre Angaben dazu präzisiert.)

BRÜSSEL (dpa-AFX) - Die EU-Kommission droht mit hohen vorläufigen
Strafzöllen auf E-Autos aus China. Das teilte die Behörde am Mittwoch mit. Ob
die Zölle von bis zu 38,1 Prozent tatsächlich gezahlt müssen, hängt den Angaben
zufolge davon ab, ob mit China eine andere Lösung gefunden werden kann. Sie
würden dann in bestimmten Fällen rückwirkend vom 4. Juli an einbehalten werden,
sollte sich die EU darauf verständigen, langfristig höhere Zölle zu erheben.

Die EU-Kommission untersucht seit dem vergangenen Herbst, ob E-Autos in
China von wettbewerbsverzerrenden Subventionen profitieren. Kommissionsangaben
zufolge sind chinesische Elektroautos normalerweise rund 20 Prozent günstiger
als in der EU hergestellte Modelle. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der
Leyen sagte bei Bekanntgabe der Untersuchung: "Der Preis dieser Autos wird durch
riesige staatliche Subventionen künstlich gedrückt - das verzerrt unseren
Markt."

Die Kommission sei nun vorläufig zu dem Schluss gekommen, dass die
Wertschöpfungskette für batteriebetriebene Elektrofahrzeuge (BEV) in China von
einer unfairen Subventionierung profitiert. Herstellern in der EU drohten
dadurch Schäden. Deswegen droht die Kommission nun mit Zöllen zwischen 20 und
knapp 40 Prozent. Bislang werden Zölle von zehn Prozent erhoben. Die neuen Zölle
würden den Angaben zufolge noch hinzukommen.

Konkret steht für den Hersteller BYD ein Zoll von 17,4 Prozent, für Geely 20 Prozent und für SAIC 38,1 Prozent im Raum. Für andere Hersteller sind 21 Prozent
vorgesehen und für Firmen, die bei der Untersuchung nicht kooperiert hatten,
würde ein Zoll in Höhe von 38,1 Prozent fällig.

Chinas Außenministerium kritisierte die Untersuchung als Protektionismus.
Die EU suche eine Ausrede, um Zölle gegen importierte Autos aus China zu
erheben, was gegen internationale Handelsregeln verstoße, sagte Sprecher Lin
Jian in Peking. Zuletzt werde das den eigenen Interessen Europas schaden. Am
Vortag hatte Lin bereits angekündigt, dass China nicht tatenlos zusehen und
seine Interessen schützen werde.

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) kritisiert die Drohung der
EU-Kommission, künftig hohe Strafzölle auf E-Autos aus China zu erheben.
VDA-Präsidentin Hildegard Müller sieht die Abgaben als Hindernis für die globale
Zusammenarbeit. So wachse das Risiko von globalen Handelskonflikten, betonte
sie. "Fakt ist außerdem: Ausgleichszölle für aus China importierte E-Pkw sind
nicht geeignet, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie zu
stärken", sagte sie am Mittwoch. Es liege aber auch an China, mit konstruktiven
Vorschlägen auf Europa zuzugehen. Auch die Deutsche Industrie- und Handelskammer
(DIHK) warnte davor, dass der Schritt zu stärkeren Handelskonflikten führen
könnte.

Maßnahmen gegen deutsche Autobauer könnten folgen

China ist der größte Automarkt der Welt und deshalb für die deutschen
Autobauer extrem wichtig - Gegenmaßnahmen würden deutsche Autobauer treffen. BMW
etwa exportiert den 4er und den 7er aus der EU nach China. Über
Volumina macht das Münchener Unternehmen keine Angaben. Auch Porsche wäre
betroffen, wenn China mit Gegenmaßnahmen reagiert. Das riesige Land ist einer
der wichtigsten Märkte für Porsche und wird komplett aus Europa bedient. Audi
exportiert ebenfalls zahlreiche Fahrzeuge nach China. "Für das Jahr 2024 rechnen
wir ca. mit 60.000 Einheiten", teilte der Konzern mit.

Bei Mercedes entfielen im vergangenen Jahr rund 30 Prozent des Absatzes auf
China. Die Wolfsburger Kernmarke VW verkaufte dort 2023 sogar
fast 50 Prozent ihrer Autos, bedient den Markt aber fast ausschließlich aus
lokaler Fertigung. Nach Berechnung der Unternehmensberatung JSC Automotive
Consulting, die regelmäßig die Zulassungszahlen in China auswertet, waren bei
der Marke VW 2023 nur 0,6 Prozent der dort verkauften Fahrzeuge Importmodelle.
Audi kam auf 9 Prozent, BMW auf 13 und die Mercedes-Benz Group
auf 20 Prozent. Bei Porsche lag die Quote mangels Fertigung vor Ort bei 100
Prozent.

Im "Reich der Mitte" tobt schon länger ein erbitterter Preiskampf unter den
E-Automarken. Deutsche Marken wollen es mit Konkurrenten wie dem US-Autobauer
Tesla und chinesischen Marken wie BYD oder Nio aufnehmen. BMW,
Mercedes, VW und andere Firmen könnten das erste Ziel möglicher chinesischer
Gegenmaßnahmen sein. Noch am 22. Mai hatte die chinesische Handelskammer in
Brüssel vor dieser Möglichkeit gewarnt. Man sei von "Insidern" darüber
informiert worden, dass China erwäge, Zölle in Höhe von 25 Prozent auf
importierte Fahrzeuge mit großen Motoren zu verhängen, hieß es in einer
Mitteilung der Kammer auf X.

BMW, VW und Co. bauen auch in China für den Export

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte sich in der Vergangenheit im
Gegensatz zu deutschen Stimmen grundsätzlich positiv zu Strafmaßnahmen gegen
Chinas E-Autos geäußert. Anfang Mai sagte er etwa in einem Interview mit "The
Economist", es könne nicht sein, dass europäische Produzenten durch europäische
Beihilferegeln und unterschiedliche Zölle im Vergleich zu chinesischen Firmen
benachteiligt würden. Autoexperten wie Ferdinand Dudenhöffer sehen in Macrons
Haltung den Versuch, französische Autobauer wie Renault und
Peugeot zu schützen. Zudem haben französische Automarken in China kaum
Marktanteile und machen dort - anders als die Deutschen - kaum Geschäft.

Deutsche Firmen könnten derweil nicht nur von Gegenmaßnahmen betroffen sein, sondern auch von den EU-Maßnahmen selbst - denn sie produzieren auch in China
für den Export. Mini etwa baut den im Mai auf dem Weltmarkt eingeführten
Elektro-Cooper zusammen mit dem chinesischen Autohersteller Great Wall in China.
Im VW-Konzern könnte nur der neue Cupra Tavascan, der im Herbst auf Markt kommen
soll, betroffen sein. Es ist das erste und einzige Modell im Konzern, das in
China gebaut und nach Europa exportiert wird. BMW importiert den iX3 aus China
in die EU. Mercedes baut die Smart-Fahrzeuge zusammen mit seinem Großaktionär
Geely vollständig im chinesischen Xi'an und exportiert sie auch nach Europa.

USA hatten mit Sonderzöllen vorgelegt

Der Schritt der EU folgt auf ähnliche Maßnahmen aus den USA. Die
US-Amerikaner hatten Mitte April Sonderzölle auf Elektroautos, Halbleiter,
Solarzellen, Kräne und andere Produkte aus China verhängt. Die Vereinigten
Staaten werfen Peking ebenfalls vor, den Wettbewerb durch erhebliche staatliche
Subventionen zu verzerren. Chinesische Billig-Produkte würden gezielt in die USA
und nach Europa gelenkt. Peking bestreitet das und argumentiert, die Branchen
seien durch Innovation getrieben und China würde damit zum Kampf gegen den
Klimawandel beitragen.

2023 exportierte China laut staatlichen Medien 1,2 Millionen Autos - fast 78 Prozent mehr im Jahresvergleich. In Deutschland stieg nach Daten des
Kraftfahrt-Bundesamtes 2023 die Zahl der neu zugelassenen Fahrzeuge mit
Herkunftsland China im Vergleich zum Vorjahr um 47,6 Prozent. Zahlenmäßig lagen
chinesische Autos mit 33 699 Stück jedoch weit hinter der Konkurrenz aus anderen
Ländern. Chinas E-Auto-Gigant BYD erweitert derzeit aber seine Transportrouten
nach Europa und baut in Ungarn eine Fabrik, was auch ein Tor zum EU-Markt wäre
ohne den langwierigen Transfer über das Meer.

Peking mit Anti-Dumping-Untersuchung gegen importierte Chemikalien

Grundsätzlich befürchten viele Wirtschaftsvertreter, dass sich gegenseitige
Strafzölle zu einem Handelskrieg ausweiten könnten. Das Handelsministerium in
Peking hatte jüngst etwa eine Anti-Dumping-Untersuchung eingeleitet gegen
Chemikalien aus der EU, den USA, Japan und Taiwan. Werden Produkte durch hohe
Zölle künstlich verteuert, lohnt sich der Handel oft nicht mehr. Dadurch leiden
aber nicht nur die von den Zöllen direkt betroffenen Unternehmen. Auch auf
beispielsweise Zulieferer und Logistikunternehmen kann sich eine solche
Situation negativ auswirken./mjm/DP/ngu
Name WKN Börse Kurs Datum/Zeit Diff. Diff. % Geld Brief Erster Schluss
BAY.MOTOREN WERKE AG ST 519000 Xetra 87,980 18.06.24 14:44:02 -0,100 -0,11% 87,960 87,980 88,800 88,080
MERCEDES-BENZ GRP NA O.N. 710000 Xetra 63,520 18.06.24 14:44:07 -0,070 -0,11% 63,520 63,530 64,010 63,590
RENAULT INH. EO 3,81 893113 Xetra 49,720 18.06.24 12:29:40 +1,030 +2,12% 49,580 49,660 49,220 48,690
VOLKSWAGEN AG VZO O.N. 766403 Xetra 105,050 18.06.24 14:43:55 -0,100 -0,10% 105,050 105,100 106,000 105,150
BYD CO. LTD H YC 1 A0M4W9 Frankfurt 27,840 18.06.24 14:32:08 +0,210 +0,76% 27,840 27,880 27,700 27,630

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