03.07.2024 16:30:45 - dpa-AFX: HINTERGRUND/Haushalts-Showdown: Einigung bis Freitag oder Ampel-Chaos?

BERLIN (dpa-AFX) - In den zähen Verhandlungen über den Haushalt 2025 hat die
SPD den Entscheidungsdruck noch einmal erhöht. Die Bundestagsfraktion will bis
Freitag Klarheit über die Etat-Pläne der Regierung und hat für 7.00 Uhr morgens
eine Sondersitzung dazu angesetzt. Die FDP will sich aber nicht zu einem
Ergebnis hetzen lassen. "Beim Bundeshaushalt geht Gründlichkeit und ein gutes
Ergebnis vor, denn am Ende muss das Gesamtpaket stimmen", sagte Generalsekretär
Bijan Djir-Sarai der Deutschen Presse-Agentur.

Habeck: "Wir müssen das Ding jetzt festnageln"

Scholz versprach in einer Fragestunde im Bundestag lediglich, dass es bis
Ende des Monats einen Kabinettsbeschluss geben werde. Auf einen Termin legte er
sich nicht fest. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) rief die
Ampel-Partner zur Kompromissbereitschaft auf. "Wir müssen das Ding jetzt
festnageln", sagte er.

Scholz und Habeck beraten seit Wochen mit Finanzminister Christian Lindner
(FDP) über den Haushaltsplan für 2025. Eigentlich wollten die drei bis zu diesem
Mittwoch fertig werden. Jetzt ist der 17. Juli für den Kabinettsbeschluss im
Gespräch. Um diesen Termin zu erreichen, ist aber eine Grundsatzeinigung in den
nächsten Tagen nötig, weil die Ausarbeitung des Haushaltsgesetzes dann in der
Regel noch etwa zehn Tage dauert. Für Donnerstag werden Verhandlungen notfalls
bis tief in die Nacht erwartet.

Die Einzeletats sind weitgehend ausgehandelt, umstritten ist aber dem
Vernehmen nach vor allem noch der Sozialetat. Daneben besteht immer noch eine
Milliardenlücke, die geschlossen werden muss. Dabei geht es auch um mögliche
Kürzungen im Klima- und Transformationsfonds - aus diesem Sondertopf finanziert
die Bundesregierung Projekte für mehr Klimaschutz.

Die SPD dringt darauf, die Schuldenbremse erneut auszusetzen, um mehr
Spielraum für Investitionen zu haben. Für Lindners FDP kommt das nicht infrage.
"Die Schuldenbremse muss eingehalten werden, denn sie ist verfassungsrechtlich
geboten und eine Frage der Generationengerechtigkeit", bekräftigte Djir-Sarai.
Auch die SPD hat eine klare rote Linie gezogen: Sozialkürzungen wird es mit ihr
nicht geben. Die Entscheidung über den Haushalt liegt letztlich beim Bundestag,
der sich ab September damit befassen wird - wenn das Kabinett sich einigt.

Scholz: "Wachstumsturbo" soll Wirtschaft ankurbeln

Zusammen mit dem Haushaltsplan soll ein Paket zur Ankurbelung der Wirtschaft beschlossen werden, das Scholz "Wachstumsturbo" getauft hat. Der Kanzler ist Fan
von solchen PR-Begriffen. Seine Hilfspakete in der Corona-Pandemie und später
während der Energiekrise nannte er "Bazooka" und "Doppel-Wumms".

Der jetzt geplante "Wachstumsturbo" werde "sehr viele, sehr kluge Maßnahmen" enthalten, versicherte Scholz im Bundestag. "Mir gefällt jedenfalls schon, was
ich jetzt kenne." Über die meisten Maßnahmen bestehe bereits komplette
Einigkeit. "So dass ich davon ausgehe, dass der Rest auch noch geschafft wird.
Jedenfalls ist das mein sicherer Eindruck." Den Parlamentariern versicherte er,
dass die Etat-Beratungen wie geplant Mitte September beginnen können. "An diesem
Zeitablauf wird keine Beeinträchtigung zu finden sein."

Mit Blick auf den Nato-Gipfel in der kommenden Woche sagte Scholz dann noch
zu, dass Deutschland langfristig zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für
Verteidigung ausgeben und damit das gemeinsame Nato-Ziel einhalten werde.

Verhandeln bis an die Schmerzgrenze

Habeck appellierte an alle, "an ihre Schmerzgrenzen" zu gehen "und manchmal
auch einen Meter darüber hinaus". Festlegungen oder Vorfestlegungen würden nicht
helfen, betonte er. Die Haushaltsberatung müsse auch vor einem politischen
Hintergrund gelesen werden, der größer sei als die parteipolitischen Beschlüsse.
Er wies auf die schwierige Regierungsbildung in Frankreich hin, die
"herausfordernden Wahlen" in den USA und Russlands Krieg in der Ukraine.

Ähnlich hatte sich Scholz bereits am Montagabend beim Sommerfest der
Parlamentarischen Linken der SPD geäußert. Er wünsche sich Deutschland als
"Anker der Stabilität" sagte er dort. Eine Verkündung der Ergebnisse an diesem
Freitag dürfte auch in seinem Sinne sein. Denn seiner Fraktion wird er auch Rede
und Antwort stehen müssen, wenn es nicht zu einer Verständigung kommt. Und am
Dienstag ist er ohnehin erstmal wieder weg: beim Nato-Gipfel in
Washington./mfi/hoe/cn/DP/jha

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