09.07.2024 14:39:43 - dpa-AFX: Suche nach Regierung und Premier in Frankreich dauert an

PARIS (dpa-AFX) - In Frankreich wird nach der Parlamentswahl und der
Niederlage des Mitte-Lagers von Präsident Emmanuel Macron weiter nach
Regierungsoptionen und möglichen Kandidaten für das Amt des Premierministers
gesucht. Das siegreiche Linksbündnis, das von einer absoluten Mehrheit aber weit
entfernt ist, sondierte weiter, wer aus den eigenen Reihen im Fall einer
Regierungsbildung Premierminister werden könnte.

Um sich die Regierungsmacht möglicherweise dennoch weiter zu sichern,
stellten Vertreter von Macrons zweitplatziertem Lager unterdessen Überlegungen
zu einer Art großen Koalition unter Ausschluss der Linkspartei sowie des
rechtsnationalen Rassemblement National (RN) an, das in der Endrunde der Wahl am
Sonntag überraschend nur auf Rang drei kam.

Regierung bleibt für Übergangszeit im Amt

Der bisherige Premierminister Gabriel Attal hatte seinen Rücktritt
angeboten. Macron bat ihn allerdings am Montag, mit seiner Regierung zunächst
geschäftsführend im Amt zu bleiben. Denn die Übergangszeit der Regierungsfindung
könnte sich noch länger, womöglich über die politische Sommerpause hinaus,
hinziehen.

Das Linksbündnis aus Grünen, Sozialisten, Kommunisten und der Linkspartei
war ohne Spitzenkandidaten in die vorgezogene Parlamentswahl gegangen und steht
nach seinem überraschenden Sieg vor der Aufgabe, einen möglichen Premier zu
bestimmen. Ob dies im Konsens gelingt oder nach einem Kräftemessen der
beteiligten Parteien, ist noch offen.

"Der Premierminister muss aus der politischen Formation kommen, die über die größte Zahl von Parlamentariern in unserer Koalition verfügt", und damit aus der
Linkspartei, sagte der Parteikoordinator der Linkspartei, Manuel Bompard, dem
Sender CNews.

Linkspartei sieht Mélenchon als Premier

Denselben Anspruch auf das Spitzenamt erhob im Interview mit dem Sender
BFMTV die bisherige Linken-Fraktionschefin Mathilde Panot. "Jean-Luc Mélenchon
ist eine der Möglichkeiten", sagte Panot, wobei der Gründer der Linkspartei
wegen seines polemischen Auftretens bei den anderen linken Parteien und auch in
den eigenen Reihen umstritten ist.

Aus den Reihen der Sozialisten wurde Sozialistenchef Olivier Faure als der
geeignete Regierungschef genannt.

Die bisherige Parlamentspräsidentin aus Macrons Mitte-Bündnis, Yaël
Braun-Pivet, plädierte unterdessen im Interview mit dem Sender France Inter für
eine große Koalition, der sich neben dem Präsidentenlager die konservativen
Républicains, Sozialdemokraten, Sozialisten und Grüne anschließen könnten. Das
Linksbündnis sei allein weit davon entfernt, eine Regierung bilden zu können.

Konservative mit im Boot?

Auch von einzelnen Vertretern der Républicains wurde das Eintreten in ein
Regierungsbündnis unter Führung des Macron-Lagers ins Spiel gebracht. Genau so
einem Bündnis aber hatten die Républicains sich in den vergangenen zwei Jahren
immer wieder verweigert.

Präsident Macron ist politisch verpflichtet, einen Premierminister aus dem
Lager zu ernennen, das am Ende die künftige Regierung stellt. Dabei muss er aber
nicht zwingend dem Vorschlag des Lagers folgen, sondern kann auch einen selbst
ausgewählten Vertreter des jeweiligen politischen Blocks ernennen./evs/DP/mis

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