24.05.2024 18:33:04 - dpa-AFX: VERMISCHTES/ROUNDUP 2: Deutsche bei Einsturz von Ballermann-Lokal getötet

(neu: Details)

PALMA (dpa-AFX) - Tragödie am Ballermann: Beim Einsturz eines voll besetzten Restaurants an der Playa de Palma auf Mallorca sind zwei deutsche Frauen und
zwei weitere Menschen ums Leben gekommen. Die deutschen Todesopfer seien 20 und
30 Jahre alt, teilte die Polizei in Palma am Freitag mit. Zudem seien beim
Unglück am Donnerstagabend eine 23-jährige Spanierin und ein 44 Jahre alter Mann
aus dem Senegal getötet worden. Bei den deutschen Todesopfern handele es sich
mutmaßlich um Urlauberinnen, hieß es auf Anfrage. Warum das Gebäude einstürzte,
war zunächst unklar.

Am Freitagabend waren nach Behördenangaben weiter fünf Verletzte in
kritischem Zustand. Zudem wurden noch fünf andere Verletzte in verschiedenen
Krankenhäusern der bei deutschen Urlaubern sehr beliebten Mittelmeer-Insel
behandelt, sechs aber bereits wieder entlassen.

Eine der ums Leben gekommenen Frauen, die junge Spanierin, habe im Lokal
gearbeitet, hieß es. Der Chef der Feuerwehr von Palma, Eder García, hatte in der
Nacht auf Freitag gesagt, bei den meisten Betroffenen handele es sich wohl um
Ausländer "verschiedener Nationalitäten und mittleren Alters". Die
Nationalitäten der Verletzten wurden allerdings zunächst nicht bekanntgegeben.

Das Unglück erschütterte zu später Stunde nicht nur die Balearen, sondern
ganz Spanien. In Madrid sprach Ministerpräsident Pedro Sánchez auf X, vormals
Twitter, den Familien der Todesopfer sein Beileid aus und betonte: "Ich verfolge
aufmerksam die Folgen des schrecklichen Einsturzes am Strand von Palma."

Überlastung des ersten Stockwerks mögliche Einsturz-Ursache

Der Unfall geschah direkt am Strand, nur circa einen Kilometer von den
Kultlokalen Megapark und Bierkönig entfernt. Das Gebäude des Medusa Beach Club
stürzte gegen 20.30 Uhr ein. Der erste Stock sei dabei sofort bis zum Keller
eingebrochen, wo auch sehr viele Gäste zu Abend gegessen hätten, berichteten "El
País" und andere Medien unter Berufung auf Augenzeugen. Eine erste Überprüfung
habe ergeben, dass die Überlastung des ersten Stockwerks eine mögliche Ursache
für den Einsturz sei, sagte Feuerwehrchef García.

Am frühen Freitagmorgen hatten Einsatzkräfte unter den Trümmern noch
fieberhaft nach Opfern gesucht. Ein Polizeisprecher hatte aber kurz vor
Mitternacht gute Nachrichten übermittelt: "Mit 90-prozentiger Sicherheit" seien
unter den Trümmern keine Opfer mehr, sagte er auf Nachfrage. Weitere Opfer
wurden bis Freitagabend auch nicht mehr geborgen.

Javier, ein Bewohner der Playa de Palma, war in unmittelbarer Nähe, als das
Gebäude an der Straße Cartago schnell wie ein Kartenhaus, aber mit lautem Getöse
in sich zusammenfiel. "Es hörte sich wie eine Bombe an", erzählte er einem
Reporter der Regionalzeitung "Última Hora". Andere Menschen sagten, das Gebäude
sei erst "vor ein paar Jahren" renoviert worden. Der Teil im ersten Stock, der
einstürzte, sei als Chill-out-Bereich benutzt worden.

Wie sehr das Unglück die Playa und deren Bewohner erschütterte, zeigt die
Reaktion von Raúl Pursnami, der ein Modegeschäft neben dem eingestürzten Gebäude
betreibt. "Wir sind hier alle schockiert. Ich kann nicht sprechen, sie waren
meine Nachbarn", sagte er der Zeitung "El País". Auch er habe ein sehr, sehr
lautes Geräusch gehört. "Ich kam gerade aus dem Laden und sah, wie das ganze
Gebäude einstürzte. Das ist eine Schande, denn theoretisch muss jedes Jahr eine
Inspektion durchgeführt werden." Alles sei sehr schnell gegangen, während die
Leute im Restaurant gegessen und auch getanzt hätten.

Die Zeitung "Última Hora" berichtete am Freitag unter Berufung auf die
Behörden, das Gebäude sei erst vor kurzer Zeit einer bautechnischen Inspektion
unterzogen worden. Dabei seien "kleinere Probleme festgestellt worden, die die
Struktur jedoch nicht beeinträchtigten". Allerdings sei die Balkonterrasse als
"nicht begehbar" eingestuft worden, schrieb das Blatt.

Um den Einsturz aufzuklären, werden nach Behördenangaben alle Genehmigungen
für bauliche Veränderungen sowie alle Betriebslizenzen des Lokals untersucht.
"Wir prüfen, ob alles in Ordnung ist. Und wenn nicht, werden wir herausfinden,
warum", wurde der Regionalminister für Stadtplanung Óscar Fidalgo von der
Regionalzeitung "Diario de Mallorca" zitiert. "Wir schauen uns alles an. Aber
ich kann mit den Daten, die wir im Moment haben, keine Vermutungen anstellen."

Viele Gäste im Restaurant zum Zeitpunkt des Einsturzes

Zum Zeitpunkt des Einsturzes seien viele Gäste im Restaurant gewesen, das
zum Teil auch als Cocktailbar mit Livemusik fungierte, berichteten Medien.
Einsatzkräfte der Polizei, der Feuerwehr und der Notfalldienste seien schnell
vor Ort gewesen. Die angrenzenden Lokale und Wohnhäuser wurden aufgrund von
Einsturzgefahr evakuiert, das Gebiet abgeriegelt. Psychologen und Ärzte
betreuten am Unglücksort noch Stunden nach dem Einsturz Leichtverletzte,
Angehörige der Opfer und sichtlich mitgenommene Zeugen der Tragödie.

Bis zu 1000 Menschen hätten sich nach dem Einsturz vor dem Unfallort
versammelt, berichteten die Regionalzeitungen "Diario de Mallorca" und "Última
Hora". Angehörige von Mitarbeitern bangten um ihre Lieben, Schaulustige
debattierten über die möglichen Ursachen. Immer wieder musste die Polizei die
Menge bitten, ruhig zu sein, damit die Rettungsteams die Stimmen möglicher
Überlebender unter den Trümmern hören könnten.

Die regionale Ministerpräsidentin Marga Prohens, der Bürgermeister von
Palma, Jaime Martínez, und der erste stellvertretende Bürgermeister, Javier
Bonet, fuhren noch am Abend ebenfalls schnell zum Strand, um sich vor Ort ein
Bild von der Tragödie und den Rettungsarbeiten zu machen. Bürgermeister Martínez
rief eine dreitägige Trauer aus.

Nach dem Start der Party-Saison sind seit Ende April wieder zahlreiche
Touristen am Ballermann, der - anders als die Besucher der englischen
Partyhochburg Magaluf westlich von Palma - mehrheitlich aus Deutschland kommen.
Viele Besucher gingen am Freitag an der Playa zum Urlaubs-Alltag über. Während
in der Nähe zwei Ermittler die Unglücksstelle untersuchen, werden an der
nächsten Ecke Kaffees serviert. Die Gäste dieses Lokals scheinen komplett
entspannt zu sein - und schauen nicht skeptisch zur Decke./er/DP/ngu

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