02.07.2024 19:07:36 - dpa-AFX: Meloni mahnt Partei nach Rassismus-Enthüllungen

ROM (dpa-AFX) - Italiens rechte Ministerpräsidentin Giorgia Meloni ruft die
eigene Partei nach Enthüllungen über rassistische und antisemitische Äußerungen
in der Jugendorganisation zur Ordnung. Die Vorsitzende der größten
Regierungspartei Fratelli d'Italia (Brüder Italiens) schrieb in einem
veröffentlichten Brief: "Bei den Fratelli d'Italia ist kein Platz für
rassistische oder antisemitische Positionen." Wer dies anders sehe, müsse gehen.
Meloni steht seit bald zwei Jahren in Rom an der Spitze einer Koalition aus drei
rechten Parteien.

Die Regierungschefin reagierte damit auf die Ergebnisse einer verdeckten
Recherche in der Jugendorganisation ihrer Partei, Gioventù Nazionale (Nationale
Jugend). Dabei hatten Journalisten des Nachrichtenportals Fanpage offen
faschistische, rassistische und antisemitische Äußerungen aufgedeckt, bis hin zu
Rufen wie "Sieg Heil". In Video-Aufnahmen ist zu sehen, wie vom Nachwuchs der
faschistische Gruß gezeigt wird. Auch eine jüdische Senatorin der Fratelli,
Ester Mieli, wurde verächtlich gemacht.

Die erst 2012 gegründete Partei hat ihre Wurzeln in Italiens
postfaschistischer Bewegung. Meloni war früher selbst in der Jugendorganisation
der Vorgängerpartei MSI, die von Anhängern des Diktators Benito Mussolini
(1883-1945) gegründet wurde.

In dem Brief schreibt sie nun: "Unsere Aufgabe ist zu groß, als dass
diejenigen, die ihre Tragweite nicht verstanden haben, sie ruinieren dürften.
Ich habe keine Zeit - und wir auch nicht - mit denen zu vergeuden, die nicht
verstehen, was die Fratelli d'Italia und was die großen Herausforderungen
unserer Zeit sind."

Meloni steht seit Oktober 2022 als erste Frau an der Spitze einer
italienischen Regierung. Bei der Europawahl im vergangenen Monat konnte sie das
Ergebnis der Parlamentswahl auf annähernd 29 Prozent sogar verbessern. In der EU
und der Nato zeigte sie sich bislang zuverlässig.

Trotzdem gibt es weiterhin Skepsis, wie weit ihre Distanzierung vom
Faschismus tatsächlich reicht. Vergangene Woche hatte sie sich in einer ersten
Reaktion über die Methoden der Investigativ-Reporter beschwert.

In dem Brief mahnte sie die eigene Partei auch, sich nicht zum "Werkzeug in
den Händen des Gegners" machen zu lassen. Wer das nicht verstehe, könne "nicht
Teil der Fratelli d'Italia sein". Wörtlich fügte sie hinzu: "Raus mit denen, die
uns umkehren lassen wollen." In der Partei sei kein Platz "für Nostalgiker des
Totalitarismus des 20. Jahrhunderts oder für jegliche Manifestation dummer
Folklore". Den Begriff Antifaschismus verwendet Meloni in dem Schreiben nicht.
Sie bezeichnet sich auch nicht als Antifaschistin./cs/DP/he

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