20.06.2024 18:46:40 - dpa-AFX: ROUNDUP: Wütende Hafenarbeiter bei der Anhörung zum geplanten HHLA-Deal

HAMBURG (dpa-AFX) - Vernichtendes Urteil über das Vorgehen des SPD-geführten
Senats beim umstrittenen Einstieg der weltgrößten Reederei MSC beim Hamburger
Hafenlogistiker HHLA : Bei einer öffentlichen Anhörung des
Haushaltsausschusses, bei der sich jede Bürgerin und jeder Bürger zu Wort melden
konnte, kritisierten am Donnerstag sämtliche Rednerinnen und Redner den
geplanten Deal scharf. Sie griffen Bürgermeister Peter Tschentscher,
Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard und Finanzsenator Andreas Dressel (alle
SPD) verbal direkt an und warfen ihnen Unfähigkeit vor.

Auch die Abgeordneten selbst bekamen ihr Fett weg. Wenn er sehe, wie
gelangweilt einige von ihnen während der Anhörung mit ihren Handys spielten oder
in ihre Laptops schauten, sagte ein Redner, "da ist mir zum Kotzen schlecht".
Für das Geschäft sprach sich keiner der mehr als 35 Rednerinnen und Redner aus.
Unter ihnen waren viele Hafenarbeiter, Betriebsräte und Gewerkschafter, aber
auch Vertreter von Initiativen, Stadtteilorganisationen und Umweltverbänden.

Ein Hafenarbeiter sagte: "Ich stehe vor ihnen maximal frustriert."
Wiederholt vorgetragene Argumente würden offensichtlich nicht gehört. Er habe
vielmehr den Eindruck, es gehe hier mehr um das Schicksal der Politiker, die
ihre Macht erhalten wollten, nicht aber um das der HHLA-Beschäftigten und der
Bürger der Stadt. "Führen Sie uns nicht in die Katastrophe. Machen Sie nicht den
schwersten Fehler in ihrer Karriere", warnte er.

Der rot-grüne Senat will die Mediterranean Shipping Company (MSC) mit Sitz
in Genf bei der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) an Bord holen, um den
Containerumschlag zu stabilisieren. Die Stadt und das der italienischen
Reederfamilie Aponte gehörende Unternehmen sollen die HHLA künftig als
Gemeinschaftsunternehmen führen, bei dem die Stadt eine Mehrheit von 50,1
Prozent hält. Bislang gehörten der Stadt rund 70 Prozent der börsennotierten
HHLA.

Im Gegenzug will die weltgrößte Reederei MSC ihre Deutschlandzentrale in
Hamburg bauen, das Ladungsaufkommen im Hafen von 2025 an erhöhen und laut
Drucksache bis 2031 auf eine Million Standardcontainer (TEU) pro Jahr steigern.
Zudem wollen MSC und die Stadt das Eigenkapital der HHLA um 450 Millionen Euro
erhöhen. Zuletzt musste der Hafen Rückschläge hinnehmen. So sank der Umschlag
von Seegütern im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2022 um 4,7 Prozent auf 114,3
Millionen Tonnen - der niedrigste Wert seit 2009.

Der Vorsitzende des HHLA-Konzernbetriebsrats, Christian Baranowski, nannte
das Geschäft strategisch fragwürdig und klagte, dass eine verbindliche
Absicherung der Arbeitsplätze fehle und es auch keine langfristigen
Standortgarantien gebe. "Wir, die Beschäftigten der HHLA, lehnen diesen Deal
ab", betonte Baranowski. Ein langjähriger HHLA-Mitarbeiter erinnerte die SPD an
ihre Haltung der vergangenen Jahrzehnte, wonach der Hafen mehr oder weniger als
unantastbar galt. Statt sich mit MSC einzulassen, sollte sinnvollerweise eine
Hafenkooperation angestrebt werden, forderte er.

Finanzsenator Dressel wies die Vorwürfe zurück. Der Senat habe sich stets
dem Dialog gestellt. Eine Alternative für das Geschäft gebe es jedoch nicht. Es
seien mehrere Möglichkeiten geprüft und auch unterstützt worden. Letztlich sei
aber nur MSC bereit gewesen, die wichtigen Themen wie Mitbestimmungsrechte und
betriebsbedingte Kündigungen auch zu unterzeichnen. Ähnlich äußerte sich
Wirtschaftssenatorin Leonhard, die erneut auch darauf hinwies, dass MSC keine
exklusiven Umschlagrechte an den Terminals erhalte, sondern dass das Be- und
Entladen der Schiffe aller Reedereien diskriminierungsfrei ablaufe./klm/DP/ngu
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