02.07.2024 06:32:23 - dpa-AFX: Biden zu Immunitätsurteil: 'Gefährlicher Präzedenzfall'

WASHINGTON (dpa-AFX) - US-Präsident Joe Biden hat das Urteil des Obersten
Gerichts der USA zur Immunität seines Amtes als "gefährlichen Präzedenzfall"
kritisiert. "Die heutige Entscheidung bedeutet mit ziemlicher Sicherheit, dass
es praktisch keine Grenzen für das Handeln eines Präsidenten gibt", sagte der
Demokrat bei einer kurzfristig anberaumten Ansprache am Montagabend (Ortszeit)
im Weißen Haus. Jeder Präsident - einschließlich seines Amtsvorgängers und
potenziellen Nachfolgers Donald Trump - werde nun die Freiheit haben, das Gesetz
zu ignorieren, warnte Biden.

Der Supreme Court habe mit seiner Entscheidung ein "grundlegend neues
Prinzip" geschaffen: Die Macht des Präsidentenamtes werde künftig nicht mehr
durch Gesetze eingeschränkt, auch nicht durch das Oberste Gericht. "Die einzigen
Grenzen werden vom Präsidenten selbst gesetzt", warnte Biden.

Trump hatte am Montag einen bedeutsamen Sieg vor dem höchsten US-Gericht
errungen. Der Supreme Court urteilte, dass ehemalige Präsidenten hinsichtlich
offizieller Handlungen im Amt vor Strafverfolgung geschützt sind. Die Verfassung
gewährt Präsidenten nicht explizit Immunität, auch nicht während ihrer Zeit im
Amt. Allerdings ist das Justizministerium traditionell der Auffassung, dass
Präsidenten zumindest während ihrer Zeit im Weißen Haus nicht angeklagt werden
können.

Gerichtsentscheidung verzögert Prozessbeginn

Mit ihrer Entscheidung haben die Richterinnen und Richter den Beginn des
Wahlbetrugsprozesses gegen Donald Trump weiter verzögert. Nun muss eine untere
Instanz definieren, für welche Handlungen Trumps Immunität gilt. Es gilt als
sehr unwahrscheinlich, dass der Prozess in Washington noch vor der
Präsidentenwahl im November beginnen wird.

Trump ist in der US-Hauptstadt im Zusammenhang mit versuchtem Wahlbetrug
angeklagt. Anhänger des Republikaners hatten am 6. Januar 2021 den
Parlamentssitz in Washington gestürmt. Trump hatte vor dem Sturm auf das Kapitol
auf verschiedenen Ebenen versucht, das Ergebnis der Präsidentenwahl von 2020 zu
kippen und seine damalige Niederlage gegen den Demokraten Biden umzukehren. Auch
im Bundesstaat Georgia läuft ein Verfahren gegen Trump wegen versuchter
Wahlmanipulation.

Biden sagte nun in seiner Ansprache, die Menschen in den USA hätten ein
Recht darauf, vor den nahenden Präsidentenwahlen im November eine Antwort der
Gerichte zur Rolle Trumps beim damaligen Sturm auf das Kapitol zu erhalten.
Diese Antwort wird es nun aber wohl nicht mehr geben.

Biden, der sich nach einem desaströsen Auftritt bei der TV-Debatte in der
vergangenen Woche in einer kritischen Phase seines Wahlkampfs befindet, nutzte
die Gelegenheit und rief die Menschen zum Wählen auf. Fragen zu seiner
Kandidatur beantwortete der 81-Jährige nicht./trö/DP/zb

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